Raumschiff 3 - Tia
sagte sie. »Es war einer der Graduierten, der Tonscherbenfunde eintrug. Danach – nichts mehr. Kein Bericht über Erkrankungen, nichts in den medizinischen
Aufzeichnungen, keiner hat auch nur einen Stimmaktivator benutzt, um die KI um Hilfe zu bitten. Der Kantinencomputer hat den Synthetisierer programmiert, einige weitere Mahlzeiten lang Speisen herzustellen, dann hat irgend etwas den
Synthetisierer zerstört.«
»Einer von ihnen«, vermutete Alex.
»Wahrscheinlich.« Sie sah sich weiter in der Datenbank um, konnte aber nichts entdecken. »Das ist auch schon so ungefähr alles. Die KI hat den Laden zwar weiter geführt, aber es kam zu keinen Interaktionen mehr mit ihr. Vergiß also alles, was ich darüber sagte, daß Erkrankungen mehrere Tage brauchen, um einzusetzen – es sieht so aus, als ob diese hier jedermann auf Station zwischen… irgendwann in der Nacht vor
Tagesanbruch erwischte.«
Hätte Tia einen Kopf gehabt, sie hätte ihn jetzt geschüttelt.
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie so etwas allen gleichzeitig passiert, ohne daß wenigstens einer ein paar Worte in einen Sprachaufzeichner spricht!«
»Es sei denn… Tia, wenn sie alle schliefen? Ich meine, im Schlaf geschehen doch Dinge, Neurotransmitter, die den
Traumschlaf einleiten…« Alex hob den Blick von dem
Schirm. »Wenn sie sich im Schlaf befinden mußten, um sich dieses Ding einzufangen…«
»Oder wenn das erste Symptom der Schlaf selbst gewesen
sein sollte…« Sie konnte sich nicht beherrschen, sie wollte vor Furcht zittern. »Alex, ich muß dort unten landen. Von hier oben kannst du nichts für diese Leute tun.«
»Kein Widerspruch.« Alexander schnallte sich an. »Also gut, Lady – bring uns hinunter. Ich muß nur noch eins tun, ganz schnell, bevor wir noch weitere Verluste zu beklagen haben.«
Sie brach mit einer solchen Beschleunigung aus dem Orbit, daß er in seinen Sessel zurückgeworfen wurde. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper.
»Ich muß einen Druckanzug anlegen und zu den Vorräten;
ich muß Lebensmittel und Wasserkanister hinausstellen. Diese Leute sind verhungert und ausgetrocknet. Die Weltraumgeister mögen wissen, was sie die ganze Zeit gegessen und getrunken haben – es könnte durchaus sein, daß viele von ihnen an Dysenterie gestorben sind.« Er dachte laut vor sich hin; wartete darauf, daß Tia ihre eigenen Gedanken beitrug oder ihn
warnte, falls er irgend etwas wirklich Dummes planen sollte.
»Öffne die Notrationsbeutel und verteile Kanister mit den Würfeln auf dem ganzen Gelände«, schlug sie vor, während sich ihre Außenhaut erhitzte, als sie in die obere Atmosphäre eindrang. »Tu das gleiche mit dem Wasser. Als würdest du Tiere füttern.«
»Genau das tue ich ja auch«, meinte er. »Und du stellst eine Verbindung zur Station Kleinman her, so schnell wie
möglich.«
»Schon in Arbeit.«
Eine Hyperwellenkommunikationsverbindung auf diese
Entfernung herzustellen und aufrechtzuerhalten war nicht gerade einfach…
Aber deshalb war sie ja auch ein GehirnSchiff und keine KI-Drohne.
»Halt dich fest«, sagte sie, als sie in die erste Turbulenz geriet. »Es wird ein holpriger Abstieg!«
Die Kamera und das Außenmikrofon an Alex’ Helm
vermittelten ihr ein sehr viel deutlicheres Bild von den Überlebenden, als es Tia lieb war. Von der
zweihundertköpfigen Mannschaft dieser Station hatten nicht mehr als fünfzig überlebt, die meisten von ihnen waren
zwischen fünfzehn und dreißig Jahre alt.
Sie gingen Alex völlig aus dem Weg, versteckten sich, sobald sie ihn erblickten – kamen aber doch hervor, um sich um die Näpfe mit Nahrung und Wasser zu scharen, die er aufstellte.
Dann schaufelten sie sich das Essen mit beiden Händen in den Mund. Alex hatte drei der Leichen, die er in ihren Betten vorgefunden hatte, ins Lazarettzentrum des Schiffs gebracht, und die Diagnose lautete in allen drei Fällen gleich:
vollkommener Systemzusammenbruch, möglicherweise
aufgrund eines Schlaganfalls. Der Rest – jene, die nicht einfach tot umgefallen waren – war an Dysenterie und
Wassermangel gestorben. Es sah so aus, als ob die Hälfte der Toten einfach zusammengebrochen waren, darunter alle
älteren Mannschaftsmitglieder.
Nach der dritten Leiche hatte Alex aufgehört. Statt dessen lud er die Körper in das Gefriergerät der Station. Irgendwann würde jemand kommen müssen, um sich um sie zu kümmern.
Tia hatte seine Bemühungen zwar alle aufgezeichnet, brachte es aber nicht fertig, die
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