Raumschiff 3 - Tia
Übergang in
Überlichtgeschwindigkeit war für Normalpersonen zwar nicht annähernd so belastend wie der Sprung in eine Singularität, bedurfte aber doch der Vorwarnung. Alex packte die Arme seines Sessels und schloß die Augen, als sie den Sprung in den Hyperraum vollzog.
Tia selbst spürte nur ein leises Zittern – als würde man unter eine kalte Dusche springen – , aber Alex sah während der Übergänge immer etwas grün im Gesicht aus. Zum Glück hatte er im Hyperraum selbst keine Probleme.
Und sollte ich mir jemals einen Singularitätsantrieb leisten können, so heißt es wenigstens in seinen Akten, daß er ziemlich gut auf diese Übergänge reagiert…
Aber das war im Augenblick noch ein bloßer Traum. Tia
nahm den Gesprächsfaden wieder auf. »Das ist auf
Ausgrabungsstätten der Klasse Eins zwar schon
vorgekommen, aber auf großen Ausgrabungsstätten erinnert sich früher oder später doch jemand daran, daß der Bericht noch nicht abgeschickt wurde. Außerdem bedeutet das
Abschicken von Berichten publizieren, und graduierte
Studenten können gar nicht genug veröffentlichen. Trotzdem, wenn sie das Äquivalent zum Grab des Tut-Anch-Amon
entdeckt hätten, könnte es tatsächlich so sein, daß sie so aufgeregt wären und so beschäftigt, daß sie den Rest des Universums darüber vergessen hätten.«
Alex schluckte schwer, um seine Übelkeit zu überwinden.
Sein Magen schien immer einige Minuten zu brauchen, um
sich wieder zu beruhigen. »Dann…« sagte er schließlich, »…
erzähl mir mal, warum du nicht in Panik bist, weil sie nicht geantwortet haben.«
»Artefaktenräuber hätte man wahrscheinlich schon längst gesichtet, Eingeborene, die sich erheben könnten, gibt es nicht, und Krankheiten brauchen normalerweise lange genug, bis sie aktiv werden, daß irgendjemand schon vorher um Hilfe gebeten hätte«, sagte sie. »Und deshalb war auch der KD nicht sonderlich besorgt; aus diesem Grund wurden die
Anordnungen des Instituts von ihm ständig konterkariert. Aber entweder ist der Kontakt zu dieser Expedition jetzt schon so lange abgebrochen, daß selbst der KD beunruhigt ist, oder er verfügt über irgendwelche Informationen, die man uns nicht gegeben hat. Also fliegen wir hin.«
»Und stellen selbst fest, was läuft, wenn wir dort sind«, fügte Alex hinzu.
Tia führte sie so sanft aus dem Hyperraum, daß Alex so wenig wie möglich durchgeschüttelt wurde. Als sie in den Orbit eingetreten waren, schickte sie ein Signal nach unten, das den Sender der Mannschaft aktivieren sollte, sofern es dort noch etwas zu aktivieren gab. Wie sie Alex schon vor einigen Tagen mitgeteilt hatte, brachen Kommunikationssysteme auch schon mal zusammen. Sie war voll darauf eingestellt, kein Echo zu erhalten.
Statt dessen…
Sie sind verbunden mit der Ausgrabungsmannschaft Q-Z-Fünf-Fünf-Sieben. Die Antwort des Peilsenders kam sofort auf elektronischem Wege. Dann traf die offene Trägerwelle ein.
»Alex, ich glaube, wir haben ein Problem«, sagte sie
vorsichtig.
»Echo?« Alexander spannte sich an.
»Volles Echo…« Sie strahlte das Erkennungssignal ab, mit dem die Landungsscheinwerfer aktiviert und die KI darüber informiert wurden, daß jemand oben war – die KI müßten den Sprechkanal öffnen, falls keine Menschen vorhanden waren, um die Kommunikation zu besorgen. Die KI meldete sich
sofort, strahlte das Signal Empfangsbereit für Anweisungen ab.
»Schlimmer noch, sie haben volle Kommunikationsfähigkeit
. Ich habe gerade ein Freigabesignal der KI empfangen.«
Sie gab einen Datenstoß aus mehreren Megabyte
komprimierter Instruktionen ab, um die Kontrolle über
sämtliche externen und internen Aufzeichnungsgeräte zu
bekommen und alle Programme abzuschalten, die seit
Errichtung der Station installiert worden waren, wie auch über sämtliche sensorischen Geräte, sofern noch irgendwelche davon funktionsfähig sein sollten.
»Sag der KI, sie soll mir Bilder senden«, sagte Alex völlig sachlich. »Falls sie das kann.«
»Kommen schon… aha, Außenkamera drei… das ist direkt
vor der Kantine und… Verdammt!«
Die Kamera zeigte ihnen eine Szene, die alles andere als einen schönen Anblick bot.
Unmittelbar vor der Kamera lagen Körper. Sie waren so
reglos, daß sie nicht mehr am Leben sein konnten. Sie schienen an Ort und Stelle zusammengebrochen zu sein. Tia schaltete auf die nächste Kamera, die ihr die KI anbot: eine Ansicht des Kantineninneren. Hier war alles noch schlimmer.
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