Raumschiff 4 - Channa
gesagt habe, und wenn er entscheidet, daß sie eine Behandlung braucht, dann soll sie sie bekommen.«
Joseph nickte abgehackt, stemmte sein Gesicht auf eine Hand. Seine Schultern zuckten krampfhaft, dann beruhigte er sich wieder.
»Ich bin dankbar, daß du deine Gedanken mit mir teilst«, sagte er. »Obwohl du ja nun an ihres Vaters Statt stehst.«
»Wir haben keinen Seelenheiler hier, Joseph«, erwiderte Arnos mit tiefempfundenem Bedauern.
»Also muß Rachel die Geschütztheit ihrer Seele vor einem Ungläubigen, einem Außenstehenden verlieren«, erwiderte Joseph.
»Ich hätte nicht gedacht, daß du so fromm bist.«
Joseph seufzte und schüttelte müde den Kopf. »Es ist doch merkwürdig, wie tief die Erziehung der eigenen Kindheit greift. Am Ende werde ich noch feststellen, daß auch ich ein Sohn des Tempels bin.«
»Wenn du wirklich gegen ein solches Vorgehen bist, werde ich sie nicht zwingen«, warf Arnos ein.
Joseph erhob sich und umarmte Arnos nach Art des Bruders.
»Danke«, erwiderte er, »aber wenn mein Herz auch rebelliert, so sagt mir mein Verstand doch, daß du recht hast…
verdammenswert recht. Das ist eine irritierende Angewohnheit von dir, Arnos ben Sierra Nueva.«
Arnos grinste. »Das hat man mir schon öfter gesagt. Mich selbst irritiert es auch, Bruder. Willst du bei ihr sein?«
Joseph zögerte, dann schüttelte er den Kopf. »Nein«, sagte er nach einer Weile. »So, wie es ihr geht… wäre es keine Freundlichkeit. Ich werde meine Arbeit fortsetzen.« Sein Mund zuckte. »Die Arbeit ist wahrhaftig die Gnade Gottes, wie der Prophet gesagt hat. Nicht wahr?«
»Ich finde immer mehr Wahrheit in seinen Worten, je öfter ich auf sie zurückgreife«, antwortete Arnos ernst, die Hand auf die Schulter des anderen gelegt. »Wahrheit, die zu stark für die Ketten des Dogmas ist. Gehe in Frieden.«
»Um den Krieg vorzubereiten«, bemerkte Joseph.
Arnos lachte wehmütig. »Eine weitere Wahrheit, die der Prophet uns hinterlassen hat: ›Wenn du den Frieden wünschst, dann bereite den Krieg vor.‹«
»Welch ein Jammer, daß die Ältesten glaubten, daß dies nur den geistlichen Kampf meint«, konterte Joseph.
»Der Prophet war ein überraschend praktisch gesinnter
Mann«,
bemerkte Arnos. »Ich bemühe mich, ihn
nachzuahmen.«
»Das tust du auch. Das tust du sehr gut«, gab Joseph zur Antwort und verneigte sich förmlich: eine seltene Geste zwischen ihnen.
»Gehen wir Seld Chaundra holen«, schlug Joat vor, als Joseph sie am Fahrstuhl einholte. »Wir sollen uns verstecken, sobald die Piraten aufkreuzen, deshalb sollte er diesen Kram auch zu sehen bekommen.«
»Ich habe keine Einwände«, erwiderte Joseph milde.
»Haben du und Simeon-Arnos sich über irgend etwas
gestritten?« fragte sie unverblümt.
»Nein.« Joseph zuckte mit den Schultern. »Wir sind
zusammen wütend, auf das, was ist und sich nicht ändern läßt.«
»Ja, so ist das Leben«, bemerkte Joat.
Sie erreichten den Hauptkorridor und nahmen zwei
Personentransporter von der Wand. Joseph blickte ein wenig zweifelnd drein, als er auf die Scheibe stieg. Als sie sich lautlos vom Boden hob, hielt er sich mit einer breiten Hand am Griff fest. Joat zeigte Joseph die einzutippende Adresse, um zur Wohnung der Chaundras zu gelangen. Die kleine
Schwebescheibe setzte sich in Bewegung, huschte
geschmeidig durch den Verkehr und rief Fahrstühle herbei, wenn ihr Weg sie auf die oberen Decks führte.
Seld öffnete die Tür persönlich.
»Hallo«, sagte er etwas nervös.
»Hallo, das ist Joseph ben Said«, antwortete Joat und zeigte auf den dunkelhäutigen Mann neben ihr. »Simeon-Arnos hat vorgeschlagen, daß ich ihn herumführe, und ich dachte, du möchtest vielleicht mitkommen.«
»Ach, das würde ich gern«, sagte er voller Freude, die jedoch im nächsten Augenblick wieder verschwand. »Ich kann aber nicht. Ich bin festgenagelt.«
»Was bist du?« fragte Joat verwundert.
Seld errötete bis zu den Wurzeln seines rotbraunen Haars.
»Strafmaßnahme. Ich habe Hausarrest, darf nicht raus.«
Joats Miene war eine Mischung von Erheiterung und
Abscheu. Bin froh, daß ich keine Eltern habe, dachte sie. Ich lasse mich doch nicht irgendwo festnageln, wo ich gar nicht sein will.
»Mensch, Seld, dein Vater kriegt die Sache wohl überhaupt nicht auf die Reihe. Erst ist es zuviel ›geh‹, und jetzt ist es zuviel ›bleib‹.« Sie schüttelte ehrfürchtig den Kopf. »So kann man das Spiel nie gewinnen. Komm doch trotzdem«, setzte sie
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