Raumschiff 4 - Channa
wies Simeon mit einem Handzeichen an, die Lautstärke zu drosseln.
»Entschuldigung«, rief sie.
Arnos schob vorsichtig den Kopf in den Raum. »Hoppla!«
sagte er. »Channa, es ist gefährlich, Musik in solcher Lautstärke abzuspielen. Das macht Ihr Gehör kaputt.«
Sie schnitt eine Grimasse. »Seien Sie kein Frosch, Simeon-Arnos. Noch nie hat jemand sein Gehör verloren, weil er sich klassische Musik anhörte.«
»Und Beethoven?« warf Simeon ein.
»Ha!« machte sie. »Ihr Männer steckt doch alle unter einer Decke«, dann stolperte sie zu der Kombüse hinüber, um
Kaffee zu machen. Nachdem sie ihn mit Sahnelikör versetzt und Sahne darauf gegeben hatte, nippte sie froh daran. »Ach!
Das tut gut!«
»Also das ist nun etwas, von dem ich das Gefühl habe, daß mir etwas entgangen ist«, meinte Simeon.
»Was?«
»Kaffee, Essen. Jeder, der sich im Perimeter zum Essen setzt, sagt, ›Herrlich! Das riecht vielleicht gut!‹, worauf sofort folgt,
›Das ist köstlich!‹, und ich besitze keine Analogie für beide dieser Empfindungen. Geruch und Geschmack – man hätte doch meinen können, daß sie mir eins davon verliehen hätten.
Sicher, ich kann schon
schmecken,
wenn in den
Chemosyntheseanlagen irgend etwas nicht in Ordnung ist, und ich kann auch eine Ionenspur riechen, aber das ist nicht dasselbe. Manchmal sind die Leute bei der Medizinabteilung der Zentrale regelrecht unmenschlich utilitaristisch.«
»Weshalb setzt du Joat nicht darauf an?« schlug Channa vor.
»Worauf soll er mich ansetzen?« fragte Joat, die genau in diesem Augenblick eintraf.
»Ich habe gerade erzählt, daß es mir entgangen ist, wie Kaffee schmeckt oder auch nur riecht, wo doch alle sagen, daß er gut riecht. Ich weiß nicht einmal, was das bedeutet. Ich kann mir das Konzept nicht einmal so recht vorstellen. Mir gefällt das Gefühl nicht, daß mir eine der größten Freuden des Lebens versagt bleiben soll. Der Gedanke allerdings, daß sich irgend jemand an meinen Neuralschnittstellen zu schaffen macht, genügt, die ganze Überlegung beiseite zu wischen.«
Channa und Arnos hefteten ihre Blicke kurz aufeinander, dann lösten sie sie wieder. Doch nicht, bevor Simeon es bemerkt hatte.
»Das ist ja schrecklich«, meinte Joat mitfühlend, »obwohl, wenn du mir vielleicht deine Parameter nennen…«
»Also Sex dagegen… Sex sorgt für eine Menge mentaler
Freude«, fuhr Simeon mit Genuß fort. »Ich möchte wetten, daß ich beinahe soviel sexuelles Vergnügen aus meiner eigenen Phantasie ziehe, wie jeder, der tatsächlich welchen hat.«
Joat schnitt eine abfällige Grimasse.
»Ich würde sagen, in deinen Träumen, Simeon, aber das wäre wohl redundant«, versetzte Channa steif und kehrte an ihren Schreibtisch zurück. »Was hast du da?« fragte sie und wies auf die Schachtel in Joats Hand.
»Das ist etwas für euch.« Joat machte sie auf und zeigte die beiden kurzen, glitzernden Metallstäbe vor. Sie waren
ungefähr drei Zentimeter lang und an beiden Enden mit einem Kristall bestückt. Joat musterte Channa erwartungsvoll.
Channa nahm einen der Stäbe aus der Schachtel und drehte ihn um. An seiner Mitte befand sich eine kleine Lücke, die beiden Hälften wurden von einer schmalen Röhre überbrückt.
Sie berührte die Kristalle probehalber, dann warf sie Joat einen fragenden Blick zu. »Ist es hübsch?« fragte sie, seine Anwendung war ihr ein Rätsel.
Joat lachte. »Seld meinte, wir könnten Schmuck daraus
machen, aber ich dachte mir, daß wir keine Zeit hätten, erst damit zu experimentieren, welchen Effekt das hätte. Ich trage meinen in einem Stiefelschaft.« Sie zog ihr Hosenbein hoch und stülpte den oberen Teil ihres Stiefels um, womit sie die Spitze eines identischen Stabs freilegte.
»Wie funktioniert denn dieses Gerät?« wollte Arnos von ihr wissen und nahm dabei das andere auf.
»Man muß die beiden Hälften zusammenschieben, um einen Kontakt herzustellen.« Arnos tat es. Sie hörten ein Klicken, als die beiden Hälften sich zu einer glatten, ebenen Oberfläche verbanden. Er blickte erst Channa und Joat an, dann sich selbst. »Ist… funktioniert es?«
»Frag ihn doch«, erwiderte Joat und deutete mit dem Daumen auf Simeons Säule.
»Simeon?«
Simeon antwortete nicht, weil er die Frage nicht vernommen hatte. Allerdings hatte er mitangesehen, wie Arnos ganz plötzlich aufgehört hatte zu existieren, und dieses
Verschwinden bereitete ihm beträchtliches Unbehagen.
Plötzlich war er sich nicht sicher, ob es
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