Raumschiff 4 - Channa
Station zwar unmöglich, sich selbst zu vernichten. Tatsächlich würde er es aber
wahrscheinlich schaffen. Sieg oder Tod.
»Raaaaaaaaaaaaaaaaaa!« kreischte der Wurm.
»Wie Channa so schön sagen würde, friß doch deine Scheiße und verrecke.« Simeon keuchte die Worte hervor, als er um eine Ecke kam und wieder in Stellung ging. Dornen und
Laubwerk stoben durch die Luft, als der Wurm versuchte, sich direkt zu ihm durchzuschlagen. Dann ein gewaltiges Krachen und ein jaulender Aufschrei des Schmerzes, als er gegen das steinerne Innere der Hecke prallte. Das überzeugte ihn davon, sich doch um die Ecke zu winden. Er wirkte größer als vorher; schaumiges rosa Blut umströmte die malmenden, platzenden Mäuler. Einige der Zähne waren am Stein zerschmettert, regenerierten sich aber, während Simeon zusah. Das Nahen des Wurms ließ den Boden erbeben. Hinter sich hörte Simeon das Bellen und Grollen der KI, die neue Barrieren und Irrwege anlegte.
»Komm her und geh in Stellung!« brüllte Simeon. Kümmere dich nicht um die anderen. Dies wird eine Weile deine ganze Aufmerksamkeit erfordern.
»Raaaaaaaaaaaaa!«
Diesmal schleuderte die Gravitation sie umher, als die Lampen flackerten. Mit einem beherrschten Fauchen der
Ungeduld wandte Belazir sich an die Techniker.
»Was ist denn jetzt?«
»Großer Gebieter, wir stoßen auf unerwarteten Widerstand.
Wir dachten, daß der Wurm sich erfolgreich in die
Hauptkontrollprogramme durchgebohrt hätte, aber sie haben sich wieder freigezappelt. Wir kommen zwar voran, aber die KI ist außerordentlich wendig – die parallele…«
Belazir schnitt ihnen mit einer Geste das Wort ab. »Mich interessieren nur Resultate und kein Jargon von Ausflüchten.
Packt euch den Kern, und zwar schnell.«
Dann drehte er sich wieder zu seinen Gefangenen um. Was für nackte Gesichter sie doch haben, dachte er. Das war häufig so bei neuen Eroberungen. Jene, die lange überlebten, wurden zwar eines Besseren belehrt, doch es konnte unterhaltsam sein.
Inzwischen strömten Berichte über die Güter und Vorräte der Station ein.
Besser, als ich erwartet habe, dachte er jubilierend. Sehr viel besser. Unvorstellbar reich! Diese Anlage könnte richtige Schlachtschiffe bauen, wenn man etwas Zeit hat und die Pläne in den Computern des Klans dazu einsetzt.
Die größte Schwäche des Hochklans war sein Mangel an
großen, echten Kriegsschiffen. Sie konnten zwar mehr oder weniger eigene Fregatten bauen, aber um größere Fahrzeuge zu erhalten, konnten sie nur eroberte Exemplare umbauen.
Doch kein zusammengeschustertes Händlerschiff konnte es mit einem echten Schlachtfahrzeug aufnehmen. Ein Kriegsschiff war eben mehr als nur ein Schiff mit ein paar Waffen und Verteidigungssystemen: Es war ein zusammenhängender
Organismus, der beinahe über eigenständiges Leben verfügte.
Müssen wir die Werft wirklich aufgeben? Die Frustration war ebenso qualvoll wie die Befriedigung, die Station
einzunehmen, euphorisierend war, wobei ihre Vernichtung den zweiten orgasmischen »Volltreffer« versprach. Andererseits könnte der Besitz einer solchen Ausrüstung den großen Plan abkürzen, nämlich die Ausbreitung der Göttlichen Saat von Kolnar und der Macht des Klans.
Schlimmer noch war die Demütigung, die der Klan schon
viel zu lange über sich hatte ergehen lassen müssen. Die menschliche Galaxie wimmelte geradezu von solcher Beute, und doch war die Flotte des Klans dazu verdammt, sich in den Außenwelten herumzutreiben und den ausgemusterten Schrott zu fressen: Grenzwelten, und von Armut befallene
Exilsiedlungen wie Bethel. Wie die Schakale mußten die Kolnari herumschleichen, seitdem sie einst aus ihrer alten Heimatwelt von ihrem Land und Besitz vertrieben worden waren. An kahlen Knochen nagen, während üppige Bankette vor ihnen ausgebreitet dalagen. Unerträglich! So etwas war nicht zu dulden!
Seine Freude verflüchtigte sich. »Ihr habt doch physische Trennung aufrechterhalten?« fragte er, und seine beherrschte Gereiztheit war förmlich zu greifen.
Der Techniker zog den Kopf ein. »Selbstverständlich, Großer Gebieter. Keine Daten können aus diesem System in unsere Maschinen gelangen außer per Dataeder. Alle solche Dataeder werden bis zum letzten Informationsbyte vorher analysiert.
Unsere Reservekopien werden abgeschaltet und physisch
abgekoppelt, solange gekaperte Daten laufen.«
Belazir nickte. »Weitermachen!« befahl er, befriedigt, daß die elementaren Schutzmaßnahmen eingehalten wurden.
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