Raumschiff 4 - Channa
Er hörte ein leises Zischen hinter sich und drehte sich um. Er schrie auf, als er eine Gestalt aus der Legende der Heimatwelt erblickte, einen zwanzigäugigen Wurm mit
knirschenden, konzentrischen Mündern, von größerem
Durchmesser als ein Mann hoch war.
»Ancha!« kreischte er und feuerte. Malmer. Noch waren seine Reflexe funktionstüchtig, und der Speer nuklearen Feuers bohrte sich durch das Ungeheuer.
Erwischt, dachte Simeon wieder. Er war sich ziemlich sicher gewesen, daß das Wurmprogramm irgendeinem auf Kolnar
heimischen Wesen nachgebildet war. Es hieß also »Malmer«!
Durchaus passend.
»Malmer« verschwand. Dahinter stand eine Gestalt in
Gefechtspanzerung, die träge nach hinten kippte und der ganze Oberkörper abgerissen worden war. Der Trupp dahinter war bereits in Stellung gegangen und hatte das Feuer erwidert. Ein Lichtstrahl berührte Jekit an der rechten Schulter, und das Plasmagewehr fiel ihm aus der Hand. Die verwaschene, alles andere auslöschende Mauer aus Ungeräusch fiel so plötzlich von seinen Ohren ab, daß er sogar das leise Heulen vernehmen konnte, als die Waffe automatisch ein weiteres
Deuteriumgeschoß in die Kabine jagte. Ein Plasmastrahl leckte nach Jekit, und seine Beine verschwanden knieabwärts unter ihm.
Und ihm war immer noch heiß. Noch taten seine Wunden
nicht weh, isoliert durch den Schock, obwohl er den schweren Geruch von gebratenem Fleisch wahrnahm. Aber sein Kopf tat weh, tat so weh… Die anderen stürmten gerade herbei, um ihn für das Verhör sicherzustellen. Es würde ziemlich schlimm für sie aussehen, sollte er vorher sterben.
Schön! dachte Simeon. Immerhin dürfte es Spaß machen, Jekit zuzuhören, dem mächtigen Krieger, wie er erklärte, wieso er derartig aus der Rolle fallen konnte. Und was nun?
Belazir und Aragiz knieten gemeinsam vor Pol t’Veng. Sie trug die schwarze Robe und die Kapuze eines Rechtsprechers, und so war in dem matten Licht nur noch das gelbe Glühen ihrer Augen zu sehen. Belazir kniete mit Anmut nieder. Die t’Veng stand zwar von Rang und Geburt unter ihm, aber sie war effizient. Und natürlich auch eine Frau, aber das hatte heutzutage weniger zu bedeuten als früher auf Kolnar. Alles im Weltall war eine geschützte Umwelt, wie Festungsgräben. Im allgemeinen überlebte man entweder oder starb. Aragiz kniete in zitternder Spannung, und der Geruch seines Zorns war moschushaft, was Belazir irritierte.
»Ich stelle fest«, sagte Toi t’Veng schließlich, »daß Jerik nor Varak, freier Gemeiner und Kämpfer des Subklans t’Varak, das Feuer auf feindlichem Boden ohne vorhergehenden
Angriff gegen Klan verwandte eröffnet hat.« Das wäre die einzige Entschuldigung gewesen, Motive oder Gründe galten nach Kolnari-Recht nichts.
»Er hat getötet: einen adligen Offizier des Subklans t’Marid.
Er hat vernichtet: einen Panzerkraftanzug. Nun folgt das Urteil des Hochklans.
Beim nächsten Zusammentreffen aller Einheiten werden
Sippenmitglieder der t’Varak an Belazir t’Marid
vierzighundert Klancredits oder Güter desselben Werts
aushändigen, wobei letztere von neutraler Stelle zu schätzen sind. Sie werden ferner fünf gebärfähige aber noch
ungeschwängerte Frauen des niederen oder höheren Adels aushändigen, die eine volle Ausbildung genossen haben.
Darüber hinaus darf Belazir t’Marid für die Dauer eines Zyklus unter den Konkubinen und Frauen von Aragiz t’Varak wandeln und nach Beblieben säen. Aragiz t’Varak wird das gleiche unter den Frauen und Konkubinen von Belazir t’Marid tun.
Das Urteil ist verkündet.«
Wie ein einziger Organismus verneigten sie sich tief genug, um mit der Stirn das Deck zu berühren. Ein gutes Urteil, dachte Belazir. Gerecht, weise und, vor allem, nützlich. Ein Teil des langwierigen Ärgers bestand aus der Tatsache, daß die t’Varak nicht so eng durch die Saat miteinander verbunden waren wie der Rest der Hochklanfamilien. Auf der Heimatwelt waren es landlose Söldner gewesen, die das Pech gehabt hatten, sich dem Hochklan unmittelbar vor Ausbruch eines Krieges anzuschließen, der einen halben Kontinent aufgerissen hatte und in der überstürzten Flucht der Überlebenden endete.
Formal betrachtet unterlagen Söldner nicht der Extermination-Proskription des besiegten Adels. Wie Bauern und Gemeine konnten sie ihre Treue der Siegerseite übertragen. Allerdings neigten rechtliche Betrachtungen dazu, im strahlenden
Leuchten des Sieges unterzugehen…
Natürlich war es
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