Raumschiff 4 - Channa
war ja auch nur zu logisch, daß sie eine der Haupttouristenattraktionen der Station kennenlernte.
Das beste Restaurant von SSS-900 befand sich unmittelbar unterhalb der nördlichen Andockstation. Hier bestand die Außenhülle aus einer hundert Meter langen Synthometallschicht, die auf Transparenz eingestellt war.
Riesig und hell zogen draußen die Sonnen vorbei – Fixsterne und der frostige Bogen des Schlangenkopfnebels, dazu die glänzenden beweglichen Lichtpunkte: Shuttles und Schlepper.
Im Inneren bestand der Boden aus glänzenden Steinfliesen, die mit Goldquadraten abgesetzt waren – SSS-900 verarbeitete eine Menge Gold als Abfallprodukt –, und die Tische bestanden aus echtem und kostbarem Holz, das unter den schneeweißen Decken glänzte. Unter leisem Geklirr von Silberbesteck huschten die Kellner umher, und von den
Tabletts, die sie trugen, wehten köstliche Düfte. Ein echtes Orchester spielte leise und uralte Musik.
»Sterne und Kometen – ein bißchen üppig für so einen
Außenposten!« meinte Channa. »Ich hatte zwar schon vom Perimeter gehört, aber irgendwie hatte ich nie damit gerechnet, es tatsächlich einmal zu besuchen.«
Patsy grinste. »Ach, kommen Sie, die Station Hawking war ja nun auch nicht gerade ein Asteroidenbergbauzentrum.
Jedenfalls nicht von der Sorte, wie es unser geheiligter Simeon liebt.«
»Na ja, das nicht… aber zu Hause konnte ich mir so etwas nicht leisten. Außerdem hatte ich gar nicht die Zeit dazu. Seit ich meinen Abschluß gemacht und meinen Beruf angetreten habe, habe ich meine Zeit fast nur auf Außenposten zugebracht. Und zwar auf schlimmeren als Simeons.«
Kellner füllten ihre Wassergläser, legten ihnen Servietten in den Schoß, brachten warme Brötchen und aufgeweichte Butter.
Das einzige, was noch fehlt, ist, daß sie uns die Zähne putzen und die Füße massieren, dachte Channa. Es war etwas entnervend. In den meisten Restaurants ließ man sich die Auswahl kommen, teilte dem Tisch mit, was man haben wollte, dann brachte ein Zimmergleiter einem das Essen.
Allein die schieren Unkosten, all das von echten Menschen tun zu lassen!
»Ich wäre hier auch nie essen gegangen, wenn die Station nicht die Zeche bezahlen würde«, gestand Patsy flüsternd, als die Kellner einmal Pause machten. »Es sei denn, ein Rendezvouspartner würde wirklich versuchen, bei mir
Eindruck zu schinden. Mit einer Frau ist das entspannender –
da kann man sich mehr auf das Essen konzentrieren, ohne gleich beleidigend zu wirken.«
»Wenn das nicht auf Gegenseitigkeit beruhen würde, wäre ich jetzt auch nicht hier.«
Sie grinsten einander an.
»Na ja, danke für die Einladung«, meinte Patsy. »Ich hätte eigentlich gedacht, daß Sie den Sanitätschef einladen würden, mit dem Sie sich gestern abend unterhalten haben.«
»Bitte, ich freue mich auf dieses Essen. Aber ich bekomme keinen Bissen herunter, wenn ich mich an ihn erinnern soll.
Haben Sie sich einige seiner Anekdoten einmal angehört?«
»Alle«, erwiderte Patsy mit ernstem Nicken. »Da sagen Sie was, gute Frau. Chaundra ist ja ein ganz netter Bursche, aber sein Magen ist mir doch eine Spur zu stark.«
»Und außerdem haben wir beide einen ähnlichen
Musikgeschmack. Und mit jemandem, der die gleiche Musik mag, kann man sich immer unterhalten.«
Und so unterhielten sie sich auch, umspannten die Themen von geranianischen Volksballaden bis zu den Komponisten des achtzehnten Jahrhunderts auf der Erde, um schließlich das Stationspersonal bestimmten Musikrichtungen zuzuordnen.
»Simeon? Reiner Honky-Tonk, keine Frage«, meinte Channa entschieden.
Patsy lachte. »Ach, kommen Sie, Channa, das ist ein stilles Wasser. So schlicht gestrickt ist der gar nicht. Es ist nur so, daß er seinen Bergbauposten in einem sehr beeindruckbaren Alter angetreten hat. Der rauhe, starke Untertagekumpel, wissen Sie. Sein öffentliches Image.«
»Na ja.« Sie musterte die Speisekarte. Als sie mit dem Finger über die Seite fuhr, leuchteten bewegliche Holos der angebotenen Mahlzeiten auf. »Als Vorspeise nehme ich die Feuerkrabben. Danach die klare Brühe. Gegrillten Jumbuk von Mutter Huttons Welt – meine Güte, die haben hier aber auch alles! Dazu junge Möhren und Salat. Als Nachspeise blauen Flechtkonfekt mit Port Royal Kaffee. Und Castiliari Brandy.«
»Klingt gut. Den Jumbuk nehme ich auch, aber… Vorher
eine Fenchellauchsuppe. Und Wein?«
»In der Regel trinke ich nicht…« fing Channa an.
»Wenn ich einen Vorschlag machen
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