Raumschiff 4 - Channa
einen Arm um seine Schultern. Schluchzend hielt er sich einen Augenblick an ihr fest.
»Tut mir leid, daß ich so unfreundlich war«, sagte er kurz darauf. Da wurde ihm der Bärenfängergriff bewußt, den er im Augenblick anwandte, und er riß sich los.
»Schon in Ordnung«, meinte Joat. Das ist es auch irgendwie, dachte sie. Dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf praktische Fragen. »Brauchst du ein Taschentuch?«
»Danke.« Lautstark schneuzte er sich in das dargebotene Taschentuch und reichte es ihr zurück. »Was sollen wir jetzt tun?«
»Wir verschwinden außer Sichtweite. Channa wird an die Decke gehen, und es ist fast so schwer, sich vor ihr zur verstecken, wie vor Simeon. Eigentlich noch schlimmer, weil ich ihre Sensoren nicht ausschalten kann.«
»Da ist sie ja«, sagte er.
Joats Kopf fuhr herum. Der Lärm schwoll um die große,
hagere Gestalt von Channa Hap zu einer förmlichen Flutwelle an. Nur die Eskorte von Vickers Sicherheitspersonal bewahrte sie davor, in der Menge zu Boden gerissen zu werden. In einer Hand trug sie eine Stofftasche. Joat erkannte den Fuß des Stoffbären wieder, der an einer Seite herausragte.
»Damit habe ich Wort gehalten«, sagte sie. »Gehen wir.«
Channa kam in den Raum gestapft, öffnete die Tür zu Joats Zimmer und schleuderte die Stofftasche so fest sie konnte an die gegenüberliegende Zimmer wand. Sie bildete einen
einsamen Fleck der Unordnung in dem servosauberen Raum.
Dann schloß Channa die Tür und schritt steif zu ihrem
Schreibtisch, nahm daran Platz und begann ihre Nachrichten abzuspulen, den Rücken abweisend gekrümmt.
»Es ist nicht meine Schuld«, wagte Simeon schließlich zu sagen.
Langsam drehte sie sich um und funkelte wütend seine Säule an.
Ach, was bin ich froh, daß es Titankristall ist, dachte Simon.
Wenn es doch nur etwas Vergleichbares für die Psyche gäbe.
Ebenso langsam und stumm wandte sich Channa wieder ihrer Konsole zu.
Simeon schickte ihr eine Nachricht: »Es tut mir leid, daß du diese Szene im Abflugtrakt über dich ergehen lassen mußtest.«
Channa stieß ein empörtes Zischen aus und schlug mit der Hand gegen den Schirm. Simeons Abbild erschien darauf und zwinkerte realistisch.
Unwillkürlich huschte ein Lächeln über ihr Gesicht.
»Simeon, ich wäre ohnehin dorthin gegangen, um Worte der Ermutigung auszusprechen, alles Gute zu wünschen, Hände zu schütteln, um Solidarität zu zeigen.« Sie schwang die Faust in einer wütenden Geste. »Aber es wäre alles sehr viel
glaubwürdiger gewesen, wenn ich nicht mit einer Reisetasche in der Hand dagestanden wäre! Hast du die mißtrauischen Blicke gesehen, die ich geerntet habe? Die Hälfte der
Evakuierten denkt wahrscheinlich, daß ich an Bord eines der anderen Schiffe bin. Du hättest ruhig irgend etwas sagen und mir wenigstens ein leises Wort der Warnung ins Ohr flüstern können. Dann hätte ich diese verdammte Tasche fallen lassen können!« Sie drehte sich wieder zu seiner Säule um. »Weshalb war sie nicht da?«
»Sie wollte nicht gehen«, erwiderte Simeon matt. »Sie hat gesagt, daß sie dich sehen würde. Ich dachte, sie meinte dort am Bootsdock.«
»Das hast du tatsächlich gedacht?«
»Na ja, ich habe es gehofft«, räumte Simeon ein. »Ich habe mein Bestes getan, um sie dorthin zu bringen. Hab auf jeden Gefühlsknopf gedrückt, den ich finden konnte. Habe schamlos manipuliert, du weißt ja, wie ich das kann.«
»Die alte Silberzunge Simeon hat sich wieder auf den Arsch gesetzt, wie?«
»Ich kann ja schlecht aus meiner Hülle steigen, ihr nachjagen und sie festbinden, Channa. Sie wollte nicht gehen. Sie hat mir gesagt, daß wir sie niemals in fünfzehn Minuten finden würden, und sie hatte recht. Selbst du hättest dem zustimmen müssen. Joat zu manipulieren, das ist so, als wollte man flüssigen Sauerstoff durch einen Strohhalm trinken.«
Channa seufzte. »Allerdings! Aber mit dieser Tasche
dazustehen, das war mir furchtbar peinlich. Außerdem wollte ich wirklich, daß sie in Sicherheit kommt.«
»Ich weiß, wie du dich fühlst«, tröstete er sie. »Diese Sache mit den Ersatzeltern geht doch ziemlich an die Nieren.« Und außerdem war es deine Idee,
erinnerte er sich.
Merkwürdigerweise hegte er keine Lust, auch Channa daran zu erinnern. Ich glaube, es gefällt mir, entschied er.
Sie rieb sich die Handballen in die geröteten Augen. »Es tut mir leid.«
Na, das ist ja eine Premiere. »Angenommen.«
»Kündige mich an«, sagte Arnos ben
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