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Raumschiff 5 - Carialle

Raumschiff 5 - Carialle

Titel: Raumschiff 5 - Carialle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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Entdeckung, daß ihr die Malerei wirklich gefiel. Zwar ließ sich damit die Tragödie, die sie durchlitten hatte, auch nicht wieder ungeschehen machen, doch bescherte sie ihr ein hervorragendes Ventil für ihre Ängste.
    Als sie schließlich in der Lage war, sich eingehender mit der Vergangenheit zu befassen, fiel ihr als erstes der Mangel an Einzelheiten auf: Einzelheiten aus ihrer Ausbildungszeit; in frühen Jahren in der Hauptausbildungseinrichtung der Zentrale; der Ausbildung selbst wie auch der Fertigkeit und des Wissens, das sie einst besessen hatte. Sie mußte ihr Gedächtnis von Grund auf wieder aufbauen. Vieles war verlorengegangen. Sie hatte Vokabularteile der Sprachen eingebüßt, die sie einst fließend beherrschte, ebenso naturwissenschaftliche Daten einschließlich Formeln, Gleichungen, Navigationsparameter. Ironischerweise konnte sie sich dafür aber in großem Detailreichtum an den Unfall selbst erinnern, ja, viel lebhafter, als es ihrer Gemütsruhe gutgetan hätte. Obwohl sie sorgfältig alle fehlenden Einzelheiten über ihren ersten Muskel, Fanine, rekonstruierte –
    alle relevanten Tatsachen: wohin ihre Aufträge sie geführt hatten –, blieben diese doch nur nackte Fakten. Keine Erinnerung an gemeinsame Erlebnisse, Ängste, Sorgen, an Freude oder Zank waren noch übrig. Dieses Manko war
    erschütternd.
    Gehirnschiffe pflegten durchaus den Verlust ihrer Muskel zu betrauern, selbst dann noch, wenn der Muskel lange genug überlebte, um sich in hohem Alter auf irgendeinem Planeten niederzulassen. Man erwartete von Carialle förmlich, daß sie trauerte, ja, man ermunterte sie regelrecht dazu. Doch sie empfand lediglich ein leises Bedauern darüber, als
    Überlebende aus einer Situation hervorgegangen zu sein, die einem anderen das Leben gekostet hat. Doch konnte sie sich nicht genau genug an Fanine oder ihre gemeinsame Beziehung erinnern, um echte Trauer zu empfinden. Hatten sie einander überhaupt gemocht? Carialle hörte sich die Dataeder mit ihrem Missionsberichten und Notizen an. Alles ließ sich auf die eine oder auf die andere Weise deuten. In den neun gemeinsamen Jahren hatte sie sich auf reine Meldungen ohne jeden persönlichen Bezug beschränkt, an den Cari sich hätte erinnern können.
    Als beschäftigungstherapeutische Maßnahme übernahm
    Carialle einen Job, bei dem sie bei der CenCom eintreffende Funknachrichten verteilen mußte, eine Art aufgewertete Managementassistenz. Es war Routinearbeit, die gut zu bewältigen war, keiner großen Anstrengung oder
    intellektuellen Bemühung bedurfte. Ihr Vorzug lag darin, daß Carialle dadurch von Stimmen und Gesichtern umgeben war.
    Zwei Jahre nach ihrer Rettung war sie bereit für ihr nächstes Schiff und dankte Gott für die Pflichtversicherung. Sobald die letzte Synapse angeschlossen war und sie das Bewußtsein wiedererlangt hatte, empfand Carialle eine geradezu
    unglaubliche Beschwingtheit: Sie war wieder ganz und stark.
    So wie jetzt entsprach sie ihrer Bestimmung: fähig, den Weltraum zu durchfahren, verfügbar und begierig auf wichtige Aufträge. Ihre Bestimmung erschöpfte sich keineswegs darin, Funkmeldungen zu beantworten oder Gravitationstransporter durch Gänge voller Weichpersonen zu bugsieren.
    Die Kosten für Bergung und medizinische Versorgung hatte zwar die CenCom übernommen, da Carialles letzte Mission als entsprechend gefährlich eingestuft worden war, doch die frischgebackene CX-963 erlitt einen tüchtigen Schock, als die Preissteigerungen für Schiffshüllen erfuhr. Ihre Versicherung deckte nur den Neupreis und nicht den
    Wiederbeschaffungspreis ab. Sie hatte zwar vorher schon eine vorläufige Kostenschätzung durchgeführt, dabei aber
    fälschlicherweise ihre ursprünglichen Erwerbsdaten zugrunde gelegt. Durch diese Differenz verflüchtigten sich ihre Ersparnisse so schnell wie ein Kohlenstoffmeteorit in der Atmosphäre. Nun könnte sie nicht mehr wählerisch sein, was Aufträge anging: Sie würde alles und jedes annehmen müssen, und zwar sofort, um ihre aufgetürmten Schulden begleichen zu können.
    Gleichzeitig redeten ihre Ärzte und die CenCom auf sie ein, sich doch einen neuen Muskel zuzulegen. Aber nachdem sie ihren letzten auf solch spektakuläre Weise verloren hatte, zögerte Carialle, mit der Prozedur zu beginnen. Schließlich könnte ja auch ihre nächste Wahl durch sie den Tod finden.
    Einmal willigte sie ein, einen Mann zu empfangen, der mit den besten erdenklichen Empfehlungen kam, doch sie vermochte keine

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