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Raumschiff 5 - Carialle

Raumschiff 5 - Carialle

Titel: Raumschiff 5 - Carialle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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nicht verrückt zu werden.
    Sie fing damit an, die Stunden zu verfolgen, indem sie die Sekunden zählte. Ohne Uhr hatte sie keinerlei Möglichkeit festzustellen, wie genau ihre Zeitmessung war, doch es beschäftigte wenigstens einen Teil ihres Verstands mit betäubenden Zahlenkolonnen. Allzuschnell ging sie ihren Vorrat an Endorphinen und Serotonin durch. Binnen weniger Stunden war sie dazu gezwungen, auf
    Streßbewältigungstechniken zurückzugreifen, die einst einer unwilligen, sehr viel jüngeren Carialle von geduldigen Instrukteuren, die es besser wußten, beigebracht worden waren. Sie sang jedes Lied und jede Instrumentalkomposition, die sie kannte, rezitierte Gedichte vom Mittelalter der Erde an aufwärts, übersetzte Werke der Literatur aus einer Sprache in die andere, dichtete sie zu Versen um, vertonte sie, meditierte und brüllte im Innern ihres Schädels.
    Das lag daran, daß sich der größte Teil von ihr am liebsten in der finstersten Ecke ihres Geists versteckt und vor sich hin gewimmert hätte. Sie kannte sämtliche Geschichten von den Gehirnen, die einer sensorischen Deprivation ausgeliefert worden waren. Geschichten von Hysterie und Wahnsinn
    gehörten zu den gängigen Schauermärchen, die sich junge Schalenkinder nachts in den Grundschulnischen erzählten. Sie hatten sich gegenseitig die Symptome heruntergebetet wie die Beschreibung einer fortschreitenden tödlichen Krankheit: Als erstes kam die Furcht, dann der Unglaube, schließlich die Verzweiflung. Verzweifelt auf Reize wartend, begannen die Gehirnsynapsen schließlich, willkürliche Nervenmuster abzufeuern, Halluzinationen, die der bewußte Verstand rational anzudeuten versuchte, bis das Gehirn schließlich
    unwiderruflich dem Wahnsinn verfiel. Carialle erschauerte, als sie sich daran erinnerte, wie die Kinder sich mit
    Überschallstimmen zuzuflüstern pflegten, die nur von den Computerüberwachungsanlagen aufgefangen werden konnten, daß man nach einer Weile damit beginnen würde, alle
    möglichen Dinge zu hören, sie sich einzubilden und sie zu fühlen – Dinge, die in Wirklichkeit gar nicht existierten.
    Zu ihrem Entsetzen mußte sie feststellen, daß ihr all dies soeben selbst widerfuhr. Unfähig, etwas anderes zu sehen als das sich nicht veränderte Sternpanorama, ohne Geräusch-und Berührungswahrnehmung, mit versagenden
    Gedächtnisspeichern in der Dunkelheit, spürte sie das Hämmern an ihrer Schale, vernahm Schwingungen in ihrem ganzen Körper. Irgend etwas berührte sie.
    Plötzlich wußte sie, daß es nicht ihre Einbildungskraft war.
    Irgend jemand hatte nach wer weiß wie langer Zeit auf ihren Notruf reagiert und kam nun, um sie zu retten. Elektrisiert schickte Carialle auf sämtlichen Frequenzen Befehle über ihre Comlinks, sandte Schreie durch ihre Audioanlagen, hoffte inständig, daß man sie hören und verstehen möge.
    »Ich bin hier! Ich bin am leben!« schrie sie auf allen Frequenzen. »Helft mir!«
    Doch die Wesen draußen an ihrer Schale beachteten sie nicht.
    Ihre Bewegungen hörten nicht auf. Das emsige Kratzen setzte sich fort.
    Carialles Verstand, der zuvor dem Wahnsinn gefährlich nahe entgegengedriftet war, konzentrierte sich nun auf diese alleinige Tatsache; sie versuchte zu überlegen, wie sie die Wesen auf der anderen Seite der Schalengrenze auf ihre Anwesenheit aufmerksam machen könnte. Sie spürte, wie ihrer Haut Stücke entrissen wurden, wie man Sensorenverbindungen durchtrennte, bis die Nervenenden qualvoll aufschrien, als sie abstarben. Zuerst glaubte sie, daß ihre ›Retter‹ sich durch eine verbrannte, zerstörte Hülle schnitten, um sie herauszuholen; dafür aber dauerte das Klopfen und Kratzen zu lange. Die Fremden schlachteten nur ihre Schale aus, während sie noch lebendig darin gefangen war! Das war der ultimative Frevel: Das Äquivalent einer Verstümmelung zur Gewinnung von Transplantationsorganen. Sie schrie und wand sich und versuchte, auf sich selbst aufmerksam zu machen, doch sie hörten ihr nicht zu, vernahmen sie nicht, hielten nicht inne.
    Wer war das? Jeder Raumfahrer der Zentralwelten kannte das Emblem der Gehirnschiffe. Jeder Landbewohner hatte einmal die 3-D-Abbildungen der schützenden Titansäule zu Gesicht bekommen, die den Schalenmenschen umhüllte. Nicht darum zu wissen und den Versuch zu unternehmen, ihre Schale ungeachtet des Wohlergehens der darin enthaltenen Person zu öffnen, bedeutete, daß diese Wesen nicht aus den
    Zentralwelten oder einem mit diesen verbundenen System

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