Raumschiff der Generationen
die ihr in diesem Punkt bedingungslos Gefolgschaft leisteten.
»Anatoli, seine Assistentin Fleming und ein Mann namens Hsü sind die einzigen Personen im SCHIFF, die den Kode besitzen«, sagte die Valerija und hob etwas die tief herabhängenden Augenlider. Aus schwarzen, fanatischen Augen schoß sie einen kurzen Blick zu Marc hinüber, wie um sich zu vergewissern, ob diesem Mann zu trauen war.
»Deine Aufgabe und die deiner Leute wird es also sein, diese drei Personen daran zu hindern, den Befehl auszulösen …«
Carezzini verlagerte das Gespräch zu einem der beiden Männer hin:
»Kleus, wißt ihr genau, was ihr zu tun habt? Ist der Zeitplan geprobt?«
Der mit »Kleus« Angesprochene, ein hagerer, ruhig blickender Typ, dessen Hände ständig in Bewegung schienen, nickte eifrig:
»Geplant und geprobt. Auf die Millisekunde, Chef!« er lachte polternd, brach ruckartig wieder ab. »Wir haben die Gewohnheiten der drei seit vier Wochen ununterbrochen studiert und registriert. Krupp befindet sich zur fraglichen Zeit im Astro …«
»Was heißt zur fraglichen Zeit? Kleus, wenn die Sendung über die Schirme ist, gibt’s Alarm! Dann ist es zu spät. Ist das klar, Mann?«
»Selbstverständlich, selbstverständlich«, beeilte sich Kleus, seinen Chef zu beruhigen. »Unsere Aktion findet um 9.20 Uhr statt. Eine halbe Stunde vor Sendebeginn. Also – Krupp geht jeden Morgen pünktlich um 9.00 Uhr ins Astronauten-Café. Dort trinkt er zwei Tassen Kaffee, schwarzen Kaffee …«
Carezzinis Faust fuhr herunter, knallte auf die Tischplatte. »Es ist mir völlig egal, ob der Kaffee schwarz oder grün-weiß kariert ist, den dieser verdammte Opa trinkt«, schrie er. »Glaubst du, wir wollen uns die ganze Nacht dein Gefasel anhören? Weiter!«
Kleus’ Blick flog hinüber zur Valerija, schien sich dort Beistand holen zu wollen. Aber die hielt den Kopf gesenkt. Kleus sprach hastig weiter:
»Etwa fünf bis zehn Minuten später kommt die Fleming. Sie setzt sich zu ihm, trinkt ebenfalls einen Kaffee, und dann unterhalten sie sich. Punkt 9.20 Uhr verlassen sie das Café. Das ist der Augenblick!« Kleus wurde lebhaft, »Latour und ich treten an sie heran. Wir tun sehr aufgeregt und erzählen ihnen, daß auf der Neil-Armstrong-Passage Oppos den Verkehr lahmgelegt haben. Wenn die beiden dann die Straße betreten, um dahin zu gelangen, geraten sie in unsere Gruppe. Dann kriegen sie ihre Spritzen und werden für drei Stunden ins Reich der Träume befördert …«
»Und dieser Hsü …?«
»Den übernehmen Pop und ich«, erklärte die Valerija.
»Gut!« Carezzini blickte alle der Reihe nach an. »Und der Alternativplan?«
»Wie besprochen.« Der zweite Mann, der bisher beharrlich geschwiegen hatte, mischte sich ein. »Wenn irgend etwas passiert, so daß wir an den einen oder anderen von ihnen nicht herankommen, müssen wir die Computerzentrale stürmen.«
»Es wird nichts passieren!« behauptete die Valerija.
Carezzini stand auf, machte zwei Schritte in den Raum hinein, drehte sich um.
»Zu fünfundneunzig Prozent nicht! Aber die fünf Prozent, die offenstehen, müssen wir einplanen. Wenn Anatoli sich den dicken Schädel stößt oder ein Bein bricht, wartet ihr umsonst am Astronauten-Café. Dann bleibt uns nur die Zentrale. Sie ist gesichert – durch einen Kode. Cliff kennt den Kode …« Er sprach wie zu sich selbst, während er unentwegt auf und ab wanderte.
»Wenn Cliff den Kode kennt, warum dann das ganze Theater mit Anatoli und seinen Leuten?« fragte Rhea. »Warum besetzen wir nicht gleich die Zentrale?«
»Liebes Kind«, sagte die Valerija, »wir wissen zwar, daß wir hineingelangen, aber nicht, wie lange unsere Leute brauchen, um die Elektronik so zu programmieren, daß sie uns mit dem Gas verschont!«
»Das ist der heikle Punkt in der Rechnung«, bestätigte Carezzini, »aber es wird nicht dazu kommen. Und wenn – wir werden auch damit fertig werden. Pop, habt ihr genügend Knüppel?«
Der Gefragte grinste. »Genügend, um die Alten in ihre Kammern zu jagen …«
Marc war mit wachsender Bestürzung den Dialogen gefolgt. Das ganze erschien ihm unwirklich. Bisher hatte er geglaubt, das Ziel der Oppos wäre, die Rechte der Jungen, der Schiffgeborenen geltend zu machen, die Älteren zu zwingen, sie als gleichberechtigte Partner anzuerkennen, die Verantwortung mit ihnen zu teilen. Je länger er jedoch zuhörte, um so mehr bekam er den Eindruck, daß es zumindest den personellen Spitzen der Bewegung darum ging, die alte
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