Raumschiff der toten Seelen
sich um, denn die Geschwindigkeit des Bootes hatte sie bereits weit über die Herde hinausgetragen, so daß er nichts mehr zu sehen vermochte.
„Warum sollten sie das?“
Die Frage klang so einfach, daß niemand darauf eine Antwort gab. Aber das Problem blieb deswegen doch.
Man würde es an sich herankommen lassen müssen.
Noch einmal sahen sie die Menschen.
In langer Schlange zog ein ganzer Trupp von ihnen über eine Steppe, die nur von Gras und gelegentlich von Bäumen bewachsen war. Das Boot glitt jetzt nur noch mit geringer Fahrt dahin, von den an der Bauchseite angebrachten Strahldüsen getragen.
Die Bewohner von Sirius I stockten in ihrem Zug und schauten nach oben. Für lange Sekunden blieben sie reglos, als sähen sie ein unfaßbares Wunder, dann aber warfen sie sich zu Boden und preßten das Gesicht in den Sand. Offenbar empfanden sie Furcht. Ohne den Versuch zu unternehmen, sich in Sicherheit zu bringen, blieben sie so liegen, bis die unerklärliche Himmelserscheinung vorübergezogen war.
Dann, nach einer kurzen Beratung, setzten sie ihren Marsch wieder fort.
Doch das konnte die Besatzung des Bootes nicht mehr beobachten, da lediglich die frontale Sichtscheibe die Möglichkeit eines Ausblicks bot.
Eine weitere Begegnung fand nicht mehr statt, nur entdeckte Hen-Dra einmal eine richtige Hüttensiedlung auf einer Waldlichtung. Bewohner jedoch blieben unsichtbar. Vielleicht hatten auch sie das am Himmel entlanggleitende Ungetüm gesehen und sich in die dunkelsten Winkel ihrer Behausung verkrochen.
„Wir werden landen“, gab Par-Ker schließlich bekannt. „Von hier oben aus läßt sich schlecht beurteilen, ob ein bereits bewohnter Planet für unsere Zwecke besser geeignet ist als ein unbewohnter, dafür aber auch lebensfeindlicher. Immerhin erscheint mir Sirius I recht dünn besiedelt, so daß ich kaum Bedenken habe, die Bevölkerung um weitere 500 Personen zu vermehren.
Die Eingeborenen dürften dafür Verständnis haben, besonders dann, wenn sie erfahren, daß uns keine andere Wahl bleibt, wollen wir nicht im Raum umkommen.
Denn die HOPE läßt sich nicht wieder starten.“
„Werden wir uns verständigen können?“ wollte Ra-Kles wissen. Der Philosoph hatte sich bisher schweigend verhalten und nichts anderes getan, als die neue Welt durch die Sichtscheibe zu betrachten.
„Das ist eine andere Frage. Sie scheinen primitiv zu sein, daher zugänglich für die Zeichensprache. Vielleicht genügen einfache Bilder, sie von unseren Absichten zu unterrichten.“
„Hoffentlich!“ mahnte Hen-Dra, dessen Bedenken allmählich übertrieben wirkten. „Wie wollen wir ihnen klar machen, daß wir nicht dahin zurückkehren können, wo wir herkommen?“
Par-Ker schien verärgert, denn er gab keine Antwort.
In nur geringer Höhe lenkte er das kleine Schiff über die unendlich scheinenden Wälder und wartete, bis eine weite Lichtung zum Niedergehen direkt aufforderte.
Um jegliche Überraschung zu unterbinden, landete er weit genug vom Waldrand entfernt. Es würde nun den Eingeborenen schwerfallen, sich unbemerkt dem Schiff zu nähern. Falls sie überhaupt dazu den Mut aufbrachten.
Par-Ker und Len-Der, von drei Matrosen begleitet, betraten als erste Menschen die Oberfläche des inneren Planeten des Sirius. Im gewissen Sinn stand die erste Begegnung des Menschen mit einem außerirdischen Lebewesen bevor.
Seltsamerweise verspürte keiner der Männer eine innere Erregung, wie sie normal gewesen wäre. Noch in der HOPE hatte Ra-Kles davon gesprochen, welche Bedeutung einem solchen Augenblick beigemessen werden müsse, in dem sich zum ersten Mal in der Geschichte des Menschen die Begegnung zwischen diesem und einer außerirdischen Intelligenz abspielte. Sie alle hatten seinen Worten andächtig gelauscht und die merkwürdige Beklemmung gefühlt, die sie bei dem Gedanken an diese Begegnung überkam.
Nichts von dieser fast feierlichen Beklemmung war übriggeblieben. Es schien, als sei mit der Hülle der HOPE auch die ganze Geborgenheit des Schiffes verschwunden – und damit auch die zwangsläufige und ehrfürchtige Scheu vor fremdem Leben.
Par-Ker entsann sich jener Worte Ra-Kles’ genau.
„Wenn wir zum ersten Mal einer fremden Intelligenz gegenüberstehen, hat sich unsere Reise allein deswegen gelohnt. Nur die Gewißheit, nicht allein in diesem Universum zu sein, wird alle unsere Überlieferungen zunichte machen, oder aber sie erneuern. Die Tatsache fremden Lebens ist nicht so erschütternd wie die
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