Raumschiff der toten Seelen
das? Hat er das während der langen Reise getan?“
Har-Con schüttelte den Kopf.
„Nein, das nicht. Aber alles hat sich uns geöffnet – nur diese Kammer blieb verschlossen. Vielleicht unbeabsichtigt, wer weiß. Ein Fehler in der komplizierten und uns unverständlichen Automatik. Es kann sein, daß unser Zögern ein Unglück heraufbeschwört.“
„Rede dir nicht eine Entschuldigung ein, an die du selbst nicht zu glauben vermagst. Bisher funktionierte die Automatik tadellos, und nicht ein einziger Fehler hatte sich eingeschlichen. Alles klappte pünktlich auf die Minute. Warum sollte ausgerechnet hier ein Berechnungsfehler unterlaufen sein?“
Der Kommandant der abgewrackten HOPE schwieg.
Er mußte dem Philosophen recht geben, wollte es aber nicht zugeben.
„Weißt du, was ich fast glaube?“ fuhr Ra-Kles gedankenvoll fort. „Ich nehme an, in der verschlossenen Kammer befindet sich nichts anderes als der Befehlssender, der unsere Handlungen während des Fluges bestimmte. Gewissermaßen war diese Kammer unser Gott, ohne daß wir es ahnten. Nun, seit jenem kurzen Energieausfall, der uns alle so sehr erregte, sendet diese Befehlsausgabestelle nicht mehr. Niemand weiß, ob es ein Zufall oder Absicht der Weisen war. Aber was es auch sein mag, wir fühlen uns glücklich ohne das Bewußtsein, immer bewacht und gelenkt zu werden. Fast glaube ich, darin den Sinn unseres Fluges zu erkennen.
Einmal mit den Füßen auf der fremden Welt, sollen wir ganz auf uns selbst gestellt sein.“
„Der Sender – das könnte sein!“ nickte Har-Con.
„Also wäre es doch ungefährlich, ihn zu untersuchen.“
„Ich rate ab“, entgegnete Ra-Kles abweisend. „Es sollte uns genügen, wenigstens eine logische Vermutung zu besitzen, aber ich halte es für unklug und gefährlich, in dieser Sache zu weit zu gehen. Die Kammer ist nun einmal da, sie stört uns nicht; wir sollten einfach so tun, als existiere sie überhaupt nicht. Vielleicht wäre das für uns alle das beste.“
„Vielleicht …“, murmelte Har-Con langsam. „Vielleicht! Jedenfalls habe ich mir vorgenommen, eine Woche nicht an das Ding zu denken. Sei damit schon zufrieden, Ra-Kles.“
Der Philosoph nickte sein Einverständnis.
Vom Dorf her kam ein einzelner Mann. Erst als er näher herangekommen war, erkannten sie ihn. Es war Hen-Dra, der Physiker und Astronom.
Schweigend erwarteten sie ihn.
„Eine herrliche Welt!“ eröffnete Hen-Dra das Gespräch, als er den Hügel erklommen und das weite Land mit einem freudigen Lächeln überblickt hatte. „Wir hätten es nie besser treffen können. So muß es auf der Erde gewesen sein, anders kann ich es mir nicht vorstellen. Ich habe inzwischen auch einige Berechnungen angestellt, und ich glaube, das Ergebnis ist recht günstig.“
Die beiden Männer sahen ihn erwartungsvoll an.
Hen-Dra lächelte noch immer.
„Die Gestirne sind uns wohlgesinnt“, fuhr er fort und zeigte hinauf zur Sonne, die wie eine vollendete Kugel am Himmel stand. „Der dunkle Begleiter beginnt gerade, sich vor die Scheibe zu schieben, aber er wird sie kaum bedecken können. Bodenproben haben ergeben, daß Wachstum und auch tierisches Leben in einer Periode von etwa 50 Jahren existiert und davon gewissermaßen abhängig ist. Wir stehen am Beginn der etwas kühleren Periode, die etwa 15 Jahre dauern wird. Sie entspricht jedoch genau der Temperatur, wie sie laut Aufzeichnungen durchschnittlich in den gemäßigten Zonen der Erde herrschte. Unsere Saat wird also nicht betroffen, im Gegenteil. Wenn der Begleiter seitlich neben der Sonnenscheibe steht und die Wärmestrahlung ungehindert einfallen kann, herrschen auf Sirius I normale Bedingungen, gewissermaßen Sommer. Für uns wird es sehr heiß werden, die Felder werden vertrocknen, und nichts wird mehr gedeihen, wenn wir bis dahin nicht für eine genügende Bewässerung gesorgt haben.
Das sollte bei der Nähe des Flusses kein Problem sein.“
„Wieviel von der Sonne wird verdeckt sein?“ fragte Har-Con.
„Wenn der Begleiter genau über den Äquatorgürtel zieht, etwa ein Zehntel, eher weniger. Besäße er eine senkrecht zu unserer Bahnebene stehende Umlaufbahn, würden wir ihn überhaupt nicht bemerken, aber leider ist das nicht der Fall. Oder besser: Gott sei Dank!“
Ra-Kles schien an einem Problem zu arbeiten, denn seine Stirn war trotz der günstigen Aspekte bewölkt.
Sicherlich jedoch war es kein technisches, eher ein seelisches Problem. Har-Con und Hen-Dra warteten geduldig, bis
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