Raumschiff der toten Seelen
sie ihn erwürgen. Unwillkürlich drehte er sich um und warf der roten Tür einen flüchtigen Blick zu. Dann aber sah er Ra-Kles wieder an.
„Was willst du damit sagen?“
Der Philosoph hob die Schultern.
„In meinem Fach lernt man eines besonders: logisch denken. Gerade die Logik scheint mir die Grundlage der Philosophie zu sein und ebenso die Ausgangsbasis jeder psychologischen Überlegung. Und hier, mein Freund, stehen wir vor einem psychologischen Problem, ganz abgesehen natürlich von dem technischen.
Doch das scheint mir von sekundärer Bedeutung. Wichtig ist, daß man sich selbst die schwierigen Fragen stellt und versucht, sie logisch zu beantworten. Und glaube mir, Par-Ker, ich habe mir viele Fragen gestellt. Auch die, warum wir säen sollen, wenn wir mit der Ernte nichts anzufangen wissen. Ganz abgesehen davon, daß ihr Genuß uns alle töten würde. Hätten die Weisen das geplant, wäre ihnen sicher ein einfacherer Weg eingefallen.“
„Du hast eine Antwort gefunden?“
„Ja. Dort, der rote Hebel, von dem Len-Der erzählte.
Er ist diese Antwort. Wir müssen ihn wieder in die alte Stellung bringen.“
„Aber …?“
„Kein Aber, Par-Ker! Wenn du ehrlich mir gegenüber bist, so wirst du zugeben müssen, die gleiche Antwort ebenfalls schon gefunden zu haben. Warum hast du nun Bedenken?“
„Wegen der anderen! Wir dürfen nicht ohne ihr Einverständnis handeln …“
„Wenn du Har-Con meinst, so kann ich dich beruhigen. Ich sprach gestern mit ihm. Er sagte, ich solle tun, was ich für richtig halte. Er ist der gleichen Auffassung wie ich, daß ein Unglück nun nicht mehr geschehen könne, da wir ja schließlich festen Boden unter den Füßen haben und nicht mehr im Schiff sind. Allerdings empfahl er mir, es heimlich zu tun und den Erfolg abzuwarten. Nun, ich traf dich hier – mit meinen eigenen Gedanken und Problemen.“
Par-Ker nickte langsam.
„Du hast recht: die Logik ist die größte aller Wissenschaften – wenn man sie als solche bezeichnen darf.
Gleiche Gehirne bringt sie zu gleichen Schlüssen. Also gut: tun wir es.“
Ra-Kles kam weiter heran und blieb neben Par-Ker stehen.
„Dort ist der Hebel – lege ihn nach unten.“
Par-Ker zögerte noch, obwohl alles in seinem Innern danach drängte, der Aufforderung Folge zu leisten. Die unwillkürliche Scheu vor dem Unbekannten hielt ihn zurück. Dann aber, als er das flüchtige Lächeln über Ra-Kles’ Gesicht huschen sah, riß er sich zusammen, streckte die Hand aus und legte sie um den kühlen Metallgriff.
Es war, als ströme der kalte Griff etwas Seltsames aus, das sich auf ihn übertrug. Wie ein Befehl war es, den einmal gefaßten Entschluß doch nun endlich auszuführen. Par-Ker war der festen Überzeugung, jemand ergriffe Besitz von seinem Gehirn und zwänge ihn, den Hebel mit einem harten Ruck nach unten zu ziehen.
Hörbar rastete er ein.
Und nichts geschah …
Ra-Kles legte seine Rechte auf Par-Ker’s Schulter.
„Komm, gehen wir. Jetzt ist nichts mehr rückgängig zu machen. Alles nimmt seinen Lauf.“
Par-Ker sah ihn erschrocken an.
„Gehen? Jetzt – gehen?“
„Worauf willst du warten? Ein Prozeß, der lange ruhte und nun wieder aufgenommen wird, erledigt sich kaum in einer einzigen Minute. Es kann Tage oder Wochen dauern.“
„Was kann Tage oder Wochen dauern, Ra-Kles?“
„Du weißt es nicht?“ Der Philosoph schien ehrlich erstaunt. „Wenn Len-Der es dir auch nicht sagte, so hätten doch seine Andeutungen genügen sollen, dir das Geheimnis zu verraten. Die Lösung, die ich fand, ist die einzig mögliche überhaupt. Sie gibt die Antwort auf jede einzelne der Fragen, die wir uns stellten. Wenn sie stimmt – und das muß sie –, stehen uns große Ereignisse bevor.“
Par-Ker ballte die Fäuste.
„Ich halte diese Ungewißheit nicht mehr aus, Ra-Kles. Was ist es?“
Aber der Philosoph schüttelte energisch den Kopf.
„Ich sage es dir nicht, denn du sollst selbst darauf kommen. Es gibt nur eine einzige Antwort, und die finde! Sie ist entsetzlich auf der einen, wunderbar und herrlich auf der anderen Seite. Alles kommt auf den Standpunkt an.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Du wirst es noch verstehen, Par-Ker. Aber der erste Augenblick des Verstehens wird ein Schock für dich sein – für alle!“
Langsam wandte er sich um und schritt über die Metallplatten des ehemaligen Schiffskorridors davon.
Durch die Stahlstreben hindurch blickte Par-Ker ihm nach, ehe er genauso langsam
Weitere Kostenlose Bücher