Raumschiff Monitor - Alle sechs Romane
sowieso nicht auf der Raumstation behalten«, vermutete Henri. »Dazu ist er viel zu vorsichtig.«
Bereits um fünfzehn Uhr waren die Gefährten mit dem Pudel unten im Ort. Sie trugen Jeans und Pullis oder Trainingsanzüge und nur das nötigste Gepäck. Das, was sie unbedingt brauchten, hatten sie in Rucksäcke und Badebeutel gestopft. Für einen Start zu Charivaris Weltraumstation war bestimmt alles Notwendige vorhanden.
»Gut, daß wir unsere Ansichtskarten für zu Hause schon geschrieben haben«, sagte Tati, als sie dem alten Verladebahnhof zuwanderten. »Und ich glaube, Madame Claire ist ganz froh, uns eine Weile los zu sein.«
»Bin neugierig, was für eine Nachricht wir in dem abgestellten Eisenbahnwagen finden werden«, murmelte Gérard. »Vielleicht Tauchflossen, Kappen, Schutzbrillen – möglicherweise auch Atemgeräte. Charivari könnte eine Unterwasser-Abschußrampe in der Bucht haben!«
»Zu der wir schwimmen sollten?« fragte Prosper.
Superhirn schüttelte den Kopf. »Ihr wißt, Charivaris neue Raumschiffe brauchen keine Rampen. Es sind Mehrzweckschiffe, die sowohl als Tiefsee-, Überwasser-, Luft-und Weltraumfahrzeuge funktionieren. Start und Landung gehen ohne den altmodischen Aufwand vonstatten. Ich denke mir das so: Wir sollen uns im abgestellten Eisenbahnwagen verstecken. Bei Anbruch der Dunkelheit kommt ein Astronaut des Professors, der uns abholt. Er wird uns in einem Schlauchboot dorthin bringen, wo in der Finsternis ein Monitor-Raumschiff wie ein normales Seeschiff vor Anker liegt. Natürlich unbeleuchtet »Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Raumschiff und einer Raumstation – außer daß die Raumstation größer ist?« fragte Micha.
»Das hast du heute morgen schon gehört«, erinnerte Henri. »Du kennst die ersten Weltraumlabors doch aus den Fernsehübertragungen!«
»Halt!« unterbrach Superhirn. So wird Charivaris Orbitalstation bestimmt nicht aussehen: torpedo-oder libellenförmig mit den starren, mühlenähnlichen Flügeln, den Sonnenpaddeln und dem komischen Sonnenschirm! Die Skaylab-Station dient hauptsächlich immer noch dazu, die Wirkung des Alls auf die Insassen zu erproben. Wie uns die Schrift in der Kugel mitteilte, ist Charivari längst darüber hinaus. Wenn ich ihn recht verstanden habe, ist er bereits dabei, aus dem Weltraum Nutzen zu ziehen. Seine Station ist eine kreisende Himmelsstadt – und danach wird sie auch aussehen. Aber das werden wir ja bald wissen.«
Prosper blieb stehen und starrte nach vorn. Staunend fragte er: »Was ist denn da los? Mir scheint, da ist die Welt mit Brettern vernagelt!«
Zuletzt waren die Freunde neben den Schienen hergegangen, und sie hatten auch ein altes Schild gesehen: »Zum Austernbahnhof«. Aber nun waren sie um eine Kurve gebogen – und sahen vor sich eine Bretterwand.
»Es ist was mit Farbe draufgeschmiert«, entdeckte Henri. »Ob das schon die Nachricht für uns ist?«
»Unsinn!« rief Tati. »Der Professor wird geheime Botschaften an Bretterwände kleckern lassen! Da steht ganz einfach Gesperrt' drauf. Da, schaut!«
»Außer Betrieb!«, las Gérard. »Na klar! Austern werden in Kühlautos abtransportiert!«
»Ja! Das sind die riesigen, silberfarbenen Lastwagen, die man so oft auf den Landstraßen sieht«, sagte Prosper.
»Das hätten wir uns denken können! Wir hätten wissen müssen, daß hier nichts mehr los ist!«
»Das habe ich längst gewußt«, gab Superhirn lachend zu, »Meinst du, Charivari würde uns sonst gerade hierherbestellt haben? Übrigens ist hier die Welt nicht mit Brettern vernagelt. Man kann um das Hindernis herumgehen!«
»Oooh« machte Micha staunend. »Da sind ja noch mehr Brennesseln als im Küchengarten bei der Villa Monton! Ich finde, das sieht eher nach einem Unkraut-Verladebahnhof aus!«
Tati nahm den Pudel auf den Arm. Sie stiegen eine wacklige Holztreppe hoch und wanderten über die verwitterte Bahnsteigrampe.
»Mindestens seit zwei Jahren nicht benutzt«, bemerkte Gérard.
»Woran siehst du das, an der Bahnhofsuhr?« fragte Henri.
»Die Güterwagen sehen aus, als hätte schon Noah die Tiere darin zu seiner Arche gebracht«, witzelte Tati.
»Und Methusalem hat zur Abfahrt gepfiffen!« feixte Prosper. »Kaum zu glauben! In diesen eckigen kleinen Rostkästen soll man Austern nach Paris transportiert haben? Höchstens ihre Bärte!«
»Bärte?« fragte Micha verständnislos.
»Die Auster ist eine Muschel-Art, ein schalengeschütztes Weichtier«, warf Superhirn ein, »aber
Weitere Kostenlose Bücher