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Raumstation Erde

Raumstation Erde

Titel: Raumstation Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clifford D. Simak
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Gewehr vom Tisch und hängte es an die Wand.
    Sie durfte nicht in der Station sein. Kein Mensch außer ihm sollte sie betreten. Er hatte das unausgesprochene Einverständnis mit den fremden Wesen, von denen er als Aufseher eingesetzt war, verletzt. Andererseits war Lucy von allen, die er mitbringen konnte, die einzige, die vielleicht von diesem Ausschluß nicht betroffen sein mochte. Denn sie konnte nichts von den Dingen erzählen, die sie gesehen hatte.
    Sie durfte nicht bleiben. Sie mußte nach Hause gebracht werden. Sonst würde man sie suchen.
    Die Geschichte eines verschwundenen taubstummen Mädchens mußte in ein paar Tagen die Reporter auf die Beine bringen. Sie würde in allen Zeitungen stehen, im Fernsehen und im Radio gebracht werden, und in den Wäldern würden sich Hunderte von Suchern herumtreiben.
    Hank Fisher würde erzählen, wie er versucht hatte, in das Haus einzudringen. Es würde andere geben, die das gleiche versuchen würden.
    Enoch geriet ins Schwitzen, als er daran dachte.
    Die ganzen Jahre der Mühe, Fremde fernzuhalten, unauffällig zu erscheinen, würden vertan sein. Das merkwürdige Haus auf dem einsamen Hügel würde der Welt ein Rätsel sein, eine Herausforderung, ein Ziel für alle Sonderlinge.
    Er ging zum Medizinschrank, um die Heilsalbe zu holen, aus dem Päckchen der Galaktischen Zentrale.
    Er fand sie und öffnete die kleine Schachtel. Mehr als die Hälfte war noch da. Er hatte sie im Laufe der Jahre verwendet, aber sparsam.
    Er ging zu Lucy, zeigte ihr die Salbe und versuchte ihr durch Gesten klarzumachen, wozu sie diente. Sie zog das Kleid von den Schultern und er bückte sich, um die Wunden zu betrachten.
    Die Blutung hatte aufgehört, aber das Fleisch war stark gerötet und verletzt.
    Sanft rieb er die Salbe in die Peitschenstriemen.
    Sie hatte den Schmetterling gesund gemacht, dachte er, aber sich selbst vermag sie nicht zu heilen.
    Auf dem Tisch vor ihr rotierte immer noch die Kugelpyramide, glitzernd und funkelnd, warf zuckende farbige Schatten durch den ganzen Raum. Sie bewegte sich, aber wozu diente sie?

19
     
     
    Ulysses kam, als sich die Dämmerung zur Nacht verdunkelte.
    Enoch und Lucy hatten eben zu Abend gegessen und saßen am Tisch, als Enoch seine Schritte hörte.
    Ulysses stand im Schatten und glich mehr denn je einem grausamen Clown. Sein graziöser, zarter Körper hatte das Aussehen von gegerbtem Wildleder. Die fleckenartige Färbung seiner Haut schien schwach zu leuchten, und die scharfen, harten Kanten seines Gesichts, die glatte Kahlheit seines Schädels, die flachen, spitzen, eng anliegenden Ohren verliehen ihm etwas Schreckliches.
    Wenn man ihn nicht als das sanfte Wesen kannte, das er war, dachte Enoch, mochte man wohl vor Entsetzen weiße Haare bekommen.
    »Wir haben dich erwartet«, sagte Enoch. »Der Kaffee kocht schon.«
    Ulysses trat einen Schritt vor, dann blieb er stehen.
    »Du hast jemand bei dir. Einen Menschen.«
    »Es besteht keine Gefahr«, erwiderte Enoch.
    »Vom anderen Geschlecht. Ein weibliches Wesen, nicht wahr? Hast du eine Gefährtin gefunden?«
    »Nein«, sagte Enoch. »Sie ist nicht meine Gefährtin.«
    »Du hast die ganze Zeit über sehr klug gehandelt«, meinte Ulysses mahnend. »In einer Lage wie der deinen ist es nicht gut, eine Gefährtin zu haben.«
    »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Sie hat ein Leiden. Sie kann sich nicht verständigen und nichts hören.«
    »Ein Leiden?«
    »Ja, von Geburt an. Sie hat nie gesprochen oder gehört. Sie kann nichts ausplaudern.«
    »Und wie steht es mit der Zeichensprache?«
    »Sie kennt keine. Sie hat sich geweigert, sie zu lernen.«
    »Sie ist befreundet mit dir?«
    »Seit ein paar Jahren schon«, erklärte Enoch. »Sie suchte meinen Schutz. Ihr Vater hat sie mit der Peitsche geschlagen.«
    »Weiß ihr Vater, daß sie hier ist?«
    »Er nimmt es an, aber er weiß es nicht genau.«
    Ulysses trat langsam aus dem Dunkel und blieb im Licht stehen. Lucy beobachtete ihn, aber ihr Gesicht zeigte keine Angst. Sie zuckte nicht zusammen, ihr Blick blieb ungetrübt.
    »Sie nimmt mich gut auf«, sagte Ulysses. »Sie läuft nicht davon, und sie schreit nicht.«
    »Sie könnte nicht schreien, selbst wenn sie wollte«, erwiderte Enoch.
    »Ich muß jedem Menschen beim ersten Anblick widerwärtig sein«, sagte Ulysses.
    »Sie sieht nicht nur das Äußere. Sie sieht auch in dich hinein.«
    »Würde es sie erschrecken, wenn ich ihr eine menschliche Verbeugung machte?«
    »Ich glaube eher, daß sie erfreut

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