Raumzeit - Provokation der Schoepfung
neue Systeme, andere Wirklichkeiten.
Es ist einleuchtend, dass der reduktionistische Ansatz, das heißt die Zerlegung in immer kleinere Bestandteile, die Essenz des gesamten Systems nicht erkennen lässt.
Die einzelnen chemischen Bestandteile eines Lebewesens können nicht erklären, wieso es lebt. Die Organisation von Materie mit der Fähigkeit zur Selbstproduktion, um die Organisation zu erhalten, wird durch die Reduktion auf die Bausteine nicht verständlicher. Auch der Reduktionismus kann das Bewusstsein nicht erklären.
Der Ursprung des Seins wird aus meiner Sicht durch die immens teure Zerlegung in Einzelkomponenten, das heißt in Aktivitätsmuster von Energien, nicht fassbarer. Der Reduktionismus kann im besten Fall den Ablauf von Vorgängen beschreiben und möglicherweise die Frage nach dem Wie beantworten, aber die Frage nach dem Warum bleibt bestehen. Emergenz ist lediglich eine Erklärung für das Erscheinen von Phänomenen des Daseins aus dem Urgrund. Und dieser Urgrund ist die RaumZeit. Emergenz bedeutet, dass das Ganze eben mehr ist als die Summe seiner Teile. Die Qualität des Ganzen lässt sich eben nicht durch Auflösung in Bestandteile erfassen.
Ohne Zweifel hat die Wissenschaft in vielen Bereichen enorme Fortschritte gemacht, und ganz ohne den Reduktionismus hätte man auch nicht profunde Erkenntnisse erlangt. Eine ganze Reihe von neuen Modellvorstellungen leiden unter dem Problem, dass sie experimentell kaum nachgewiesen werden können.
»Die experimentelle Beobachtung und die Theorie kommen dann am besten voran, wenn sie miteinander gekoppelt werden und sich gegenseitig darin unterstützen, die Wahrheit herauszufinden. Man tut gut daran, einer Theorie nicht zu viel Vertrauen entgegenzubringen, solange sie durch Beobachtungen nicht bestätigt worden ist. Ich hoffe, dass ich die Experimentalphysiker nicht zu sehr vor den Kopf stoße, wenn ich hinzufüge, dass man ebenso gut daran tut, veröffentlichten, experimentellen Ergebnissen zu viel Vertrauen zu schenken, solange sie durch theoretische Untersuchungen nicht bestätigt worden sind«, äußert Sir Arthur Eddington in »New Pathways in Science« seine Meinung.
Wenn wir uns mit den Facetten der Wirklichkeit befassen und der Frage, wie objektiv nehmen wir uns und das Universum wahr, stoßen wir automatisch auf erkenntnistheoretische, logische und sprachkritische Auffassungen. Schon die alten Griechen haben erkenntniskritische Debatten geführt.
In den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts traf sich eine Gruppe von herausragenden Mathematikern, Physikern und Philosophen jeden Donnerstagabend in Wien, um erkenntnistheoretische Probleme zu diskutieren. Diese illustre Runde wurde als der »Wiener Kreis« weltberühmt. Er wurde 1924 von dem Physiker und Philosophen Moritz Schlick (1882 –1936) gegründet. Er war der Sohn eines Berliner Fabrikbesitzers und Nachfahre des protestantischen Dichters Ernst Moritz Arndt. Nach seinem Physikstudium bei Max Planck in Berlin kam er nach Stationen in Kiel und Rostock 1922 nach Wien, wo er als Nachfolger Ernst Machs den Lehrstuhl für Philosophie der exakten Wissenschaften an der Universität Wien übernahm. Zum weiteren Kreis gehörten unter anderem Kurt Gödel, Ludwig Wittgenstein, Ernst Mach, Karl Popper, Albert Einstein, David Hilbert, Bertrand Russell, Otto Neurath, Rudolf Carnap …
Ein besonderes Anliegen des Wiener Kreises war das Ringen um eine wissenschaftliche Weltauffassung. Nicht nur die Mathematik und die Physik, sondern auch die Philosophie sollte als Wissenschaft eingestuft werden. Logischer Empirismus beziehungsweise logischer Positivismus sollte hier der philosophische Ansatz sein. Bestimmte Maximen wurden diskutiert. Zum Beispiel: Erkenntnis könne nur durch Erfahrung gewonnen werden. Die meisten Aussagen der traditionellen Philosophie seien Scheinaussagen. In wissenschaftlicher Philosophie müsse es um sinnvolle Aussagen gehen. Fragen, die man nicht verstehe, könne man auch nicht sinnvoll beantworten. Die verschiedenen Wissenschaftssprachen müssten auf eine gemeinsame Basissprache reduziert werden.
Der Wissenschaftsphilosoph Sir Karl Raimund Popper (1902 bis 1994) nahm zwar nie am Treffen des Wiener Kreises teil, wurde aber durch ihn angeregt, seinen kritischen Rationalismus zu entwickeln. Sein Falsifikationsprinzip geht davon aus, dass Theorien, Modellvorstellungen anhand ihrer Folgerungen zu widerlegen seien. In anderen Worten, um eine Theorie zu bestätigen, lautet das Motto:
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