Raumzeit - Provokation der Schoepfung
technologischen Errungenschaften kommt in den allerletzten Sekunden des Jahres zustande. In dieser auf ein Jahr komprimierten Evolutionsgeschichte des Lebens nimmt die Existenz des Menschen nur etwa die letzten Stunden ein.
Vielleicht muss das für den Menschen charakteristische Wachstum seines Gehirns eher als Folgeerscheinung denn als Voraussetzung für die Herstellung von Werkzeugen betrachtet werden. So gesehen, wäre die Beschäftigung der eigentliche Anstoß für die intellektuelle Entwicklung des Menschen.
Es bedurfte einer Anzahl evolutionärer Schritte, bevor sich die Umwandlung zum Menschen vollziehen konnte: der Abstieg von den Bäumen, eine aufrechte Haltung, ein bestimmtes Gehirnwachstum. Die Umstellung der Kost auf einen größeren Anteil tierischer Proteine, die Anwendung, Fertigung und Verfeinerung von Werkzeugen, weiteres Wachstum des Gehirns, die Entdeckung des Feuers, Ausdrucks- und Sprachvermögen, rituelles Brauchtum und Raum- und Zeitbewusstsein haben zur Entwicklung des Menschen und seiner etappenweisen Wandlung geführt.
Zum dominanten Wesen wurde der Mensch aber erst vor knapp 100 000 Jahren. Doch bevor er wirklich beherrschend war, vergingen noch einmal etwa 70 000 Jahre. Auch nach seinem Aufstieg zum Menschen ging die Entwicklung weiter, wenn auch auf unterschiedliche Art. Inzwischen setzt sich die Evolution nicht mehr auf biologischer Basis fort, sondern ist psychosozial ausgerichtet und wird durch Überlieferung in Gang gehalten. Mit den Möglichkeiten der Genmanipulation hat der Mensch die Fähigkeit erhalten, unmittelbar in die Evolution und natürliche Selektion einzugreifen.
Vermutlich war das Gehirn der ersten Hominiden von Anfang an größer und komplexer als das der Vorfahren gleich großer Menschenaffen, und daran hat sich bis zum Homo sapiens sapiens nichts geändert. Der Gorilla ist fast dreimal so schwer wie ein Durchschnittsmensch, aber das menschliche Gehirn mit seinen etwa 1350 –1450 Gramm ist dreimal so groß wie das des Gorillas. Allerdings sind der Aufbau des Gehirns und seine Vernetzungen wesentlich wichtiger als seine Größe.
Die bereits im Primatenhirn vorhandenen evolutionären Anlagen wurden durch das Gehirn der frühen Hominiden immens verstärkt: Die nicht zweckgebundene Hirnrinde erweiterte sich, und eine Verlagerung vom Riechen auf das Sehen und eine hervorragende Augen-Hand-Koordination waren die Folge. Mit diesen Veränderungen änderte sich auch die Wahrnehmung und das Verständnis der Welt.
Beobachtung und Deduktion der sogenannten Wirklichkeit spielten eine zunehmende Rolle. Äußerlich gleicht das menschliche Gehirn einer riesigen Walnuss. Es besteht aus zwei zerklüfteten, am Ansatz zusammengewachsenen Hälften. Diese halbkugelförmigen Hemisphären stellen das vorerst letzte Produkt der Gehirnevolution dar. Ein dicker Stiel aus Nervenfasern – der Balken – verbindet die beiden Hemisphären. Ihre Oberfläche – die Hirnrinde oder Cortex – ist in vielfältige Windungen zerklüftet, damit die -zig Milliarden Nervenzellen im verhältnismäßig begrenzten Schädelraum Platz finden.
Die beiden in die Hirnrinde eingehüllten Hemisphären haben größere Bedeutung erlangt. Sie überdecken schon in niedrigen Tierarten vorkommende Gehirnteile und machen fast sieben Achtel der Gesamtmasse unseres Nervensystems aus.
Entscheidend für unsere Wahrnehmung, unser Bewusstsein, Denken, Fühlen und Schlussfolgern ist unser Großhirn. Die Arbeitsteilung im Großhirn wird von den sogenannten Rindenfeldern gesteuert. Denken und Erinnern werden durch den vorderen Teil des Gehirns ermöglicht. 20 Prozent des gesamten Blutes fließen pro Minute durch unser Gehirn. Sein Sauerstoffund Energiebedarf ist enorm.
Zwischen 1998 und 2004 präsentierte der deutsche Naturwissenschaftler Achim Peters (geb. 1957) die Selfish-Brain-Theorie, die besagt, dass das menschliche Gehirn bei der Regelung der Energieversorgung des Organismus vorrangig den eigenen, vergleichsweise hohen Bedarf deckt. Das »egoistische« Gehirn arbeitet also nach dem »Energy on Demand«-System.
Die hohe Datenverarbeitungsleistung des Gehirns wird vor allem durch seine vielen hochparallelen Verbindungen ermöglicht. Sein neurales Netzwerk stellt sowohl Speicher- als auch Verarbeitungslogik zur Verfügung. Seine Struktur für Denkund Wissensfähigkeit ist inzwischen Vorbild für die Nachahmung von künstlichen, neuralen Netzwerken in der Entwicklung künstlicher Intelligenz. Die Evolution brauchte mehr
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