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Raumzeit - Provokation der Schoepfung

Raumzeit - Provokation der Schoepfung

Titel: Raumzeit - Provokation der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes von Buttlar
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Sonderstatus genießen. Denn Leben – auch der Mensch – ist das Resultat einer Kette historischer Zufallsereignisse. Wertmaßstäbe oder Moralbegriffe werden wir kaum finden. Ebensowenig einen Gott, der an dergleichem interessiert ist.«
    »Warum benutzen Sie im Zusammenhang mit Modellvorstellungen in der immer abstrakter werdenden Physik so oft den Begriff Schönheit, Professor Weinberg?«
    »Eine gute Theorie muss einfach sein, schlicht und stimmig – schön, wie beispielsweise ein Rennpferd«, antwortet Weinberg.
    »Wird es je eine einzige Erklärung, eine einzige Formel für die Existenz des Universums, des Lebens und des Bewusstseins geben?«
    Er wiegt den Kopf: »Eine Erklärung wird immer zu einer Kette weiterer Erklärungen führen, wie zum Beispiel die Biologie durch die Biochemie erklärt wird, diese wiederum durch die Chemie, die durch die Physik und die wiederum durch die Welt der Elementarteilchen. Auf meiner Suche nach Antworten fühle ich mich manchmal wie Faust, der mit seinen Pentagrammen hantiert, bevor Mephisto auftaucht.« Herausfordernd beugt sich der Physiker in seinem Sessel vor und funkelt mich mit seinen lebhaften braunen Augen an.
    »Können wir denn überhaupt mit einem gemeinsamen Ausgangspunkt für Erklärungen über Sinn und Wesen des Universums rechnen, wenn heute in der Quantenphysik die Fahne des Indeterminismus hochgehalten wird?«
    »Ich bin hier anderer Ansicht«, sagt Weinberg bestimmt. »Denn grundsätzlich ist der Zustand eines Systems in der Quantenmechanik streng determiniert. Verändert hat sich nur die Beschreibung der Entwicklung von Systemen. Wir sprechen heute nicht mehr über die Position und Geschwindigkeit von Teilchen in einem System, sondern vielmehr über Wellenfunktionen, die sich vorher bestimmbar verändern.«
    »Haben Sie schlechte Erfahrungen gemacht mit den Vertretern der sogenannten Grenzwissenschaften? Zumindest muss das Verbotsschild an Ihrer Tür diesen Eindruck erwecken.«
    Ein bereites Grinsen erhellt Weinbergs Gesicht. »Nun, neben dem Hauptstrom der wissenschaftlichen Erkenntnis gibt es abgelegene Nischen der – um es zurückhaltend auszudrücken – Pseudowissenschaften: Astrologie, Präkognition, Channeling, Hellsehen, Telekinese, Kreationismus und dergleichen. Wenn sich erweisen würde, dass an einer dieser Vorstellungen irgendetwas Wahres ist, so wäre das die Entdeckung des Jahrhunderts, weit erregender und bedeutender als alles, was sich heutzutage in der üblichen physikalischen Forschung abspielt. Wir begreifen nicht alles, aber wir haben so viel begriffen, um sicher zu sein, dass in unserer Welt für Telekinese oder Astrologie kein Platz ist. Kann man sich wirklich ein physikalisches Signal aus unserem Gehirn vorstellen, das entfernte Objekte zu bewegen vermag und gleichzeitig durch kein Messinstrument nachweisbar ist?
    In einem Interview habe ich einmal festgestellt, wer an die Astrologie glaube, wende sich gegen die gesamte moderne Wissenschaft.«
    »In Ihrem Buch ›Der Traum von der Einheit des Universums‹ gehen Sie auch mit den Philosophen nicht gerade glimpflich um.«
    »Auch wenn sich schließlich unsere gesamte Wissenschaft aus der Philosophie entwickelt hat«, antwortet Weinberg, »frage ich mich schon, ob wir von der Philosophie irgendeine Orientierung in Richtung auf eine endgültige Theorie erwarten können. Die Erkenntnisse von Philosophen waren gelegentlich von Nutzen für die Physiker, doch überwiegend in einem negativen Sinne: Sie bewahrten sie vor den Vorurteilen anderer Philosophen. Der Wert, den die Philosophie für die Physik hat, lässt sich nach meinem Eindruck in etwa mit dem Wert der frühen Nationalstaaten für ihre Völker vergleichen.
    Und in diesem Zusammenhang kann ich nur Wittgenstein zitieren, der einmal äußerte: ›Nichts kommt mir weniger wahrscheinlich vor, als dass ein Wissenschaftler oder Mathematiker, der mich liest, dadurch in seiner Arbeitsweise ernstlich beeinflusst werden sollte.‹«
    Weinberg räuspert sich und sagt: »Die Einsichten der Philosophen, die ich studierte, kamen mir verworren und im Vergleich zu den glänzenden Erfolgen der Physik und Mathematik belanglos vor.«
    »Hat die Elementarphysik Gott entthront? Oder haben zumindest unsere Vorstellungen quantenmechanischer Vorgänge Religion als Aberglauben entlarvt?«, frage ich den Professor sanft.
    »Falls es einen Gott gibt, der besondere Pläne mit den Menschen hat, dann hat dieser Gott sich wirklich große Mühe gegeben, sein

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