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Raus aus dem Schneckenhaus

Raus aus dem Schneckenhaus

Titel: Raus aus dem Schneckenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Morschitzky , Thomas Hartl
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sozialer Erfahrungen
    Bei vielen Menschen mit sozialen Ängsten und Phobien hat das Leiden mit einem subjektiv traumatisierenden Ereignis begonnen: Sie wurden kritisiert, ausgelacht, ausgeschlossen oder sie haben sich selbst in aller Öffentlichkeit peinlich verhalten. Jeder zweite Sozialphobiker berichtet von einem negativen Ereignis vor Beginn der sozialen Phobie. Dies trifft vor allem auf Menschen mit einer spezifischen Sozialphobie zu. In der Folge entwickeln sich Erwartungsängste: Es wird befürchtet, dass sich derartige Erfahrungen wiederholen, auch in einem anderen sozialen Umfeld. Das Vertrauen in die Mitmenschen, aber auch das Vertrauen in die eigenen sozialen Fähigkeiten ist geschwunden.
    Traumatisierend sind vor allem folgende Erfahrungen: Verspottung wegen des Äußeren (Figur, Übergewicht, Hautfarbe, Behinderung, körperliche Entstellung nach einem Unfall), des Namens, der Sprache, der Herkunft oder der Religion, Abwertung durch Lehrer oder Eltern, Abfuhr bei Flirtversuchen, öffentliche Blamage durch ungeschicktes Verhalten, Bloßstellung aufgrund sichtbarer Symptome (Erröten, Schwitzen,Zittern, Stottern, Atemnot), Außenseiterdasein wegen eines subjektiven oder objektiven Andersseins.
    Erfahrungen wie diese haben aber auch andere Menschen im Laufe ihrer Kindheit und Jugend gemacht, ohne dass sie übertrieben ängstlich geworden wären. Zur Ausprägung einer sozialen Phobie sind daher noch weitere Faktoren erforderlich: zum einen eine Serie weiterer negativer Erfahrungen, vor allem Erlebnisse mit Gleichaltrigen (z. B. übergangen und ignoriert zu werden), die das erste Erlebnis in seiner Bedeutsamkeit verstärken, zum anderen eine persönlichkeitsspezifische Sensibilität, die einen Menschen in bestimmten Situationen ängstlich reagieren lässt. Viele Kinder und Jugendliche mit Schulängsten haben weniger Angst vor Lehrern oder Prüfungen, sondern vielmehr vor Mitschülern, die sie ständig hänseln, verspotten und ausgrenzen. Mobbing in der Schule (Fachausdruck Bullying ) kann zur Ausprägung sozialer Ängste wesentlich beitragen. Negative Erfahrungen im Umgang mit anderen Kindern und Jugendlichen wirken sich auf die Entwicklung einer sozialen Angststörung umso stärker aus, je weniger sie durch hilfreiche Unterstützung im Elternhaus kompensiert werden können.
    Manche Menschen mit einer sozialen Phobie leiden auch unter den Folgen von extrem traumatisierenden Lebensereignissen wie etwa sexuellem Missbrauch, Misshandlungen, alkoholkranken oder drogensüchtigen Eltern. Auch familiäre Probleme (Konflikte, Zerrüttung der elterlichen Beziehung, Scheidung) und der Verlust des Arbeitsplatzes eines Elternteils, häufiger Umzug oder Schulwechsel mit sozialer Entwurzelung können traumatisierend sein. Soziale Auffälligkeit wegen eines von der Norm abweichenden Familienmitglieds (alkoholabhängiger Vater, körperlich oder geistig behinderter Bruder) kann von klein auf eine erhöhte Sensibilität gegenüber kritischer Beobachtung fördern. Traumatisierungserfahrungen werden oft in sehr konkreten Vorstellungsbildern gespeichert und Jahre später in bestimmten Situationen immer wieder aktiviert.
    Jede Form von psychosozialem Stress in Schule, Beruf, Familie oder Partnerschaft kann die Schwelle für die Auslösung sozialer Ängste herabsetzen. So führt eine chronisch angespannte Partner- oder Berufssituation häufig zu einer allgemeinen körperlichen Verspannung. Wenn dann durch situativen Stress (Referat, Präsentation, neuer Sozialkontakt) subjektiv sehr belastende Symptome wie Zittern oder Schwitzen auftreten, kann dies den Teufelskreis einer spezifischen Sozialphobie in Gang setzen.
Anforderungen im Lebenszyklus: keine Fortschritte ohne laufende Veränderungen
    Im Rahmen des Lebenszyklus (Kindheit, Jugend, jüngeres Erwachsenenalter, höheres Erwachsenenalter) geht es um phasentypische Anforderungen , die an jeden von uns gestellt werden. Je weniger gut wir sie bewältigen und je mehr Stress wir dabei haben, desto eher können daraus soziale Ängste resultieren. Im Kindesalter müssen räumliche und soziale Veränderungen im Rahmen der Schulwahl bewältigt werden. Im Jugendalter geht es darüber hinaus verstärkt darum, außerfamiliäre Kontakte zu knüpfen, vor allem auch zum anderen Geschlecht, aber auch darum, unter den Gleichgeschlechtlichen seine Position zu finden. Die Art der schulischen und beruflichen Sozialisation im Jugendalter sowie im jungen Erwachsenenalter (etwa in der Studentenzeit)

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