Raus mit der Sprache
Gestrüpp der Boden entzogen, und es verdorrt allmählich.
Oder wenn Ihnen ein anderer Vergleich besser gefällt: Sie kommen mit Ihrem Auto von Deutschland nach England und müssen von Rechts- auf Linksverkehr umschalten. In den ersten Tagen/Wochen müssen Sie höllisch aufpassen und daran denken, dass Sie in England sind, andernfalls riskieren Sie einen Unfall. Mit der Zeit gewöhnen Sie sich an die andere Fahrseite und laufen weniger Gefahr, falsch zu fahren.
Ähnlich verhält es sich mit den ›Schrottgedanken‹. Wenn Sie sich in Ihrem inneren Dialog immer wieder vorsagen, dass Sie stottern werden, dann passiert das, was man eine sich selbsterfüllende Prophezeiung nennt: Es kann gar nichts anderes geschehen, als dass Sie stottern. Mit der Analyse anhand der drei Fragen können Sie vermeiden, sich von vornherein negativ zu programmieren, und sich statt dessen positiver zu Ihrer Aufgabe einstellen. Es sollte eine liebe Gewohnheit von Ihnen werden, dass Sie beim Auftauchen unguter, Sie hemmender, behindernder Gefühle sich bewusst machen, was in Ihnen vorgeht, mit Hilfe der drei Fragen den ›Schrott‹ aufdecken und wieder |50| Herr bzw. Frau im eigenen Haus und handlungsfähig werden. Dieses Vorgehen nennt man kognitive Umstrukturierung.
Ganz wichtig ist es, dass Sie nicht einem Idealbild anhängen, dem Sie jetzt noch nicht entsprechen und vielleicht nie ganz entsprechen werden, sondern dass Sie sich mit Ihrem Realbild anfreunden, sich so akzeptieren, wie Sie sind, und das zum Ausgangspunkt für schrittweise Veränderung nehmen. Sie werden erstaunt sein, was Sie, so wie Sie sind, alles können, wenn Sie sich erst einmal trauen.
Oft sind es auch Riesenansprüche, die dafür sorgen, dass nichts mehr geht. Woher kommen sie? Wieso reicht es nicht, das zu äußern, was Ihnen zum Thema eingefallen ist? Wieso muss es etwas Neues, Tolles, Weiterführendes sein? Immerhin ist Ihnen etwas eingefallen, das sollten Sie nicht abwerten, sondern ernst nehmen.
Ich halte es für aufschlussreich, der Frage nachzugehen, woher diese Ansprüche in der eigenen Biographie stammen.
Aufgabe
Ich möchte Sie bitten, sich selbst in verschiedenen Situationen Ihres Uni-Alltags zu beobachten, die Gedanken zu identifizieren, die für Sie typisch sind, wenn Sie einen Redeimpuls verspüren, und sie dann zu notieren.
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|51| Ich bin sicher, dass die aufgeführte Liste um einiges ergänzt werden kann. Schreiben Sie alle Gedanken, so wie sie auftauchen, ungefiltert und ungeschönt, auf ein neben Ihnen liegendes Blatt, und formulieren Sie dann nach eingehender Debatte mit Hilfe der drei Fragen jeweils Ihre positive Alternative.
Es kann sein, dass Ihnen manche Gedanken lächerlich oder übertrieben vorkommen. Aber gerade solche unreflektierten Bewertungen, die einem bei genauerer Betrachtung albern erscheinen, haben einen bedeutsamen Einfluss auf unsere Gefühle und unser Handeln. Setzen Sie sich mit diesen Gedanken umso gründlicher auseinander.
Um Ihnen das Einüben in die rationale Art des Denkens zu erleichtern und Sie mit der Rationalen Selbstanalyse vertraut zu machen, möchte ich die Vorgehensweise anhand eines Beispiels noch einmal ausführlich darstellen und dazu das ABC-Modell zu einem ABCDE-Modell erweitern.
Die schon erwähnte Debatte ( D ) dient dazu, die unter B aufgeführten Gedanken daraufhin zu überprüfen, wie vernünftig und rational sie sind, und jeden irrationalen Gedanken durch einen rationalen zu ersetzen.
Schließlich steht Effekt ( E ) für das, was man anstrebt, wie man sich in dieser oder einer ähnlichen Situation in Zukunft fühlen will. Beispiel:
A
Auslösendes Ereignis.
Ich sitze in einem Seminar. Bisher haben nur wenige etwas gesagt.
Mir fällt etwas zum Thema ein. Aber ich habe
Angst.
B
Gedanken
1. Mein Beitrag ist banal.
2. Die anderen werden mich dann für dumm halten.
3. Es ist schrecklich, so im Mittelpunkt zu stehen, und alle schauen mich an.
|52| 4. Sie werden mich kritisieren und mich fertig machen.
C
Gefühle
ängstlich und angespannt.
Die Debatte der Gedanken mit Hilfe der drei Fragen könnte etwa so aussehen:
A
siehe oben
B
Gedanken
D
Debatte
B1
Mein Beitrag ist banal.
Ist der Gedanke wahr?
Antwort: Nein.
Ob mein Beitrag banal ist oder nicht, wird sich erst herausstellen.
Er ist vielmehr vorgeschoben, um nicht den Mund aufzumachen.
Ist der Gedanke hilfreich?
Antwort:
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