Rausch der Sinne
Keller führte, und sprach mit einem der Angestellten. Kaum war sie eingetreten, sah er zu ihr, fast, als hätte er ihre Anwesenheit geahnt.
Ein Lächeln erhellte sein attraktives Gesicht. Es war das erste Mal, dass sie bei dem Anblick nicht weich wurde.
“
Ma chérie”,
kam er auf sie zu.
“Ich muss mit dir reden. Unter vier Augen.” Ohne ein weiteres Wort verließ sie die Kellerei und ging in Richtung Weingärten.
Er folgte ihr auf den Fersen.
Kaum waren sie außer Hörweite, wirbelte sie herum.
Argwöhnisch sah er sie an. “Du bist wütend.”
“Ja. Hast du mein Tagebuch gelesen?”
Er wurde blass. “Ja.”
Sie hatte alles erwartet, aber das nicht. “Du versuchst nicht einmal, es zu leugnen?”
“
Non.
Ich habe es gelesen.”
“Wie konntest du mir das antun?”, schrie sie entsetzt. “Was fällt dir ein, einfach in meine Privatsphäre einzudringen?”
“Ich wollte es nicht. Aber ich konnte nicht widerstehen.” Er wagte nicht, sie zu berühren.
“Wie konntest du nur? Es waren ganz private Gedanken, private Träume. Du hattest kein Recht, in dem Buch zu lesen. Wie würde es dir gefallen, wenn ich das getan hätte?”
“Charlotte, du bist so verschlossen, teilst mit niemandem deine Gedanken, dass ich Angst hatte, ich würde dich nie kennenlernen. Deshalb habe ich die Chance ergriffen, als sie sich mir bot.”
“Damit rechtfertigst du dein Tun?”
“Nein. Das ist einfach der Grund, weshalb ich mir eingeredet habe, es sei zulässig.”
“Du wirfst mir vor, ich würde meine Gedanken mit niemandem teilen. Und was ist mit dir? Du überdeckst alles mit einem Charme, der undurchdringlicher ist als Stahl.”
“Ich habe dir Dinge anvertraut, die ich bisher niemandem gesagt habe”, entgegnete er ruhig.
Sie war zu abgelenkt, um überhaupt zu hören, was er sagte. “War alles nur ein Spiel für dich? Die kleine Indianerin verführen?”
Seine dunklen Augen begannen wütend zu funkeln. “Hör auf, bevor du zu weit gehst.” Seine Stimme klang gefährlich ruhig.
“Warum zum Teufel sollte ich das? Du hast dich auf meine Kosten amüsiert. Nun, das ist jetzt vorbei. Mit uns ist Schluss.”
Er nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger. “Sag so etwas nicht in deiner Wut,
ma petite.”
Sie wich zurück. “Ich meine jedes Wort, das ich sage. Eigentlich sollte ich froh sein, dass du mir die Trennung von dir so einfach machst – ich hatte mir vorgestellt, dass zwischen uns mehr als Sex sein könnte.” Die Lüge brachte sie fast um.
Für einen Moment hatte sie das Gefühl, ihn mit ihren Worten getroffen zu haben. Doch als sie in seine Augen sah, entdeckte sie nur ausdruckslose Leere. Sie wurde noch wütender, dass er so ruhig bleiben konnte, während ihr Herz brach.
“Jetzt muss ich mir darüber keine Sorgen mehr machen”, flüsterte sie. “Danke, dass ich mit dir üben durfte – du hast mir vieles beigebracht. Mein nächster Liebhaber wird es zu schätzen wissen.”
Sie wartete seine Antwort nicht ab. Blind vor Wut und Schmerz rannte sie zu ihrem Fahrrad. Erst als sie unterwegs war, stellte sie fest, dass Alexandre keine Anstalten gemacht hatte, ihr zu folgen.
Alexandre lag in der Nacht lange wach. Charlottes Worte hatten ihn wie ein Messerstich getroffen. Hatte sie ihn tatsächlich nur benutzt? Mit ihm “geübt”, weil er verfügbar war? Der Gedanke versetzte seinem männlichen Ego einen schweren Schlag.
Er drehte sich um, boxte die Kissen zurecht und versuchte, die unglaubliche Wut in ihren Augen zu vergessen. Wie hatte er sich so in ihr täuschen können? Er war überzeugt gewesen, dass sie anders als die Frauen war, die er gekannt hatte. Aber dann hätte sie ihn nicht so sehr verletzt.
Am besten, er würde sie vergessen und sein normales Leben fortsetzen. Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gedacht, da wusste er schon, dass es unmöglich war.
Plötzlich erinnerte er sich an die ersten Einträge in ihrem Tagebuch, die er gelesen hatte.
… für mich bedeutet dieser Akt mehr als die Verbindung zweier Körper, mehr als nur Vergnügen, mehr als nur Sex …
Sie hatte ihn gefragt, wie er es empfunden hätte, wenn sie in seine Privatsphäre eingedrungen wäre. Er wäre noch wütender als sie geworden – so wütend, dass er weit schlimmere Dinge gesagt und getan hätte als sie.
Alexandre verfluchte seine Dummheit und sprang aus dem Bett. Er hatte die Frau, die ihm mehr als alles andere auf der Welt bedeutete, tief verletzt. Am liebsten wäre er sofort zu ihr gelaufen, um
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