Ravanas Rueckkehr
Flur vorbei zu ihrem Schlafzimmer. Einen Augenblick später der nächste Aufschrei: »Sie waren in jedem Zimmer!« Ihre Stimme klang, als wäre sie den Tränen nahe.
Buffy war bis ins Innerste übel. Jemand war in ihrem Haus gewesen, hatte Möbel durch die Gegend geschmissen, Schubladen entleert, Dinge zerstört... und dieser Jemand war in ihrem Zimmer gewesen, hatte ihr Eigentum berührt - private Gegenstände, die bis dahin nur sie allein berührt hatte -, hatte ihre Privatsphäre entweiht und durch seine bloße Anwesenheit die Luft im ganzen Haus verpestet. All diese Dinge gehörten ihr immer noch, aber Buffy wusste nicht, ob sie noch irgendetwas davon berühren wollte, nachdem es von einem gesichtslosen Fremden beschmutzt worden war.
Sie verließ ihr Zimmer und ging in die Küche. Unterwegs fragte sie sich, ob tatsächlich jeder Raum des Hauses betroffen war. Als sie die Küche betrat, schaltete sie das Licht an.
Sämtliche Schranktüren standen offen, und der Boden war von Tafelsilber, Glas- und Porzellanscherben übersät. Schubladen waren herausgerissen, Schwämme, Bürsten und Flaschen mit Reinigungsmitteln im ganzen Raum verteilt. Der Schrank unter dem Spülbecken war offen und leer. Sogar die Gemüseschublade des Kühlschranks war herausgenommen worden und stand nun auf dem Küchentisch, umgeben von ihrem vormaligen Inhalt.
»Jemand hat hier etwas gesucht«, flüsterte Buffy, »und ich wette, ich weiß, was er gesucht hat.«
Erst die Galerie, dann das Haus einer Mitarbeiterin der Galerie. Wer auch immer der Einbrecher war, er suchte die Ravanastatuette.
Giles hatte gesagt, Ethan Rayne sei in der Stadt und dass er Rayne für den Urheber all der sonderbaren Vorfälle hielte. Aber er wusste es nicht mit Gewissheit. Was, wenn Rayne nur auf der Suche nach der Ravanastatuette war? Was, wenn jemand anders sie hatte und dazu benutzte, den Hindu-Dämon zurückzuholen, und Rayne wollte sie demjenigen nur abjagen? Jemand, von dem sie Giles hätte erzählen sollen.
Sie fragte sich, ob sie sich nicht langsam ein Notizheft zulegen sollte.
Buffy hörte ihre Mutter im Flur leise weinen. Sie beschloss, das Chaos am Boden zu beseitigen, ehe ihre Mutter sich einen Splitter in den Fuß treten konnte. Vorsichtig durchquerte sie die Küche, wobei sie sich bemühte, Glas und Porzellan auszuweichen, wenngleich noch immer genug Scherben unter ihren Füßen knirschten. Endlich stand sie vor dem schmalen Besenschrank und öffnete die Tür...
... und ein Gesicht, fahl wie der Tod, mit roten Augen und schimmernden Metallzähnen kam aus der Dunkelheit direkt auf sie zu.
17
Der Mann im Besenschrank war schneller als Buffys Reflexe. Eine Hand in einem schwarzen Handschuh legte sich über ihr Gesicht und stieß sie zurück. Sie stolperte rückwärts und versuchte vergeblich, auf den Beinen zu bleiben. Sie schrie vor Schmerzen, als sich die zackigen Kanten geborstenen Glases und Porzellans in ihren Rücken bohrten.
Schwere Schritte rannten aus der Küche hinaus und zermalmten das Geschirr am Boden.
Buffy wollte aufstehen, erstarrte jedoch mitten in der Bewegung. Sie musste vorsichtig sein, um sich nicht die Handflächen aufzuschlitzen, also streckte sie einen Arm aus, hielt sich an der Kante der Arbeitsplatte fest und zog sich in eine sitzende Position. Dann zog sie die Knie an und kam mühsam auf die Beine.
Joyce schrie und die Vordertür fiel krachend ins Schloss.
»Buffy!«, rief Joyce voller Furcht.
Buffy bewegte sich schnell, aber vorsichtig, über den Küchenboden. Ihre Mutter stand wie versteinert in der Tür zum Wohnzimmer.
»Wer war der Mann?«
Buffy nahm sich nicht die Zeit zu antworten. Unterwegs zur Tür schaltete sie das Licht auf der Veranda ein. Draußen rannte sie quer über den Rasen und blieb auf dem Bürgersteig stehen. Die Augen zum Schutz vor dem Regen zusammengekniffen, blickte sie erst rechts, dann links die Straße hinunter.
Links von Buffy auf der anderen Straßenseite knallte eine Wagentür zu und ein Motor wurde gestartet. Dann flammten Scheinwerfer auf.
Buffy erkannte die weiße Limousine und rannte auf sie zu, notfalls bereit, die Scheiben einzutreten.
Doch die Limousine entfernte sich mit einer für diese Wagengröße überraschenden Geschwindigkeit vom Bordstein und beschleunigte, ehe Buffy sie erreicht hatte.
Wütend und frustriert, wie sie war, blieb ihr nichts, als dazustehen und zuzusehen, wie die Rückleuchten langsam kleiner wurden und schließlich in der Dunkelheit
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