Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)
Reihe an ihm war. »Ich habe Sie bei Ihrem Besuch im Yard wirklich nicht sehr freundlich behandelt, aber da wusste ich auch noch nicht, was für Kreise diese Angelegenheit noch ziehen würde.« Er lächelte flüchtig Raven zu. »Ich hätte mir ja auch denken können, dass noch etwas nachkommen würde, wenn schon Sie Ihre Nase in die Angelegenheit stecken, Raven.«
Konstabler Mortenson schaute verblüfft von Raven zu Card und wieder zurück. »Ach, Sie kennen sich?«, fragte er irritiert.
»Flüchtig«, versetzte Raven. »Ganz flüchtig.«
Inzwischen war das allgemeine Händeschütteln beendet, und Jeff Target lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Sie sagten gerade, Inspektor, die Angelegenheit habe inzwischen Kreise gezogen«, sagte er langsam. »Hat es weitere ... Unfälle gegeben?«
Wortlos warf ihm Mortenson einen Stapel Bilder zu.
Raven blickte über Jeff Targets Schulter. Bei den Bildern handelte es sich um Polaroidfotos. Das oberste zeigte ein Gehöft - oder besser gesagt das, was von ihm übrig geblieben war. Das Gebäude war bis auf die Grundmauern niedergebrannt, und nur an den noch halbwegs erhaltenen Stallungen konnte man erkennen, dass es sich überhaupt um ein Bauernhaus gehandelt hatte.
Der Amerikaner nahm das oberste Foto vom Stapel und legte es beiseite. Dann blickte er konzentriert auf das nächste Bild. Unwillkürlich entrang sich ein Stöhnen seiner Kehle.
Das Polaroidfoto zeigte ein verkohltes, kaum noch als solches kenntliches Skelett.
Auch Raven schluckte. »Haben - haben Ihre Leute das aus den Trümmern geborgen?«, erkundigte er sich mit schwerer Stimme.
Card schüttelte entschieden den Kopf. »Nein«, erklärte er. »Das Skelett lag mitten auf dem Hof, bestimmt zwanzig Meter von der Brandstelle entfernt. Und das zweite Skelett - dort, auf dem nächsten Foto - lag sogar auf dem Zufahrtsweg zu dem Gehöft, ohne Kopf übrigens.« Das hätte Card gar nicht anzumerken brauchen. Raven und Jeff Target sahen es auch so. »Den Kopf fanden wir fast einen Kilometer weiter auf einem schmalen Waldweg, der in Richtung Stonehenge führt. Bild vier, wenn Sie die Fundstelle interessiert. Und dann war da noch der Kadaver des Hundes. Bild fünf.«
Raven wurde langsam ganz entsetzlich übel. Jeff Target schien einen stärkeren Magen zu haben, aber auch sein Gesicht nahm jetzt ganz entschieden eine leicht grünliche Färbung an.
»Die Skelette der beiden menschlichen Opfer«, fuhr Card mit unerbittlicher Sachlichkeit fort, »sind übrigens dem ersten Augenschein nach auf exakt dieselbe Weise verbrannt wie das Skelett Ihrer Schwester, Mr. Target. Die Obduktion wird Genaueres ergeben, aber die Resultate dürften nicht vor morgen früh vorliegen.«
Raven beobachtete, wie sich die Kinnmuskeln des Amerikaners anspannten. »Derselbe Täter?«, fragte Target verbissen.
»Wenn wir davon ausgehen, dass es sich tatsächlich um Morde handelt, sieht alles danach aus«, sagte Card ruhig.
Jeff Target schaute ihn lange an. Er hatte sichtlich Mühe, seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen.
»Ich weiß, dass es Mord war«, sagte er dann. »Und ich kenne auch den Mörder.«
Mortenson stieß ein ungläubiges Schnauben aus, und die beiden Lieutenants starrten Target an, als hätte er ihnen eben erklärt, unten auf der Straße Jack the Ripper begegnet zu sein.
»Sie kennen den Mörder ...?«, wiederholte Card mit fragendem Unterton. »Sie meinen, Sie haben einen Verdacht?«
Jeff schüttelte den Kopf. »Nein, Inspektor. Ich kenne ihn. Er hat es mir gegenüber sogar zugegeben. Und er hat versucht, auch mich zu TÖTEN. Ich konnte ihm in letzter Sekunde entkommen. Schauen Sie sich Ravens Maserati an - ich habe ihn bei meiner Flucht beinahe zu Schrott gefahren.«
»Wer ist es?«, schnappte Mortenson.
»Barry Lamb.«
Der Konstabler runzelte die Stirn. »Zumindest für die Nacht, in der Ihre Schwester starb, hat er ein felsenfestes Alibi.« Er zögerte. »Oder haben Sie inzwischen Gegenteiliges ermitteln können, Mr. Raven?«
Raven schüttelte den Kopf.
»Er war es trotzdem«, sagte Jeff Target verbissen. »Ich kann beeiden, dass er versucht hat, mich umzubringen. Und zumindest den Mord an meiner Schwester hat er mir gegenüber offen zugegeben. Das werde ich auch vor Gericht und unter Eid aussagen.«
»Wann und wo sind Sie mit ihm zusammengetroffen?«, fragte Card schließlich, jetzt ganz ermittelnder Beamter.
»Er hat mich in ein altes Landhaus gelockt, wo er mich bedrohte, als ich meinen Verdacht äußerte«,
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