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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Geliebte Melissa McMurray an Raven verwiesen hatte, als sie in der Kristallschädel-Affäre dringend professionelle Hilfe suchte - wobei er natürlich nicht hatte ahnen können, was für Folgen sich daraus ergeben würden.
    Und jetzt schien das alles wie weggewischt zu sein. Sir Anthony, Ravens einziger persönlicher Bekannter in höheren Regierungskreisen und somit auch seine einzige Hoffnung, eine gezielte Abwehr der Thul Saduum in die Wege zu leiten, wollte wider besseres Wissen nicht einmal ihre Existenz anerkennen. Und das, obwohl Raven bei der Darstellung der drohenden Gefahr beinahe über sich hinausgewachsen war. Es war schlichtweg zum Verzweifeln!
    »Noch etwas Port?«
    Raven, der ganz in seinen düsteren Gedanken versunken gewesen war, zuckte zusammen, als Sir Anthony plötzlich mit der Flasche in der Hand vor ihm aufragte. Da ihr Gespräch unter vier Augen stattfand, hatte der Diplomat selbst die Rolle des Butlers übernommen, obwohl Hives, der schwergewichtige Diener des Hauses Gifford, diskret, aber nachdrücklich dagegen protestiert hatte.
    Raven konnte sich auch vorstellen, warum. Hives war mit Sicherheit nicht nur ein ausgezeichneter Butler, sondern auch ein ausgezeichneter Geheimdienstmann - der inoffizielle Leibwächter Sir Anthonys. Und er sah es mit Sicherheit nicht gerne, wenn sich der Diplomat allein mit einem so verdächtigen Subjekt wie Raven unterhielt. Aber am Ende hatte sich natürlich Sir Anthony mit seinen Vorstellungen durchgesetzt. Wenn Raven nicht alles täuschte, saß Hives jetzt in einem der angrenzenden Räume und sorgte mit den modernsten elektronischen Mitteln dafür, dass die im Rauchzimmer geführte Unterhaltung nicht abgehört wurde.
    Wer mit Sir Anthony verkehrte, musste sich auf solche merkwürdigen Dinge gefasst machen. Sir Anthony war wirklich ein sehr wichtiger Mann.
    »Ja, bitte«, sagte Raven mit einem leichten Nicken in Richtung Portweinflasche und hielt dem Diplomaten sein Glas entgegen. Zugleich hob er den Blick und schaute Sir Anthony direkt an.
    Das zur Rundlichkeit neigende Gesicht des Diplomaten glänzte vor Schweiß. Entlang seiner glatt rasierten Wangen und auf seinem beginnenden Doppelkinn hatten sich dicke Feuchtigkeitsperlen gebildet. Und als Sir Anthony jetzt den Portwein nachgoss, zitterte seine Hand ganz unverkennbar - so stark, dass Glas gegen Glas klirrte.
    Und da begriff Raven.
    Sir Anthony Gifford, sicherlich einer der mächtigsten und einflussreichsten Männer im gesamten Königreich, die graue Eminenz hinter zahlreichen politischen Entscheidungen von größter Tragweite, hatte Angst.
    »Darum also«, sagte der Privatdetektiv leise.
    Sir Anthony zuckte zusammen wie ein ertappter Dieb. Seine Hand, die die Flasche hielt, zitterte noch stärker. Portwein schwappte über und ergoss sich auf den teuren Teppich.
    Hastig verkorkte Sir Anthony die Flasche, stellte sie auf das Tischchen zurück und wandte sich dann wieder Raven zu. Mit dem Handrücken wischte er sich den Schweiß von den Wangen. Raven fragte sich, was Melissa McMurray an diesem Mann attraktiv gefunden haben mochte. Bis heute war ihm die Antwort darauf ein Rätsel geblieben.
    »Ja, natürlich habe ich Angst«, erklärte Sir Anthony unvermittelt. »Können Sie das denn nicht begreifen? Wenn die Thul Saduum wirklich so mächtig sind, wie Sie behaupten - wer außer einem anderen Dämon hätte dann überhaupt noch eine Chance, sie zu besiegen? Nach dem, was Sie erzählen, ist die Erde doch bereits so gut wie verloren, gleichgültig, welche Gegenmaßnahmen wir ergreifen!«
    Unwillkürlich biss sich Raven auf die Unterlippe. Das, was Sir Anthony da sagte, entsprach genau seinen eigenen schlimmsten Befürchtungen. Aber er war kein Mann, der so einfach aufgab, und bisher hatte er Sir Anthony auch nicht so eingeschätzt.
    Und das sagte er ihm nun auch - in klaren, einfachen Worten, deren Offenheit an Brutalität grenzte.
    Sichtlich erschüttert ließ sich der Diplomat in seinen Sessel zurücksinken. »Also gut«, sagte er nach einer Weile und stieß ein kurzes, abgehacktes Lachen aus, das eher an ein Schnaufen erinnerte. »Erklären Sie mir, was ich tun kann. Ich werde mein Bestes versuchen. Aber ich möchte Sie schon vorher warnen, Raven - viel wird es nicht sein. Auch einem Diplomaten wie mir sind sehr enge Grenzen gesetzt, wenn es um Phänomene des Übersinnlichen geht. Sie wissen ja selbst, wie schwierig es ist, offizielle Stellen von so etwas zu überzeugen. Ich kann also höchstens verdeckt

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