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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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spitze Glasscherben aus seiner Kleidung, während er Eddie mit einem sanften Griff seiner mächtigen Pranken beiseite schob und an ihr vorbei zur anderen Seite der Theke ging. Er wusste, dass hier jede Erste Hilfe zu spät kam, aber er wollte wenigstens wissen, was mit dem Motorradfahrer geschehen war.
    Die Leiche lag direkt vor der Theke auf dem Boden des Gastraums, und sie hatte nicht mehr viel Ähnlichkeit mit einem Menschen.
    »Ist er ... ist er ...?« Eddies Stimme, klein und hilflos.
    »Ja, natürlich ist er tot«, sagte Jeff gepresst. »Schau nicht hin. Bitte. Das ist nichts für ...«
    Die Worte stockten ihm auf den Lippen. Mit einem ungläubigen Keuchen beugte er sich zu dem Toten hinunter, brachte sein Gesicht trotz des würgenden Ekels, der in ihm aufstieg, ganz nahe an den Kopf des Unfallopfers heran. Das, was er da eben bemerkt zu haben meinte, war so unmöglich, dass er seinen Augen kaum traute. Und doch - er hatte sich nicht getäuscht!
    Aber wie, um alles in der Welt ...?
    Aus dem Hals der Leiche stach ein schwarzer Stab hervor. An anderen Stellen des Körpers konnte man durch die bis auf die Knochen gehenden Schnittwunden ähnliche Stäbe sehen, die die Leiche wie ein Röhrensystem zu durchziehen schienen. Offensichtlich waren diese Stäbe hohl, denn aus dem am Hals rollte jetzt ein kleines schwarzes Kügelchen heraus und fiel beinahe lautlos zu Boden, wo es bewegungslos liegen blieb.
    Rollte heraus? Die Spitze des Stabes zeigte nach oben, nicht nach unten. Wie konnte denn etwas den Gesetzen der Schwerkraft trotzen und aufwärts rollen?
    Es gab nur eine Erklärung: Das Kügelchen musste sich aus eigener Kraft bewegt haben.
    Jeff Target beugte sich noch weiter vor. In seinem Gesicht arbeitete es, und seine Zähne mahlten aufeinander. Ein Verdacht keimte in ihm auf, so furchtbar, dass er ihn sich selbst kaum eingestehen wollte.
    Das Kügelchen begann sich sanft hin und her zu wiegen, fast so, als schaukele es auf Myriaden winziger Beinchen. Dann rollte es ein paar Millimeter über den Boden, geradewegs hinein in eine der schlierigen, sich immer weiter ausbreitenden Blutpfützen neben dem toten Körper. Die Berührung mit dem roten Lebenssaft schien ihm auf seltsame Weise Kraft zu geben, denn nun bewegte es sich schneller, zielstrebiger.
    Genau auf Jeff Target zu!
    Erst jetzt wurde dem hünenhaften Reporter bewusst, dass er möglicherweise in einer tödlichen Gefahr schwebte. Unwillkürlich machte er einen Schritt nach hinten. Seine Augen hingen in ungläubigem Entsetzen an dem widerlichen schwarzen Ding, das immer beweglicher, immer lebendiger wurde. Schon hatte es die Blutpfütze durchquert und rollte auf der anderen, Jeff zugewandten Seite wieder aus ihr heraus, eine dünne rote Spur hinter sich herziehend.
    Sein Ziel war eindeutig Jeff Targets Fuß.
    Aber bis dahin kam es nie.
    Je weiter es sich von der Blutpfütze entfernte, desto langsamer wurde es. Kaum zehn Zentimeter vor Jeffs Schuhspitze kam es schließlich endgültig zum Stillstand - eine plötzlich wieder ganz harmlos wirkende, eigentlich eher unscheinbare schwarze Murmel, der man nicht ansah, dass eben noch Leben in ihr gewesen war.
    Jeff Target unterdrückte den Impuls, das Kügelchen mit dem Fuß wegzustoßen, es vielleicht sogar zu zertreten. Plötzlich wusste er mit absoluter Sicherheit, dass dies das Falscheste gewesen wäre, was er hätte tun können. Es hätte dem Kügelchen genau die Chance gegeben, die es brauchte, um doch noch in direkten Kontakt mit ihm zu gelangen.
    Und dann ...
    Ja, was wäre dann geschehen? Hätte sich das Kügelchen wie ein Parasit durch die Sohle in seine Haut gebohrt und ihn nach und nach in das verwandelt, was offensichtlich auch der Chopper-Fahrer gewesen war - ein mit schwarzen Röhren durchzogener, seines freien Willens beraubter Zombie?
    Meine Fantasie geht mit mir durch, dachte Jeff Target. So etwas kann doch gar nicht möglich sein. Und: Bestimmt gibt es für all das eine logische Erklärung. Die schwarzen Stäbe könnten eine neue Art von Prothese sein - ein implantiertes Stützskelett für Fälle von Knochenerweichung vielleicht. Und das schwarze Kügelchen ...
    »Was - was ist denn das ?«
    Eddies beinahe hysterischer Aufschrei riss ihn aus seinen selbstbetrügerischen Gedanken. Entgegen seinem Rat war sie um die Theke herumgekommen und hatte gleichfalls einen Blick auf den Leichnam geworfen.
    Und sie hatte die schwarzen Stäbe gesehen - und ebenso wie er sofort begriffen, dass es so etwas auf

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