Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
auf den Tisch, der von den freundschaftlichen Beziehungen zwischen Ihnen und Card wusste. Ein paar Minuten später klingelte bei mir zu Hause das Telefon. Ich hatte gerade vier Stunden geschlafen.«
    Vier Stunden mehr als ich, dachte Raven und verspürte kein Mitleid. »Und Card ...?«, sagte er laut.
    Le Pierrot gab ein glucksendes Geräusch von sich. »Und Card hat mir den Kopf gewaschen. Ich musste den Hörer am ausgestreckten Arm halten, sonst hätte mein Gehör ernsthafte Schäden davongetragen. Anschließend bin ich sofort hierher ins Präsidium gefahren. Den Rest der Geschichte kennen Sie. Gut, dass ich gerade noch im richtigen Augenblick gekommen bin, um diese unerquickliche Szene zu unterbrechen.«
    Raven hätte am liebsten laut geschrien, so entsetzlich fand er le Pierrots Bemerkung über die Tatsache, dass er beinahe erschossen worden wäre. Er hielt sich jedoch mit aller Macht zurück, denn wenn er dieses Spiel mitspielte, hatten er und Melissa eine reelle Chance, das Polizeipräsidium als freie Menschen zu verlassen.
    »Eines müssen Sie mir noch erklären«, sagte er mit so wenig Schärfe, wie er nur eben konnte. »Wieso haben Sie zugelassen, dass dieses Ekel vom Dienst mich verhört, obwohl ich nicht einmal ein Schwerverbrecher bin, sondern bloß ein Zeuge, der sich in Widersprüche verwickelt hat?« Er deutete mit dem Daumen hinter sich, auf die Tür, durch die man den bewusstlosen Savignac davongeschleift hatte. Er war froh, dass der Inspektor selbst und nicht er den Leutnant außer Gefecht gesetzt hatte. Das vereinfachte den Fall erheblich. »Sie mussten doch wissen, dass er ein kleiner Sadist ist, der am liebsten mit Schlagringen und Schuhen verhört.«
    Le Pierrots Lächeln verschwand übergangslos. Er schüttelte energisch den Kopf und blickte Raven so geradeheraus an, dass dieser Mühe hatte, an seinen Worten zu zweifeln, obwohl er sich redlich anstrengte.
    »Savignac ist alles andere als ein Schläger«, sagte der Inspektor entschieden. »Er ist ein außerordentlich beliebter und angesehener Kollege, der sich Tatverdächtigen und Zeugen gegenüber stets völlig korrekt verhalten hat - bis heute. Ich verstehe selbst nicht, was in ihn gefahren ist. Vielleicht war es die Übermüdung. Savignac hatte ungefähr so lange keinen Schlaf bekommen wie Sie, Monsieur Raven. Er war draußen am Flughafen Charles de Gaulle und hat dort die Kontrolle der Reisenden geleitet, im Rahmen der Fahndung nach Harald Münzschläger und Roscoe Smith alias William E. Harris. Haben Sie vielleicht etwas gesagt, durch das er sich übermäßig provoziert fühlen musste?«
    Ein dumpfer Verdacht stieg in Raven auf. Er beugte sich vor und erkundigte sich mit unterschwelliger Erregung: »Haben Sie Savignac selbst eingeteilt?«
    Le Pierrot hob nachdenklich eine Augenbraue. »Nein, das habe ich nicht«, sagte er langsam. »Als er vom Flughafen zurückkam, hat er sich freiwillig erboten, die Aufgabe des Kollegen zu übernehmen, der gerade Petit ablösen wollte - mit der Begründung, sein Englisch sei erheblich besser, was auch stimmt. Wieso?«
    Raven winkte nachlässig ab. »Ach, nur so ein Gedanke. Ist nicht weiter wichtig. Aber was wird jetzt aus uns? Lassen Sie uns frei, oder wollen Sie uns weiter hier festhalten?«
    Natürlich wusste er, dass Inspektor le Pierrot den Sinn dieses raschen Themenwechsels sehr wohl durchschaute. Dass der Pariser Kriminalbeamte trotzdem nicht nachhakte, lag einzig und allein am derzeitigen Stand der Psycho-Partie, die sie seit gestern gegeneinander spielten. Im Augenblick war Raven dank Cards Intervention wieder im Vorteil, und er gedachte, auch weiterhin die Oberhand zu behalten. Wenn er jetzt aber so ungeschickt war, le Pierrot auch nur in Ansätzen die Wahrheit zu verraten, vergab er mühsam erobertes Terrain.
    Denn le Pierrot würde ihn ganz bestimmt nicht gehen lassen, wenn er ihm erzählte, dass Leutnant Elmo Savignac auf dem Flughafen Charles de Gaulle aller Wahrscheinlichkeit nach von zwei Kristallschädeln aus grauer Vorzeit hypnotisch beeinflusst worden war, ihn, Raven, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zu TÖTEN, um so einen potentiell gefährlichen Feind der Magier von Maronar aus dem Wege zu räumen. Zog man le Pierrots Auskünfte über Savignacs Persönlichkeit in Betracht, gab es nämlich keine andere Erklärung. Savignac musste in den Bann der Kristallschädel geraten sein, sonst hätte er sich nicht derartig irrsinnig verhalten.
    Und zugleich bedeutete das: Die

Weitere Kostenlose Bücher