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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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solchen Waffe geblickt hatte, und auf einmal fiel ihm die Ähnlichkeit zwischen dem Polizeibeamten Elmo Savignac und dem Killer Roscoe Smith, der vielleicht auch William E. Harris hieß, auf.
    Und dann begriff er, dass das alles Wirklichkeit war, kein Albtraum. Wenn er überleben wollte, musste er handeln - jetzt. Sonst gab es in ein paar Sekundenbruchteilen keinen Privatdetektiv Raven mehr.
    Er handelte trotzdem nicht. Bis zu Savignacs Standort waren es für ihn gut und gerne drei Meter. Bis zum Druckpunkt des Pistolenabzugs waren es für Savignacs rechten Zeigefinger höchstens noch drei Millimeter.
    Der Zeigefinger begann sich zu krümmen.
    Raven dachte an Janice. Er dachte auch an Melissa, und das Bild der beiden Frauen verschmolz vor seinem inneren Auge zum Bild einer Frau, die zugleich so aussah wie beide und doch auch wieder wie keine. Raven verstand diese Vision nicht, aber das war jetzt ja auch unwichtig.
    Schließlich musste er jetzt sterben.
    Der Zeigefinger krümmte sich weiter.
    Die Tür des Büros öffnete sich übergangslos. Ihre Kante traf Savignac voll ins Gesicht und ließ ihn zurücktaumeln. Sein rechter Arm ruckte reflexartig hoch. Der Schuss aus seiner Dienstpistole löste sich ...
    ... und fuhr harmlos in die Decke des Raumes.
    Eine Instanz, die keinerlei Verbindung zu Ravens betäubtem Bewusstsein zu haben schien, übernahm die Herrschaft über seinen Körper. Der Körper sprang vor, faltete die Hände, riss sie in die Höhe und ließ sie dann mit voller Wucht auf Savignacs Handgelenk niedersausen. Der Leutnant gab ein unterdrücktes Ächzen von sich, obwohl der Knochen vielleicht nicht einmal gebrochen war. Die Pistole klapperte auf den Boden.
    Unter der Tür stand Inspektor le Pierrot und verfolgte die Szene mit hochgezogenen Augenbrauen. Er wirkte wie ein aus Granit gemeißeltes Denkmal. Seine Erstarrung löste sich erst, als Savignac mit einem Hechtsprung der Pistole nachsetzte und mit der linken, unverletzten Hand danach zu greifen versuchte. Mit einem Schritt war der Inspektor bei ihm und setzte ihn mit einem gezielten Tritt außer Gefecht.
    Dann bückte er sich, hob die Pistole auf und wandte sich Raven zu, der ihn völlig perplex anstarrte. Seine Irritation wuchs, als sich le Pierrot dicht vor ihm aufbaute und ihm in einer fast kameradschaftlichen Geste die Hand schwer auf die Schulter legte.
    »Warum«, erkundigte sich der Inspektor, und Raven glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen, »haben Sie mir denn, um alles in der Welt, nicht gleich gesagt, dass Sie mit meinem alten Kumpel Card befreundet sind?« Und dabei schüttelte er missbilligend den Kopf.
    »Card? Ach, den habe ich letztes Jahr auf einer Fachtagung in Hamburg kennengelernt. Wir haben unwahrscheinlich lange und viel zusammen gefressen und gesoffen, und außerdem waren wir beide hinter einer deutschen Kollegin her, einer Kommissarin Burger vom SOKO 5113.« Le Pierrots zerknautschte Miene verzog sich zu einem breiten Lächeln. »Ich hab das Rennen gemacht.«
    Das konnte sich Raven allerdings vorstellen. Le Pierrot gehörte zwar sicherlich nicht zu den schönsten Exemplaren der Untergattung »Mann«, aber gegen den kleinen, kugelrunden Giftzwerg Card war er ein wahrer Adonis, wie Raven bei einem raschen Blick über den Rand eines Glases mit Mineralwasser hinweg feststellte.
    Sie saßen immer noch in dem Büro, in dem Raven sein »bain de siege chaud« - sein heißes Sitzbad - genommen hatte. Inzwischen war der Raum allerdings gelüftet worden, man hatte ihm erlaubt, eine Viertelstunde auf und ab zu gehen, um seinen malträtierten Kreislauf wieder in Schwung zu bringen, und ein Kissen für die Berührungsfläche zwischen Holzstuhl und Hinterteil war ihm auch zugestanden worden. Irgendwie wirkte das Verhörzimmer dadurch gleich erheblich freundlicher.
    Und auch die Information, dass sich Melissa einer ähnlichen Verbesserung ihrer Lage erfreute, hatte in nicht geringem Maße zu Ravens neuem Wohlbefinden beigetragen.
    »Wieso haben Sie eigentlich bei Scotland Yard angerufen?«, erkundigte sich Raven, während er sich behaglich zurücklehnte. Ein zweites Kissen im Rücken wäre nicht übel gewesen, aber alles konnte man schließlich nicht haben.
    »Weil ich Nachforschungen über Ihren und Miss McMurrays Leumund anstellen wollte«, erklärte ihm le Pierrot. Sein Lächeln wurde noch breiter. Raven rechnete jeden Augenblick damit, dass es rechts und links über die Ohren hinausging. »Durch einen Zufall kam meine Anfrage einem Beamten

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