Raven - Schattenreiter (6 Romane)
erstarren.
Raven drehte sich vorsichtig um. Das Geräusch wiederholte sich. Ein leises, zaghaftes Schaben, das an das Schleifen von Metall auf Stein erinnerte und ihn unerklärlicherweise beunruhigte. Seine Augen suchten angestrengt das Dunkel im hinteren Teil der Höhle ab.
Raven fuhr mit einem entsetzten Keuchen zurück, als er sah, was das Geräusch verursacht hatte ...
Er hatte geglaubt, es hier nur mit den Schattenreitern und ihrem geheimnisvollen Herrscher zu tun zu haben. Aber das war ein Irrtum.
Das Schattenland hatte noch andere Bewohner.
Und er stand einem von ihnen gegenüber ...
Zu Anfang hatte sie sich gegen den Griff der schwarzen Giganten gewehrt. Aber sie hatte schnell eingesehen, wie sinnlos das war. Die Schattenreiter mochten den Großteil ihrer Macht eingebüßt haben, aber sie waren einem normalen Menschen noch immer hoffnungslos überlegen.
Janice stieß ein leises Wimmern aus, während die vier riesigen Dämonen sie durch den Korridor schleiften. Sie erinnerte sich nur schemenhaft daran, wie sie hierhergekommen war. Die Reise durch das seltsame Zwischenreich, das hinter dem magischen Tor gewartet hatte, war von Schmerzen und einem Gefühl intensiver Kälte erfüllt gewesen. Danach waren sie in eine große, von unirdischem roten Licht erfüllte Halle gelangt, von der zahlreiche Gänge und Korridore abzweigten. Janice hatte versucht, sich den Weg bis hierher zu merken, aber die Dämonen hatten sie durch ein wahres Labyrinth von Gängen, Hallen und großen, leeren Räumen geführt. Sie hatte bereits nach wenigen Augenblicken die Orientierung verloren.
Seltsam war, dass sie bisher auf kein lebendes Wesen gestoßen waren. Das gigantische unterirdische Labyrinth schien vollkommen ausgestorben zu sein. Ein muffiger, abgestandener Geruch strömte aus Decke und Wänden, und die Luft schmeckte bitter und verbraucht. Janice fühlte sich unwillkürlich an das Innere einer riesigen Gruft erinnert. Aber in der zollstarken Staubschicht auf dem Boden waren die Spuren zahlreicher Füße, und von irgendwoher drang ein leises, monotones Dröhnen. Flackernder, roter Lichtschein erhellte die Gänge.
Die Schattenreiter erreichten eine wuchtige Holztür am Ende des Ganges und blieben stehen. Janice spürte, wie sich der Griff um ihre Handgelenke verstärkte.
»Keinen Laut jetzt!«, zischte der Dämon. »Du redest nur, wenn du angesprochen wirst. Verstanden?«
Janice nickte mühsam. Seit die Unheimlichen sie aus der Pension entführt hatten, war jeder Widerstand in ihr erloschen. Sie wusste, dass Gegenwehr hier, im ureigensten Reich der Dämonen, sinnlos war.
Der Dämon ließ ihr Handgelenk los und stieß sie grob vor sich her. Das Holztor öffnete sich lautlos, als sie darauf zutraten. Dahinter lag eine riesige, von einer Handvoll rußender Fackeln nur unzureichend erleuchtete Halle. Der Boden war mit kostbarem Mosaik ausgelegt, und an den Wänden reihten sich große, minutiös gearbeitete Reiterstatuen aneinander.
Aber an all dies verschwendete Janice nur einen flüchtigen Blick. Ihre Konzentration wurde völlig von der Gestalt im Hintergrund der Halle gefangen genommen. Sie konnte ihr Gesicht durch die große Entfernung nicht deutlich erkennen, aber selbst sie schrak zusammen, als sie ihre Augen sah.
»Tritt näher, Janice Land«, sagte der Assassine.
Janice zögerte, aber ein harter Fauststoß in den Rücken ließ sie vorwärtstaumeln. Sie stieß einen Schmerzensschrei aus, stolperte ein paar Schritte auf den Thron des Alten zu und fiel auf die Knie. Hinter ihr erklang dumpfes, schadenfrohes Gelächter.
Der Assassine sorgte mit einer kaum merklichen Handbewegung für Ruhe.
»Schweigt«, sagte er. »Es gibt keinen Grund für euch zu lachen. Ihr habt versagt, schändlich versagt. Ich habe euch ausgeschickt, einen einzelnen Mann zu töten. Einen einzelnen verwundbaren Menschen. Dreizehn von euch sind ausgezogen, und nur vier kommen zurück - ohne die gestellte Aufgabe gelöst zu haben.
Er sprach nicht einmal laut. Aber der Tonfall, in dem er die Worte hervorbrachte, ließ Janice schaudern.
»Es war nicht unsere Schuld, Herr«, sagte einer der Dämonen kleinlaut. »Wir ...«
»Schweig, habe ich gesagt!«, donnerte der Assassine. Er stand mit einem Ruck aus seinem Sitz auf und funkelte die Schattenreiter wütend an. Janice konnte jetzt erkennen, dass er fast so groß wie seine dämonischen Diener war.
Sie versuchte, ihr Entsetzen für einen Augenblick zu vergessen, und zwang sich, den Assassinen
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