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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verpackten Gegenstand, der auf dem Tisch lag. »Offenbar hat er damit gekämpft.«
    »Ein - Schwert?«, fragte Raven ungläubig.
    Card nickte. »Ja. Ich verstehe nichts von Waffen, aber so zerschrammt, wie das Ding aussieht, müssen er und sein Mörder sich mit Schwertern geschlagen haben. Verrückt.« Er kniff die Augen eng zusammen, trat einen Schritt zurück und musterte Raven misstrauisch. »Aber vielleicht wissen Sie ja mehr«, sagte er lauernd.
    Raven schüttelte den Kopf. »Kaum. Ich habe höchstens zehn Minuten mit ihm gesprochen, und ...«
    »Sie wissen, dass Sie sich strafbar machen, wenn Sie Informationen zurückhalten«, unterbrach ihn Card kalt.
    Raven zog eine Grimasse. »Ich weiß wirklich nicht viel, Inspektor. Und das, was er mir erzählt hat ... Sie würden mir kein Wort glauben.«
    Card grinste humorlos. »Lassen Sie das meine Sorge sein. Also?«
    Raven zögerte. »Ich glaube, er war nicht mehr ganz richtig im Kopf ...«
    »Das können Sie auch meine Sorge sein lassen.« Auf Cards Gesicht erschien ein ungeduldiger Ausdruck. »Hören Sie mit den Spielchen auf, Raven! Dafür haben wir keine Zeit. Erzählen Sie!«
    »Bitte, wenn Sie darauf bestehen ...« Sie setzten sich auf zwei der wenigen nicht zerstörten Möbelstücke, und Raven erzählte dem Inspektor die ganze Geschichte. Er sah, wie das Misstrauen im Gesicht Cards beinahe mit jedem Satz wuchs, aber zu seiner Verwunderung unterbrach ihn Card kein einziges Mal.
    Als Raven mit seinem Bericht fertig war, nickte der Inspektor nachdenklich. »Das würde ganz zu dem Bild passen, das ich mir von Pendrose gemacht habe«, murmelte er. »Die Leute hier im Haus wussten auch nicht viel über ihn, aber nach dem Wenigen, das ich in Erfahrung bringen konnte, schien er ein ziemlicher Sonderling zu sein. Schattenreiter, sagten Sie?«
    Raven lächelte unglücklich. »So nannte er es.«
    Card stand auf. »Kommen Sie, Raven!«
    Sie verließen das Apartment und traten wieder auf den Flur hinaus. »Ich möchte Ihnen etwas zeigen«, sagte Card, während sie in Richtung Treppenaufgang gingen. »Sehen Sie sich den Teppich an.«
    Der schwere, kostbare Treppenbelag war verschmutzt und zerrissen. Eine breite, zertrampelte Spur führte von der Treppe zu Pendroses Apartment und wieder zurück.
    Aber das war es nicht, was Ravens Aufmerksamkeit erregte. Inmitten der zerschlissenen, zertrampelten Spur war groß und deutlich ein einzelner blutiger Abdruck zu erkennen.
    Der Abdruck eines Pferdehufes.
    Die ersten Sonnenstrahlen krochen zaghaft über den Horizont und vertrieben das Grau der Dämmerung. Unten, in dem riesigen, grauschwarzen Meer der Stadt, die sich wie ein ungeheures Puzzlespiel bis zum Horizont erstreckte, erloschen die ersten Lichter. London erwachte. Eine so gigantische, komplexe Stadt wie London schlief niemals wirklich, sie verfiel höchstens in den ersten Morgenstunden in einen leichten, kurzen Schlummer, aber unter der dünnen, trügerischen Decke des Schweigens pulsierte das Leben unablässig weiter.
    Jeffrey stand am Fenster, starrte auf die erwachende Stadt hinunter und versuchte, an nichts zu denken. Durch die geöffneten Lüftungsschächte unter der Decke strömte eisige, erfrischende Morgenluft herein, aber auch die Kälte vermochte den dumpfen Druck in seinem Kopf nicht zu lindern.
    Jeffrey hatte in dieser Nacht kaum Schlaf gefunden. Er hatte sich unruhig auf dem Bett hin und her geworfen, die Decke angestarrt und versucht, das Chaos hinter seiner Stirn zu beruhigen. Seine Gedanken waren immer wieder zu dem schlafenden Mädchen im Gästezimmer nebenan zurückgekehrt. Jedes Mal, wenn er die Augen schloss, sah er ihr Gesicht wieder vor sich. Den glücklichen, zufriedenen Ausdruck, den Glanz kindlicher Freude in ihren Augen.
    »Carol ...« Er hatte ihren Namen tausendmal hintereinander geflüstert. Aber das hatte auch nichts geholfen. Im Gegenteil - beim Klang ihres Namens stieg ein seltsames, warmes Gefühl in ihm auf, etwas, das er noch nie erlebt hatte und für das er keine Worte fand.
    Liebe?
    Wenn die Situation nicht so grausam gewesen wäre, hätte er gelacht. Er hatte sich ausgerechnet in sein Opfer verliebt.
    Aber das war nicht lustig. Ganz und gar nicht.
    Er wandte sich vom Fenster ab, ging mit zögernden, schleppenden Schritten durch das Zimmer und stützte sich schwer auf die Bar. Der silberne Opferdolch an der Wand schien ihn höhnisch anzugrinsen.
    Langsam, wie unter einem inneren Zwang, umrundete er die Theke, nahm den Dolch von der Wand

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