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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Er beugte sich vor, legte die Hand auf McCennahs Schulter und presste ihm langsam, aber unbarmherzig den Daumen unter das Schlüsselbein. McCennah wand sich unter Stones Griff. Aber gegen die Kraft des jüngeren und stärkeren Mannes kam er nicht an.
    »Hören Sie zu, McCennah«, sagte Stone leise. »Wir haben noch ungefähr eine Minute. So lange können Sie es sich überlegen. Wenn Sie nicht mitspielen, versuche ich es selbst. Und es ist mir vollkommen gleichgültig, ob sich ein paar der alten Tanten da hinten die Knochen brechen, wenn ich das Ding zum Stehen bringe. Haben Sie das verstanden?«
    McCennah nickte. Der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen. Stone zog seine Hand zurück, stieß ihn grob nach vorne und beobachtete misstrauisch jede seiner Bewegungen.
    »Versuchen Sie es nicht«, sagte er, als er McCennahs sehnsüchtigen Blick zum Mikrofon bemerkte, mit dem er auch mit der Zentrale Kontakt aufnehmen konnte. »Waldo würde Sie töten, bevor Sie den entsprechenden Schalter getätigt haben.«
    McCennah resignierte endgültig. Er verstand nicht, was hier vorging, was das alles zu bedeuten hatte und was Stone und sein geheimnisvoller Begleiter bezweckten, aber er wollte es mit einem Mal auch gar nicht mehr verstehen. Alles, was er wollte, war, lebend hier herauszukommen. Er war kein Held, und er hatte nie Ambitionen gehabt, einer zu sein.
    Gehorsam nahm er die Geschwindigkeit zurück und drückte sacht auf die Bremse. Die Metallräder des Zuges quietschten leise, als das Fahrzeug an Tempo verlor und schließlich an der bezeichneten Stelle zum Stehen kam.
    Stone nickte zufrieden. »Gut«, sagte er. »Jetzt steigen Sie aus, und stellen Sie die Weiche um! Und beeilen Sie sich!«, fügte er mit einem hässlichen Grinsen hinzu. »Sie wissen ja - fünf Minuten.«
    »Welche - welche Weiche?«, fragte McCennah.
    Stones Gesicht verfinsterte sich. »Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie ohnehin sind, McCennah«, zischte er. »Sie wissen genau, von welcher Weiche ich spreche. Sie werden den Zug auf das alte Nebengleis fahren.«
    »Aber das geht nicht!«, keuchte McCennah entsetzt. »Der Eingang ist verschlossen, und ich weiß nicht, ob die Schienen überhaupt noch in Ordnung sind und ...«
    Stone schnitt ihm mit einer ungeduldigen Handbewegung das Wort ab. »Die paar Bretter werden den Zug kaum aufhalten«, sagte er. »Und wenn die Schienen nicht mehr okay sind, merken wir das spätestens, wenn der Zug entgleist. Und jetzt gehen Sie endlich. Es sind nur noch viereinhalb Minuten.«
    McCennah erhob sich zögernd aus seinem Sitz, streckte die Hand nach der Türklinke aus und blieb stehen.
    »Gehen Sie schon«, sagte Stone aufmunternd.
    »Sie - kommen nicht mit?«
    Stone grinste. »Warum sollten wir das tun? Sie könnten uns zwar davonlaufen, aber Sie werden es nicht tun. Damit würden Sie nämlich zweihundert Menschen zum Tode verurteilen, nicht?«
    McCennah starrte den Jüngeren fünf, zehn Sekunden lang wortlos an, dann öffnete er die Tür und sprang aus dem Zug. Stone hatte Recht, natürlich. Er konnte davonlaufen, aber dann würde der Zug, der in fünf Minuten auf demselben Gleis herangebraust kam, mit voller Geschwindigkeit auf seinen Zug auffahren. Die Folgen wären nicht auszudenken.
    Er drückte sich an dem kalten Metall des U-Bahn-Zuges vorbei, blinzelte, als er in den Lichtkegel des Scheinwerfers hinaustrat, und ging gebückt über die ausgefahrenen Schwellen nach vorne. Er fand die Weiche auf Anhieb. Der Zug war keine zwanzig Meter davor zum Stehen gekommen. Die Abzweigung wurde seit beinahe zwanzig Jahren nicht mehr benutzt und war fast nicht mehr als ein unförmiger, zusammengerosteter Klumpen.
    McCennahs Herz schien einen schmerzhaften Sprung zu machen, als er sah, in welchem Zustand sich die Weiche befand. Der geradeaus führende Schienenstrang war glatt und glänzend, von unzähligen darüber hinweggerasten Zügen poliert, aber das nach rechts abzweigende Gleis hatte nicht einmal mehr Schrottwert. Und trotzdem musste er es versuchen.
    Er kniete nieder, rüttelte einen Moment mit bloßen Händen an der Schiene und hastete dann wieder zum Zug, um eine Brechstange zu holen. Als er wieder zurück war, war fast die Hälfte seiner Frist verstrichen.
    McCennah stemmte das Brecheisen zwischen die eingerosteten Schienenstränge, rüttelte ein paarmal daran und legte sich dann mit aller Gewalt dagegen. Das Metall knirschte hörbar. Er ließ los, schöpfte Atem und versuchte es ein zweites Mal. Diesmal spürte

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