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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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konzentrieren.«
    »Glaubst du, an der Sache ist was dran?«, fragte Janice.
    Raven zuckte mit den Achseln. »Woher soll ich das jetzt schon wissen?«, fragte er. »Card wäre kaum zu mir gekommen, wenn er keinen begründeten Verdacht hätte, aber vielleicht ist alles ganz harmlos. Vielleicht treffen wir auch wieder auf ein hübsches kleines Gespenst«, fügte er grinsend hinzu.
    Janice schien über den Witz gar nicht lachen zu können. »Du solltest den Beruf wechseln«, schlug sie vor.
    »So? Und was schlägst du vor?«
    »Die Auswahl ist beträchtlich«, erklärte Janice ernsthaft. »Da wäre zum einen Gespensterjäger. Oder Wünschelrutengänger. Spezialist für Vampire und Werwölfe ...«
    »Dein Hohn hilft mir auch nicht«, unterbrach sie Raven böse. »Statt über deinen armen, vom Schicksal geschlagenen Verlobten zu spotten, solltest du ...«
    Er brach ab, als das Telefon vor ihm schrillte. Automatisch hob er die Hand, nahm den Hörer aber noch nicht ab, sondern sah Janice einen Augenblick lang stirnrunzelnd an.
    »Wer ist es?«, fragte er. »Ich nehme noch Wetten an. Perkins? Meine Bank? Oder der Gerichtsvollzieher?«
    »Nimm ab, und du weißt es«, sagte Janice seufzend.
    Raven grinste, wartete bis zum dritten Läuten und nahm den Hörer dann mit spitzen Fingern auf. Er meldete sich und hörte dann wortlos zu.
    Aber sein Gesichtsausdruck wurde von Sekunde zu Sekunde finsterer.
    Als er auflegte, wirkte er sehr nachdenklich.
    »Nun?«, fragte Janice. »Wer war es? Perkins? Oder ein Gläubiger?«
    Raven schüttelte den Kopf.
    »Weder noch«, antwortete er. »Es war Card.«
    »Ist etwas passiert?«
    Raven nickte. »Hillary ist verschwunden.«
    »Hillary? Sir Anthonys Tochter?«
    »Ja. Und nicht nur sie. Er ist noch dabei, die übrigen Adressen abzuklappern, aber es sieht aus, als wären sie alle weg. Jeder, der damals dabei war.«
    Der U-Bahnhof Central Station war - wie jeden Morgen zu dieser Zeit - hoffnungslos überfüllt. Trotz der sprichwörtlichen englischen Disziplin drängten sich die Leute in drei-, vierfach gestaffelten Reihen an der Bahnsteigkante, und die Züge, die in Abständen von fünf Minuten ein- und wieder ausliefen, vermochten die Menge der Fahrgäste gar nicht so schnell aufzunehmen, wie sie sich wieder auffüllte.
    Das schlechte Wetter hatte so manchen, der normalerweise mit dem Wagen zu seinem Arbeitsplatz fuhr, dazu bewegt, auf die Underground umzusteigen, und das Ergebnis war, dass das Transportsystem - wie so oft - kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen schien. Aber wie durch ein Wunder schafften es die Züge immer wieder, der drohenden Katastrophe im buchstäblich letzten Moment Herr zu werden.
    Chester McCennah sah zum soundsovielten Mal an diesem Morgen auf seine Armbanduhr, verglich den Stand der Zeiger mit dem der großen Normalzeituhr über dem Nordausgang und rümpfte die Nase. Er hatte seinen Dienst vor nicht ganz einer Stunde angetreten, aber er fühlte sich bereits jetzt erschöpft und zerschlagen wie nach einem Zwölf-Stunden-Tag. Sein einziger Trost war, dass sich die Rushhour allmählich ihrem Ende näherte.
    Diese Tour, schätzte er, würde noch schlimm werden, aber wenn er das nächste Mal an dieser Haltestelle vorbeikam, war das Ärgste überstanden. Das Vergnügen mit dem abendlichen Rückreiseverkehr würde sein Kollege von der Spätschicht haben.
    McCennah blickte in den Rückspiegel, überzeugte sich davon, dass alle Türen des Zuges geschlossen waren, drückte auf den Schalter der Zentralverriegelung und schob den Fahrtenregler nach vorne. Die Beleuchtung der U-Bahn flackerte kurz, dann setzte sich der Zug mit einem kaum spürbaren Ruck in Bewegung. Der grelle Kegel des Scheinwerfers riss einen blendend weißen Streifen aus der Dunkelheit, als der Zug den Bahnhof verließ und in den Tunnel eindrang.
    McCennah steigerte das Tempo weiter, nahm die Hand vom Regler und ließ sich mit einem erleichterten Seufzer zurücksinken. Was jetzt kam, war die längste ununterbrochene Etappe seiner Tour - acht Minuten rasender blinder Fahrt durch die nachtschwarzen Tunnel tief unter den Straßen Londons, bis der Zug in den nächsten Bahnhof einlaufen würde. Danach noch neun Stationen - dichter hintereinander und auch nicht so stark frequentiert wie die, die er bisher passiert hatte - und er konnte den Zug durch die Wendeschleife lenken und die Rückfahrt antreten.
    Ein schleifendes Geräusch riss McCennah aus seinen Gedanken. Er drehte sich halb im Sitz um, runzelte verwundert die

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