Raven (Shadow Force) (German Edition)
Sie schlossen Wetten ab, wie lange er das Waterboarding überstehen würde. Nicht mehr lange, er selbst hätte kein Pfund auf sich gesetzt. Raven hatte noch immer nicht herausfinden können, wer die Gegner waren und was sie genau wollten. Er tippte darauf, dass es sich bei ihnen um keinen ausländischen Geheimdienst, sondern um eine freie Söldnertruppe handelte. Eine Söldnertruppe, die sich an den meistbietenden Kunden verkaufte. Regierung oder Privatpersonen. Wenn der Gewinn groß genug war, würden sie wahrscheinlich alles tun. Aber natürlich konnte er sich irren und er war in die Hände der Al Kaida, des libyschen Geheimdienstes oder sonst wem gefallen. Tränen liefen aus seinen brennenden Augen, als er erneut heftig würgen musste und das Gefühl hatte, seine Lungen würden platzen. Seine Peiniger antworteten johlend mit einem weiteren Schwall Wasser. Raven kämpfte gegen die Fesseln und glaubte, zu ertrinken. Sein Körper zitterte und bäumte sich immer wieder auf. Die Soldaten schrien jetzt durcheinander und erhöhten ihre Einsätze. Er japste und keuchte wild und meinte, seine tränenden Augen müssten aus den Höhlen quellen. Irgendwann hielt er den Atem an und simulierte, das Bewusstsein verloren zu haben. Etwas Besseres mochte ihm in dieser Situation nicht einfallen. Und tatsächlich. Endlich ließen sie von ihm ab und lösten seine Fesseln, um ihn wieder zurück in seine Dunkelzelle zu tragen. Einer der Soldaten trat nach ihm und gluckste boshaft. Raven biss die Zähne zusammen, um nicht zu schreien. Schließlich packten ihn zwei Männer und zogen ihn wie einen Müllsack hinter sich her den Gang entlang. Seine Beine schleiften über den harten Boden und schrammten auf. Das war eine Chance, minimal, aber vorhanden. Die anderen verteil t en vielleicht gerade ihren Wetteinsatz und waren abgelenkt.
Jetzt oder nie.
Alles in seinem Körper spannte sich. Mit einem wilden Wutschrei warf er sich auf die Männer. Er würde sie umbringen. Oder sie zwingen, ihn endlich zu töten. Vielleicht war das die beste Lösung, aber er würde es ihnen nicht leicht machen. Wenn er untergehen würde, dann mit wehenden Fahnen. Für einen Moment waren die Kerle überrumpelt. Den Ersten hatte er fest gepackt und schleuderte den massigen Körper mit aller Kraft gegen die Wand. Der Mann ging in die Knie und stöhnte, doch schnell hatte er sich wieder aufgerafft und rannte gegen Raven an wie ein wilder Stier. Er wehrte die Schläge seines Kontrahenten ab und gab ihm mehrere gezielte Hiebe und Kinnhaken. Der Typ war stark, aber Raven entschlossener, hatte er doch nichts mehr zu verlieren. Alles musste schnell gehen, sonst würden die anderen zu früh aufmerksam werden. Der zweite Soldat umklammerte seine Kehle von hinten mit einem knallharten Würgegriff, doch Raven benutzte ihn als Stütze, dem Kerl vor ihm mit beiden Beinen nacheinander gezielte Tritte gegen Magen und Kopf zu geben, bis der bewusstlos in sich zusammenbrach. Mit aller Macht und schwer keuchend drängte er nun seinen zweiten Angreifer rückwärts und sie stürzten durch eine Glastür, die in tausend Scherben zersplitterte. Raven wurde in den hell erleuchteten, steril wirkenden Raum geschleudert und prallte gegen einen Tisch voller aufwendige r Apparaturen , die chemischen Versuchen dienen mochten. Ein e klare Flüssigkeit übergoss ihn, drang in seine Kehle. Raven würgte. Als der zweite Soldat erschrocken das Weite such t e , ahnte er, dass dieses Zeug nicht ungefährlich war. Vielleicht sogar giftig und tödlich. Alarmsirenen schrillten und rotes Warnlicht flackerte durch die Flure. War sein Schicksal besiegelt? Schaffte diese Flüssigkeit das, was seine Folterer nicht geschafft hatten? Schon hörte er aufgeregte Stimmen aus den Gängen.
Sie kamen, ihn zu holen …
„Raven?“
Eine Frauenstimme. Woher kam sie? Er blickte sich hektisch um und glaubte, dass ihm der Schädel bersten müsste. Ihm war schwindelig. Wild schlug er um sich und schien gegen mächtige Schatten zu kämpfen.
„Raven, bitte wach auf!“ Wieder die Stimme.
Wie kam eine Frau hierher in diese verdammte Hölle? Oder war das ein Trick? War er wahnsinnig geworden? Von irgendwoher kam das helle Licht. Jemand schlug ihm fest ins Gesicht, und als er die Augen erneut aufriss, waren die Soldaten, die Schatten und selbst der Ort seiner Qualen verschwunden. Er blickte in die wasserblauen und vor Schreck weit geöffneten Augen einer blond gelockten Frau. Lianne. Franks Schwester. Wie zum Teufel? Nur
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