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Ravinia

Titel: Ravinia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Freundschaft nahezu verschwendet wird«, fügte er noch hinzu. »Daher sei gewiss, dass ich ihn mit Bedacht verwende!«
    Und eine wohlige Wärme breitete sich im Herzen von Lara McLane aus, deren Leben nicht so verlaufen war, wie sie es sich erträumt hatte. Ja, die alte Generation mochte ihre Fehler gemacht und ihre Breschen in die Herzen der folgenden Generationen geschlagen haben, aber wenn man unter seinen Leuten war, wusste man, dass einem aufgeholfen würde, egal wie oft man den Versuch unternahm, aufzustehen.
    Es war das zweite Freundschaftsversprechen an diesem Tag. Die Dinge begannen sich zu verwandeln, begannen, den eigenen Blick schärfer werden zu lassen.
    Ansatzlos umarmte sie Tom. Und auch wenn dieser erst überrascht zuckte, so legte er schließlich seinen nassen Arm um Lara.
    Obwohl die Zeiten schwer waren, hatte sie an diesem Tag einen ganzen Berg an Freundschaft zugesichert bekommen, und es tat gut, dies zu wissen. Es tat gut, den Arm des unnahbaren Tom um die Schulter zu spüren. Es tat gut, Lee lächelnd neben sich zu wissen. Es tat gut, dass der Rabe vergnügt krächzte.
    Sie wussten alle noch nicht, wie sehr sie dieser Bande schon sehr bald bedurften. Früher schon, als ihnen lieb sein konnte.

    Menschen ändern sich nicht über Nacht.
    Aber es wäre ja auch vermessen, etwas in dieser Art zu erwarten.
    Tom für seinen Teil trank seinen Kaffee am späten Frühstückstisch, blass und still wie immer, während er in einer Ausgabe des Rabenblattes blätterte.
    Â»Die Zeitung erscheint einmal die Woche und berichtet über alle sinnvollen und sinnlosen Dinge, die in Ravinia geschehen«, hatte er Lara erklärt. »Und wenn du einmal einem ihrer Reporter begegnen solltest: Lauf! Ansonsten weiß am Ende die ganze Stadt, was du letzten Dienstag zum Frühstück gegessen hast.«
    Vor Tom langweilte sich eine angebissene Scheibe Toast auf dem Teller, an der gelegentlich lustlos weitergeknabbert wurde. Seinen Mantel hatte Tom schon angezogen, als Lara aus dem Bad kam. Ihr Kopf brummte noch von den Gedanken des gestrigen Tages, aber sie hatte gut geschlafen. Es ist schon erstaunlich, wie gut man selbst in schweren Zeiten zu schlafen vermag, wenn man sich geborgen weiß.
    Â»Guten Morgen«, begrüßte Lara Tom und den Tag, dessen Wetter nicht bedeutend besser war als das seines Vorgängers.
    Tom blickte von seiner Zeitung auf und dann wieder hinein.
    In gewisser Weise war Lara erleichtert über diese Reaktion, denn sie zeigte ihr, dass Tom wieder normal war.
    Sie schnappte sich eine der gerösteten Toastscheiben und löffelte Orangenmarmelade darauf.
    Â»Was tun wir heute? Bibliothek?«
    Tom blickte erneut auf, schüttelte aber den Kopf.
    Â»Nein«, sagte er. »Wir gehen Milton St. James besuchen – auch wenn er uns vielleicht nicht ganz freiwillig empfangen wird. Wir müssen versuchen, so viel wie möglich über die Sturmbringer in Erfahrung zu bringen.«
    Â»Der alte Meister von Ma’Haraz?«
    Â»Genau der«, bestätigte Tom. »Du hast gut aufgepasst die letzten Tage.«
    Â»Was blieb mir anderes übrig!«
    Â»Auch wieder wahr.«
    Â»Warum will er uns nicht sehen?«
    Â»Weil diejenigen Meister, deren Schüler sie damals verraten haben, ein wenig zerstreut geworden sind; wenn das der richtige Ausdruck dafür ist.«
    Â»So wie Baltasar?«
    Â»Was?«
    Â»In dem Tagebuch stand, dass er lange nicht gearbeitet hat, nachdem Ruben sich offen zu Roland Winter bekannt hatte.«
    Tom überlegte.
    Â»Stimmt«, sagte er schließlich. »Allerdings ist das nicht unverständlich, oder? Winter ist ein egozentrischer Sadist. Wenn man sich für jemanden verantwortlich fühlt – wie es ein Meister in Bezug auf seinen Schüler für gewöhnlich tut –, wäre es auch für mich ein ganz schöner Brocken, wenn sich dieser vermeintliche Schützling plötzlich offen zu einem Aufrührer bekannte.«
    Â»Du wusstest, dass Ruben Baltasars Lehrling war?«, fragte Lara vorsichtig nach.
    Â»Ich hatte eine Ahnung. Er hat nie darüber gesprochen.«
    Â»Du hast sicherlich auch nicht gefragt.«
    Â»Nein. Ist nicht meine Art.«
    Â»Kann ich mir denken.«
    Schweigen.
    Schweigen.
    Â»Du hast meine Eltern kennengelernt, oder?«
    Jetzt legte Tom die Zeitung beiseite. Sein öffentlich zur Schau gestelltes

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