Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ravinia

Titel: Ravinia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
Vom Netzwerk:
Schienbein.
    Vor Schreck ließ Lee los, bekam aber gerade noch so eine Hand in den Türrahmen und riss die Tür mit aller Gewalt auf, stieß Lara zurück und zog die Tür hinter sich zu.
    Â»Idiot«, sagte Lara noch, während sie durch den Zusammenprall aufs Pflaster gestoßen wurde.
    Â»Wer?«, fragte Lee. »Du oder ich?«
    Ein gedämpfter Aufprall ertönte, als Laras Kopf gegen die Häuserwand stieß. Gefolgt von einem ohnehin schon erschöpften Stöhnen, das neben der Anstrengung des Tages auch dem Schlag gegen die Wand gerecht wurde.
    Â»Also gut, wo sind wir hier? Wieso sind wir hier und wieso –«, stürmte Lee mit Fragen auf sie ein.
    Aber da merkte er, dass Lara ihm schon nicht mehr zuhörte, sondern einfach in einer Mischung aus Erschöpfung und Ohnmacht an der Wand hinuntergesackt war.
    Wenn Lee eines nicht war, dann unentschlossen. Und so traf er einen folgenschweren Beschluss: Er musste Hilfe holen.

    Wie bunt das Schicksal doch von Zeit zu Zeit würfeln kann.
    Lara schlug die Augen auf und starrte an die Decke. Warum an eine Decke?
    Sie sah sich um und bemerkte, dass sie in einem Bett lag. Eingehüllt in raue Wolldecken. Mehrere Petroleumlampen erleuchteten einen kleinen Raum, in dessen Halbdunkel sich etwas bewegte. Raschelnd.
    Â»Ah, Mädchen«, machte eine krächzende Frauenstimme.
    Lara schrak hoch.
    Eine dunkle Frau schritt durch den Raum zu ihr hinüber. Ja, dunkel war sie, denn ihre Haut war schwarz wie Öl. Sie war nicht einmal besonders alt, aber ihre Stimme war es.
    Â»Wie geht es dir?«, wollte sie wissen und hockte sich neben das Bett, in dem Lara saß.
    Â»Gut. Äh, das heißt, gar nicht so schlecht. Wo bin ich? Und wer sind Sie?«
    Die Frau grinste zufrieden und entblößte dabei eine Reihe schief gewachsener, aber blendend weißer Zähne.
    Â»Du bist in Sicherheit. Du bist im Rondell.«
    Â»Im Rondell?«
    Interessiert musterte die Frau sie. Sie legte den Kopf schief, wie ein neugieriger Hund. Mehrere Ketten mit seltsamen Symbolen und Holzfigurinen klimperten um ihren schlanken Hals. Lara schätzte sie ungefähr auf dreißig. Vielleicht war sie auch älter. Ihre Stimme musste mindestens doppelt so alt sein.
    Â»Das Rondell ist in gewisser Weise das Herz von Ravinia. Zumindest bin ich dieser Meinung. Das, was die Stadt ausmacht, oder das, was sie ausmachen sollte, befindet sich hier«, sagte sie verschwörerisch.
    Dann nahm sie ein Stück weiße Kreide zur Hand und malte etwas Krakeliges auf den hölzernen Bettrand, nur um an anderer Stelle etwas Ähnliches wegzuwischen.
    Â»Ich heiße Berrie«, flüsterte die Frau, ohne den Blick zu heben. »Du darfst mich so nennen, denn du hast in meinem Bett geschlafen. Für den Rest der Welt bin ich die Kreidefrau.«
    Â»Die Kreidefrau?«
    Â»Fragst du immer so?«
    Â»Wie?«
    Â»Na ja, jemand sagt etwas wie: Ich mache jetzt Pfannkuchen, und du stellst eine Gegenfrage und sagst: Pfannkuchen? «
    Â»Entschuldigung.«
    Das Grinsen mit den schiefen Zähnen huschte erneut über Berries Gesicht.
    Â»Macht nichts«, sagte sie. »Aber vielleicht solltest du dich nicht für dümmer verkaufen, als du bist. Wie wäre es von Zeit zu Zeit mit einem Bluff? Wenn du merkst, dass du tatsächlich nicht mitreden kannst, fragst du nach.«
    Â»Klar, aber was sollte das bringen?«
    Â»Du zeigst keine Schwäche«, war die knappe Antwort.
    Dunkelgrüne Augen senkten ihre Blicke tief in Lara hinein. Es war ein wenig wie mit Mama Zamora. Lara seufzte. Gut, zumindest war sie nun wieder in Ravinia. Am besten würde sie versuchen, irgendwie zu Eusebius Lanchester zu gelangen. Etwas anderes fiel ihr nicht ein.
    Berrie stand auf und ging in eine Ecke des Raumes, wo in einer steinernen Vorrichtung einige Kohlen glommen und eine Steinplatte erhitzten, auf der eine Art Kuchen buk.
    Laras Blick wanderte durch den Raum. Er war nicht niedrig, aber gedrungen, weil die Dachschrägen schon am Boden begannen. Alles hing voll mit Talismanen, seltsamen Ketten oder Traumfängern. An die wenigen freien Stellen waren mit Kreide mysteriöse Symbole oder Runen gemalt. Es gab keine Fenster. Das Licht flackerte von diversen Kerzen und Ölfunzeln hinauf oder herab ins Rauminnere. Und über allem lag eine seltsame Spannung, die ein wenig wie knisternde Elektrizität war.
    Â»Der Junge, den du mitgebracht hast, ist

Weitere Kostenlose Bücher