Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ravinia

Titel: Ravinia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
Vom Netzwerk:
schließlich ein. Und sie machten sich auf, zurück in Richtung Bergfried, in dessen Tür nun auch Lee in Lederjacke und mit verschränkten Armen stand, bereit, die neuen Gesichter zu begrüßen.
    Doch während sie über den Hof schlenderten, packte Tom Lara am Ärmel und zog sie zur Seite. Der Anflug eines Lächelns war schon wieder verschwunden von seinem Gesicht.
    Â»Ist was?«, wollte die erstaunte Lara wissen.
    Tom nickte nur.
    Â»Genevas Auge«, meinte er und nickte in Richtung der anderen. »Es ist ernster, als sie uns glauben machen will.«
    Lara schluckte.
    Â»Heißt das …«
    Tom nickte wieder.
    Lara seufzte innerlich. Die Welt war ein Verräter.
    Â»Noch etwas«, fuhr Tom fort.
    Laras Blick weitete sich. Noch mehr schlechte Nachrichten?
    Â»Charles Cooper ist tot.«
    Das saß.
    Lara biss sich auf die Lippe.
    Â»Ich wollte nur, dass du es weißt«, sagte Tom. »Du kannst nichts dafür, und er hat seinen Beruf geliebt.«
    Es klang wie eine Floskel. Der blasse Schlüsselmacher war kein guter Redner. Noch nie gewesen.
    Â»Wie?«, fragte Lara matt.
    Â»Die mechanischen Männer.«
    Mehr brauchte er nicht zu sagen.
    Â»Morgen ist die Beerdigung.«
    Nur das noch. Er drückte Laras Schulter, dann schob er sie weiter, den anderen hinterher.
    Bernsteinfarben wurde zu düsterem Gold. Nein, dies waren keine guten Tage, auch wenn es gerade erst ein Wiedersehen gegeben hatte.

    Es sah nicht gut aus.
    Zumindest nicht wirklich. Sie saßen gemeinsam im Saal der Burg um das Kopfende einer riesigen, verstaubten Tafel und tranken Tee, der ihnen nicht so recht schmecken wollte.
    Lee hörte aufmerksam zu, fragte nach, wenn er einen Zusammenhang nicht verstand. Auch Lord Hester, der in einem großen Holzstuhl mit Armlehnen zusammengesunken am Kopfende saß, hakte ab und an nach. Francesco war mit vielen Verbeugungen und unter tausend Bezeugungen seiner Dankbarkeit gegenüber Lord Hester gegangen, als es noch dunkel war. Der Lord hatte ihr erklärt, dass es daran läge, dass er zum Mondvolk gehörte – was immer das auch hieß. Sie hatten offenbar eine Art Sonnenallergie. Er hatte Henry McLane mitgenommen ins Hospital von Ravinia. Zwar hatte Lara protestiert, war aber von Lord Hester überzeugt worden, dass man sich dort ihres Großvaters am besten würde annehmen können.
    Lee seinerseits war geblieben. Er suchte noch immer nach seiner Rolle in dieser Geschichte.
    So bekamen sie nun geschildert, was im südlichen Böhmen nach Laras Verschwinden geschehen war.
    Mit vereinten Kräften war es den Mitgliedern des Ermittlungsausschusses dort letztlich gelungen, die mechanischen Diener von Ruben Goldstein in ihre Einzelteile zu zerlegen. Dabei war der stets nörgelnde, aber tapfere Mr Cooper ums Leben gekommen, erstochen von einem der mechanischen Biester.
    Ruben Goldstein selbst war die Flucht gelungen. Wie, das hatten sie nicht herausfinden können. Sie hatten die restliche Zeit bis zur Dämmerung gewartet, um den toten Mr Cooper zu Fuß zurück in die Stadt zu schaffen, und von dort aus waren sie zurückgekehrt nach Ravinia.
    Auf Toms Drängen hin hatten sie schließlich Lord Hester eingeweiht und ihn um Hilfe gebeten. Keine Sekunde zu früh, wie sich gezeigt hatte.
    Nachdem sie anschließend im Kommissariat gewesen waren, hatte man notdürftig und mitten in der Nacht den Stadtrat zusammengerufen, um den Räten den Ernst der Lage vorzutragen. Man hatte lange debattiert und letztlich an die Zünfte einige generelle Warnungen erlassen und die Bitte, Auffälligkeiten sofort zu melden.
    Baltasar war dies offenbar nicht genug gewesen, denn er schnaubte verächtlich, während er erzählte.
    Und jetzt saßen sie hier.
    Lara war nun ihrerseits an der Reihe mit der Berichterstattung, was ihr dankenswerterweise von Lee zum Teil abgenommen wurde. Als sie schließlich geendet hatten, senkte sich ein bedrücktes Schweigen über die versammelte Runde. Lara musste schlucken. Charles Cooper war tot. Ihn hatte sie gekannt, lachen gehört. Es war hart.
    Â»Winter ist also frei«, murmelte Baltasar nach einer Weile.
    Ein ratloses Seufzen ging durch den Raum.
    Lee stand auf. Er hatte sich ein Herz gefasst.
    Â»Also, Leute«, begann er. »Ich kenne mich zwar nicht aus, aber anscheinend ist dieser Roland Winter so eine Art Albtraum für diese Stadt.«
    Â»So könnte man es

Weitere Kostenlose Bücher