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Ravinia

Titel: Ravinia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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ausdrücken«, meinte Baltasar missmutig.
    Lee hob den Finger.
    Â»Wenn ihr mich fragt«, meinte er, »dann ist dieser Winter im Moment ein Wrack von einem Menschen. Das, was da aus dem Bild gefallen ist, war eine Ruine. Wenn ich so jemanden im Krankenhaus liegen sähe, dann würde ich denken, dass er nicht mehr lange zu leben hat.«
    Â»Einerlei«, meinte Baltasar. »Er lebt. Und nur das ist wichtig.«
    Tom mischte sich ein.
    Â»Ich glaube, ich weiß, worauf er hinauswill.«
    Seine Blicke kreuzten die von Lee. Gegenseitige Anerkennung gewürzt mit einer Prise Herausforderung huschte vorüber, aber eigentlich viel zu kurz, um es zu greifen.
    Â»Roland Winter ist im Augenblick vielleicht wirklich, wirklich schwach«, fuhr er fort. »Das bedeutet, er kann seine Macht nicht ausspielen, weil er unter seinen körperlichen Gebrechen leidet.«
    Â»Das wäre zu einfach, Tom –«, aber Baltasar wurde unterbrochen.
    Â»Das heißt«, folgerte Lee, »dass der nächste Schritt seiner Komplizen sein wird, ihn von diesen körperlichen Gebrechen zu erlösen. Erst dann hat Winter überhaupt wieder einen Wert für sie.«
    Lord Hester nickte.
    Â»Der Junge hat recht«, meinte er. »Niemand konnte ahnen, wie der Zustand Winters sein würde, wenn man ihn tatsächlich einmal befreien sollte. Also vermute ich, dass die Sturmbringer selbst noch vor dem Problem stehen, wie man Winter seine alte Stärke zurückgeben soll.«
    Â»Wenn diese Vermutung zutrifft«, schlussfolgerte Tom daraufhin, »haben wir ein Zeitfenster, in dem wir versuchen können, den Sturmbringern zuvorzukommen.«
    Jetzt schaltete Lara sich ein.
    Â»Aber was gibt es denn überhaupt für Möglichkeiten, Winter zu heilen? Ich meine, was ist überhaupt mit ihm?«
    Â»Er ist vor allen Dingen gealtert«, erklärte Baltasar. »Furchtbar gealtert.«
    Â»Woher weißt du das so genau?«
    Baltasar zuckte mit den Schultern.
    Â»Du hast es dir doch gewiss schon gedacht«, sagte er dann leise. »Den fälschungssicheren Schlüssel, mit dem Roland Winter letztlich weggesperrt wurde, habe ich gefertigt.«
    Lara erinnerte sich. Berrie hatte das vermutet.
    Baltasar fummelte eine der schwarzen, ägyptischen Zigaretten aus seiner Blechdose und zündete sie an, dann schwieg er beschämt und paffte.
    Â»Wir suchen also einen Weg, der die Jugend in einen Körper zurückbringt«, fasste Lee zusammen.
    Alle Köpfe drehten sich erwartungsvoll in Lord Hesters Richtung.
    Dieser schüttelte jedoch nur traurig den Kopf.
    Â»Die Herren der Raben von Ravinia altern langsamer, da mögt ihr recht haben«, sagte er. »Das liegt an der Magie der Rabenfedern.«
    Er zupfte an seinem dicken Backenbart.
    Â»Aber sie macht nicht jünger«, meinte er und warf einen Blick in die Runde. »Um ehrlich zu sein: Ich habe nicht die leiseste Idee, wonach genau wir suchen.«
    Erneutes Schweigen. Dann war es wieder Lee, der sich zu Wort meldete:
    Â»Dann haben wir keinen Vorteil gegenüber den Sturmbringern«, stellte er fest. »Das heißt sozusagen null zu null . Unentschieden.«
    Â»Würdest du dem Ganzen vielleicht etwas mehr Ernsthaftigkeit beimessen, junger Mann«, nörgelte Baltasar zwischen zwei Zigarettenzügen. Aber Lord Hester winkte ab.
    Â»Er hat recht, guter Baltasar. Er hat vollkommen recht. Es mag naiv klingen oder nicht, aber genau so ist es doch nun einmal. Dabei wäre allerdings festzustellen, dass es nicht null zu null steht, sondern eins zu eins .«
    Alle sahen nun wieder zu Lord Hester. Der grinste schelmisch.
    Â»Na ja, die Stadt hat Winter weggesperrt, und die Sturmbringer haben ihn befreit. Eins zu eins.«
    Baltasar stöhnte genervt auf.
    Â»Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder –«, zitierte Lord Hester, doch Baltasar brummte dazwischen:
    Â»Jaja, ist gut.«
    Ein Lächeln – wenn auch ein etwas nervöses Lächeln – huschte über die Gesichter der Anwesenden.
    Â»Ich schlage also vor«, verkündete Lord Hester, »dass wir uns darum kümmern. Wir besuchen die Zünfte, durchkämmen Bibliotheken, verfolgen Theorien.«
    Â»Sollten wir das nicht lieber dem Kommissariat überlassen?«, fragte Geneva.
    Lord Hester schüttelte den Kopf.
    Â»Erstens ist es sinnvoll, wenn sich nicht ausschließlich das Kommissariat um die Sicherheit der Stadt kümmert.

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