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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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anderen. Ich zwinge mich, aufrecht zu gehen.
    »Warte!«, ruft die Frau. Sie geht an den Tisch,
gießt den Rest aus der Karaffe ein und bringt mir das Wasser. »Hier!« Mit dem Glas
drückt sie mir zwei Tabletten in die Hand. »Antibiotika und was gegen die
Schmerzen.«
    »Danke«, krächze ich.
    »Nicht nötig. Kommt von Pa:ris.«
    Zu meinem Entsetzen schlagen die beiden Gills den
Weg zum Rathaus ein. Cesare will seinen Triumpf also auch noch auskosten,
durchfährt es mich. Doch dann gehen wir an dem vermauerten Gebäude vorbei.
    Die Sonne steht mittlerweile tief. Zeit für die Falkgreifer,
um auf der Bildfläche zu erscheinen. Skeptisch blicke ich zum Himmel. Wenn wir plötzlich
unter einen Dachstand flüchten müssen, kann ich das kaum schaffen. Doch der
Himmel bleibt seltsam leer und ungewöhnlich tiefblau. Unentwegt starre ich nach
oben.
    Nach zwei Kilometern breche ich zusammen. Mittlerweile
ist die Sonne untergangen und meine Kräfte sind aufgebraucht. Mutlos sacke ich
in die Knie.
    Die Frau hakt mich unter und zieht mich wieder
hoch. »Wir sind gleich da.«
    Es geht eine Treppe hinab zu den typischen Kellerwohnungen
unserer Stadt. Der Holzbohlengang ist dunkel und die Luft feucht und muffig. Vor
dem dritten Haus links machen wir Halt. Der Offizier läutet. Ein Kadett öffnet
uns die Tür. Sehr jung, keine Sterne an der Jacke. Er führt uns in einen Raum,
in dem mehrere Gills an einem Tisch sitzen. Sie spielen Karten und lachen. Als
wir den Raum betreten, blicken sie kurz zu uns herüber.
    »Achtung. Offiziere!«, brüllt einer. Die Gills
springen vom Tisch auf, grüßen mit der Hand über dem Herzen und schlagen die
Hacken zusammen.
    »Rührt euch!«, sagt der Offizier. Die Uniformierten,
sechs Männer und zwei Frauen, setzen sich und mustern mich kurz. Dann widmen
sie sich wieder ihrem Spiel. Ob sie wissen, wer ich bin?
    Wir gehen durch einen engen Kellergang.
Schließlich öffnet die Offizierin die letzte Tür und drückt auf den
Lichtschalter. Vor mir befindet sich ein winziger Raum mit einem graugrünen
Feldbett. In der Luft schwebt der Geruch von fauligen Kartoffeln.
    »Wo sind wir hier?«
    »Das sind Unterkünfte für Gills. Es gibt sie
überall in der Stadt. Bei Greifer-Attacken sichern wir die Häuser und dann warten
wir in so einem Bunker. Wenn wir Dienst haben, übernachten wir auch hier.«
    Ich setze mich auf des Feldbett.
    »Wir bleiben über Nacht. Ich bringe Ihnen gleich
etwas zu essen.«
    Sie geht, knipst das Licht aus und drückt die Tür
zu – ohne abzuschließen. Ich lege mich auf die Pritsche und kämpfe meine Tränen
nieder. Vor zwei Tagen blickte ich noch zuversichtlich in die Zukunft, ich war glücklich,
endlich erwachsen zu sein, und nun möchte ich am liebsten sterben. Verzweifelt
suche ich nach einem schönen Bild in meinem Kopf, versuche einen positiven
Gedanken zu finden, irgendetwas, das mich hoffen lässt. Doch es will mir einfach
nicht gelingen. Selbst die Blumen, die ich in Gedanken zeichne, sind welk. Wenn
ich an Essen denke, muss ich an ranzigen Nussbrei denken. Wenn ich meine Eltern
vor mir sehe, dann sind ihre Augen plötzlich schwarz und hohl wie die von
Toten. Ihre Gesichter verziehen sich zu brüllenden Fratzen. Mir gelingt es,
Alina zu sehen. Sie beugt sich über einen eitrigen Beinstumpf. Ich japse nach
Luft. Wieso ist das Bild so unglaublich real, als würde ich neben ihr stehen?
Alina benetzt die Lippen des Schwerverletzten mit einem Schwamm, tupft ihm über
die Stirn. Er öffnet die Augen. Sie sind glasig und starr. Ich fühle mich
beobachtet von seinem stieren Blick. Dabei beobachte ich ihn. Er blickt mich
fragend an. Dann greift er nach Alinas Arm und lächelt. Ich schlucke und meine
Kehle brennt. Was war das? Meine pure Einbildungskraft?
    Ich wage noch einen Versuch, um mich von meinem
schmerzenden Rücken und meiner verletzten Seele abzulenken. Kill! Tatsächlich
sehe ich ihn. Er steht auf einem Waldweg, späht zu den Bäumen hoch. Dann senkt
er den Kopf, knurrt und fletscht die Zähne. Mist, warum kann ich nicht wenigstens
seine bernsteinfarbenen, funkelnden Augen mit den seidigen, ewiglangen Wimpern
sehen?
    Das Licht geht an, ich blinzele geblendet.
    »Essen!«
    Eine maskulin wirkende junge Gill mit raspelkurzem
Haar hält ein Tablett in den Händen. Ich richte mich auf und nehme das Tablett
auf meinen Schoß. Auf dem Teller liegen mehrere Brote. Daneben steht eine
Karaffe mit Wasser. Ich kann mein Glück kaum fassen. Echtes Brot und klares,
sauberes

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