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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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Ein
Kribbeln zieht über meinen Nacken den Rücken und die Arme hinunter. Es erreicht
meine Fingerspitzen. Ich knete die Finger und unterdrücke die Aufregung, die
mich wie ein flatternder Schmetterlingsschwarm erfasst.
    Kill ist da.
    Wie bei jeder Begegnung spüre ich ihn auch dieses
Mal, bevor ich ihn sehe. Unauffällig spähe ich zu den künstlichen Felsen, dann weiter
zur Kletterwand, zur Hängebrücke mit den Seilen und zu dem Hochgerüst aus Holz.
    Nirgends kann ich ihn erblicken. Auch hier unten
nicht, zwischen den Felsbrocken und Hindernissen, die ich bestimmt bald
überspringen muss. Neben mir schlängelt sich ein künstlicher Graben quer durch
die Halle. Er ist mit Seilen überspannt. Kleine Glocken hängen daran. Der
tiefere Sinn erschließt sich mir nicht.
    In einer weiteren Ecke erkenne ich runde
Zielscheiben, aufgestellte Pappfiguren und von der Decke hängen sogar Greifer-Attrappen.
Selbst in dieser zweidimensionalen Nachbildung aus Pappe oder Holz wirken die
riesigen Flügel bedrohlich auf mich.
    »Mistral!«, höre ich die scharfe Stimme meines
Lehrers. »Es ist lebenswichtig, die Umgebung immer im Blick zu behalten. Aber
im Moment bin ich derjenige, dem Ihre
volle Aufmerksamkeit gelten sollte.«
    »Entschuldigung.« Verlegen greife ich mir an den
Nacken.
    »So, und nun laufen Sie zwölf Runden um den Teich!
Kontrollieren Sie die Zeit mit der Uhr dort an der Wand!«
    Ich erblicke eine riesige digitale Uhr mit grünen
Ziffern und nicke.
      »Teilen Sie
sich die Zeit und Ihre Kräfte ein! Die Zielvorgabe lautet, dass Sie bei jeder
Runde schneller werden müssen. Nach zehn Runden haben Sie fünf Minuten Pause,
in der Sie die Schuhe ausziehen. Die letzten zwei Runden laufen Sie barfuß!«
    Hinter Eriksons Rücken tritt Kill näher. Mein Herz
macht einen unglaublichen Hopser.
    »Haben Sie mich verstanden, Mistral?«
    Ich nicke aus Furcht, dass mir wieder die Stimme
versagt.
    »Haben Sie keinen Mund?«
    »Doch«, kiekse ich und räuspere mich. »Ja, Sir!«
    Erikson winkt Kill heran. »Ihren Trainingspartner
kennen Sie ja schon von der letzten Stunde.«
    Ich nicke.
    Mein Sportlehrer blickt zur Felswand hoch und
nimmt einen wärmeren Tonfall an: »Und Sie sind tatsächlich bis zu dem spitzen
Felsen dort oben gekommen?«
    »Ja, leider haben mich die Wassermassen von der
Kante gespült. War ein ziemlich tiefer Fall.«
    »Sollte es auch. Sie hatten mir in der Schulhalle
eindeutig zu wenig Angst. Dann viel Spaß beim Training.« Erikson grinst. »Kill
bringt Ihnen nach dem Konditionstraining das Schwimmen bei.«
    Ich blinzele und versuche zu verbergen, was
zwischen uns war. »Hey.«
    »Hallo Raya.« Er zwinkert mir unauffällig zu. Oder
habe ich mir das nur eingebildet?
    »Mistral, worauf warten Sie? Auf eine Extraeinladung?«
Erikson klatscht in die Hände. »Laufen Sie gefälligst los!«
    »Okay«, murmele ich und beginne im Trab den Teich
zu umrunden. Nicht zu schnell!, ermahne ich mich, denn ich muss in jeder Runde ein paar Sekunden aufholen.
    »Was soll das werden?«, brüllt Erikson hinter
meinem Rücken. »Ein Spaziergang? Fangen Sie mit drei Minuten für die erste
Runde an!«
    Verdammter
Mist. Meine Rechnung geht nicht auf. Ich hüpfe über ein paar Findlinge und
Steinblöcke. Dann kommt eine weiche, nasse Matte. Auf dem Schaumstoff versinke ich
mit den Füßen, als liefe ich über Morast. Meine Schuhe und Socken sind
augenblicklich vollgesogen mit Wasser. Mit jedem Schritt quatscht es zwischen
meinen Zehen.
    Der künstliche Teich ist nicht gleichmäßig rund,
so dass ich nicht einschätzen kann, wie weit es noch ist, bis ich wieder am
Ausgangspunkt bin. Plötzlich habe ich runde Holzbohlen unter meinen Füßen, und
damit ein ganz eigenartiges Laufgefühl. Wackelig. Unsicher.
    Nach wenigen Metern erblicke ich ein etwa drei
Meter langes Stück mit Steinen, die messerscharf in die Höhe spitzen. Ich
weiche nach rechts aus, um das Hindernis zu umrunden. Sofort ertönt ein
schriller Warnton neben mir und ein rotes Lämpchen am Wegrand blinkt.
    »Mistral!« Erikson schreit – ganz der harte
Trainer. »Bleiben Sie gefälligst auf der vorgegebenen Strecke!«
    Es hilft nichts, ich muss zurück auf die Steine,
deren Spitzen mich an geöffnete Scheren und scharfkantiges Blech erinnern. Mit
Entsetzen denke ich an meine Füße. Die letzten zwei Runden soll ich barfuß
darüber laufen? Ist Erikson wahnsinnig?
    Ich könnte aufgeben, zeigen, dass ich nicht gut
genug bin. Aber dann sehe ich Kill nie wieder.
    Also

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