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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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Falkgreifer gesehen.« Seine Stimme ist klar und leise,
was ihr etwas Gefährliches verleiht. »Sie sollten sie nicht sehen – noch nicht.«
    Ich spüre mein unaufhaltsam schneller schlagendes
Herz. Oh nein, gleich wird er mich fragen, warum ich ihm hinterher spioniert habe.
Er gehört zu der Sorte Mensch, die nichts vergessen und immer wieder
nachbohren. Diesmal wird er sich nicht mit einer Ausrede begnügen. Was soll ich
ihm bloß antworten?
    »Mistral, ich will Ihnen gerne glauben, dass Sie
sich verlaufen haben.« Er bleckt die Zähne. »Aber warum sind Sie weggelaufen?«
    »Ich war geschockt.« Angewidert drücke ich eine
Hand auf meinen Magen. »Es war ekelhaft«, flüstere ich.
    »Haben Sie genau hingesehen?«
    »Ich habe genug gesehen«, hauche ich und schlucke.
Doch die Übelkeit ist bereits in meinem Hals angekommen und lässt mich würgen. Ich
umklammere mit zitternder Hand die Stange eines Kletterturm, der über eine Hängebrücke
aus Seilen mit einem weiteren Turm verbunden ist.
    »Sagen Sie mir, was Sie gesehen haben!«
    Wieder ist sein Blick so dunkel, dass ich den
Übergang zwischen Pupille und Iris nicht erkennen kann.«
    »Aber … das wissen Sie doch«, protestiere ich.
    »Trotzdem. Ich will es aus Ihrem Mund hören. Was
haben Ihre Augen gesehen?«
    »Da waren die gefangenen Greifer. Man hat sie
angekettet. Ich, ähm, ich konnte ihre ausgemergelten Körper sehen. Es … waren
Männer … und Frauen waren auch dabei … und sogar Kinder.«
    »Weiter!« Eriksons Stimme klingt ungeduldig. »So reden
Sie!«
    Meine Lippen zittern, ich kann kaum gegen meine
Tränen ankämpfen. »Man … hat ihnen die Flügel abgeschnitten.«
    Am liebsten würde ich brüllen. Welcher Mensch macht
so etwas? Welche Bestie hat ihnen das angetan? Kinder! Es waren Kinder dabei.
Ich habe ihre blutverkrusteten kleinen, ausgemergelten Rücken gesehen. In ihren
Augen lag so viel Leid und Schmerz und Kummer.
    Unglücklich starre ich auf die rissigen Steine zu
meinen Füßen.
    »Was denken Sie!«, fragt Erikson leise.
    »Ich kann einfach nicht glauben, dass Menschen zu
so etwas fähig sind.«
    »Sind sie aber.« Eriksons Stimme klingt belegt. »Von
Zeit zu Zeit holen die Gills einen der Gefangenen und erschießen ihn oben auf
dem Dach.«
    »Warum? Ich kann keinen Sinn darin erkennen.«
    »Ein guter Gill fragt nicht nach dem Sinn. Er
führt Befehle aus. Könnten Sie ihnen das antun?«
    »Natürlich nicht.«
    »Deshalb …«, er packt mich an den Schultern, »Mistral,
sehen Sie mir in die Augen, damit ich weiß, was Sie denken, und ob Sie
aufrichtig sind.«
    Zaghaft blicke ich auf. Sein Blick bestürzt mich.
Es ist hoffnungslose Traurigkeit.
    »Deshalb brauchen wir keine guten Gills, sondern dringend bessere .
Sonst ändern sich diese Verbrechen niemals. Wollen Sie das?«
    »Ja.«
    »Nein, antworten Sie nicht vorschnell! Lassen Sie
sich Zeit! Beginnen Sie die Ausbildung! Sie kennen jetzt die Ziellinie. Aber
ich warne Sie. Spielen Sie niemals den heiligen Samariter oder den Helden. Sie
haben hier nirgends Rückendeckung. Wenn sie Befehle missachten, werden Sie
schneller erschossen als Sie blinzeln können. Haben Sie mich verstanden?«
    »Ich glaube schon.«
    »Gut, dann werden Sie als erstes Schwimmen lernen.«
Er blickt auf die Uhr. »Sie haben exakt eine Stunde Training, und Sie werden
immer pünktlich gehen. Wen ich noch ausbilde, werden Sie nicht erfahren. Manche
sind nur Adrenalin-Junkies. Nicht alle taugen zu besseren Gills.«
    Zum zweiten Mal höre ich dieses komische Wort.
Kill hatte es auch benutzt.
    »Ähm, was ist ein Junkie?«, frage ich nach.
    »Jemand, der den Adrenalin-Kick braucht und deshalb
die Angst sucht, um auf Touren zu kommen. Er empfindet dabei Glücksgefühle.«
    Irritiert schüttele ich den Kopf. »So bin ich
nicht.«
    »Das stimmt. Sie werden im Rausch des Stresshormons
beeindruckend schnell besser. Sehr viel
besser. «
    »Wollen Sie mich etwa bei jedem Training in Angst
und Schrecken versetzen?«
    »Mal sehen.« Er grinst. »Wenn Sie leistungsmäßig
auf der Stelle treten, lasse ich mir was einfallen.«
    »Das klingt ja vielversprechend.«
    »Mistral!« Er tritt näher. »Alles, jedes Wort,
jede einzelne Silbe, die hier gesprochen wird, bleibt hinter Ihren Lippen
verschlossen. Haben Sie mich verstanden?«
    »Ja, Sir.« Ich lege zur Bekräftigung die Hand auf
mein Herz.
    »Lassen Sie die alberne Geste«, murmelt er. »Ich
weiß, wo sich Ihr Herz befindet.«
    Verlegen trete ich von einem Bein aufs andere.

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