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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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gleiten,
der mir plötzlich gar nicht mehr so dunkel und bedrohlich vorkommt wie bei meinem
ersten Schwimmversuch.
    Kill hat nach meinem missratenen Sprung die Augen
zusammengekniffen und nachsichtig gemurmelt: »Morgen üben wir das noch einmal.«
    Bis morgen kann so viel passieren, denke ich. Ich
muss den Augenblick genießen – Kill neben mir.
    Er gibt mir ein Zeichen: Tauchen üben! Mir ist
nicht wohl dabei. Ich finde, der Mensch ist nicht dazu gemacht, sich irgendwo
aufzuhalten, wo man nicht atmen kann. Aber wenn ich jetzt protestiere, muss ich
womöglich noch einmal die Felsen am Wasserfall hochklettern. Folgsam drehe ich
mich auf den Bauch, schiebe die Arme vor und tauche ab. Neben mir gleitet Kill
durchs Wasser. Er zeigt nach unten. Tiefer! Das fällt mir schwer. Es ist schon merkwürdig. Erst hatte ich Angst
unterzugehen und nun muss ich mich anstrengen, um zum Grund zu gelangen. Mir
geht die Luft aus, aber mein schöner, strenger Wolfer-Trainer schüttelt den
Kopf, ich soll noch einen Moment bleiben. Schneller als mir lieb ist, erfüllt
mich die alte Panik.
    Kill hebt die Hand und bedeutet mir mit Zeigefinger
und Mittelfinger: Sieh mir in die Augen!
    Sein Blick hilft mir, mich zu vergewissern, dass
er ganz nah bei mir ist und mir nichts geschehen wird. Doch mein Atemreflex
wird übermächtig. Wenn ich nicht sofort auftauche, dann schlucke und atme ich
Wasser. Ich erinnere mich nur zu gut daran, wie sich das anfühlt. Fast spüre
ich erneut das Brennen in meinen Lungen. Panisch strampele ich mit den Beinen,
um Auftrieb zu erhalten, aber mein Lieblingstrainer hält mich an der Hand fest
und mutiert zum Quälgeist mit der Lizenz zum Schikanieren. Sicher hat er sehr
viel mehr Luft in seinen Lungen als ich. Er ist schließlich ein Wolfer und sein
Brustkorb ist um einige Zentimeter breiter.
    Da erlöst er mich endlich. Wie ein Pfeil schießen
wir nach oben.
    Kill schüttelt den Kopf, das Wasser spritzt nach
allen Seiten und tropft von seinem nassglänzenden, schwarzen Haar. Er sieht so
gelassen und übermenschlich schön aus. Fasziniert beobachte ich ihn. Seine
Eleganz. Ich hingegen patsche ziellos mit den Armen und fühle mich wie eine
bleierne Ente, die mit Flügeln und Füßen paddelt. Im Wasser bin ich
niederschmetternd hilflos und schäme mich dafür. Wohl kaum wird er mich in
diesem Zustand attraktiv finden.
    Mein Blick sucht seine Augen. Aber er sieht mich
nicht an. Irgendetwas hinter meinem Rücken beansprucht seine Aufmerksamkeit.
Seine Augen nehmen eine flackernde schwarzbraune Färbung an. Oder täusche ich
mich und es ist nur der dunkelblaue See, der sich auf seinen Pupillen und der
Iris spiegelt?
    Langsam drehe im mich um und blicke zum
künstlichen Strand. Ich erschrecke und tauche einmal kurz unter. Connor sitzt
in seinem Rollstuhl auf dem Plattenweg und sieht zu uns herüber. Was will er
hier? Seit wann beobachtet er uns schon?
    Fuck! Habe ich ihn unterschätzt? Er ist ein Killer, ein Sucher und er ist
unberechenbar. Ein kalter Schauer rieselt mir über Arme und Beine.
    »Kill, ich muss raus aus dem Wasser. Mir ist kalt«,
sage ich. »Vielleicht ist es noch zu früh zum Schwimmen, so kurz nach dem
Fieber.«
    Er nickt. »Du schwimmst vor! Ich will sehen, was
du falsch machst, damit wir bei nächster Gelegenheit daran üben können.«
    Ziemlich erschöpft erreiche ich den Beckenrand.
Mein Körper fühlt sich plötzlich ungewohnt schwer an. Ich versinke mit den
Füßen im Sand. Verlegen streiche ich mir mit den Händen das Wasser von den
Oberschenkeln. Ich fühle mich nackt vor Connors Blick. Er hält meine
zusammengeknüllte Hose in den Händen. Es ist mir peinlich, dass er sie
aufgehoben hat. Wütend beiße ich die Lippen zusammen.
    Gerade noch rechtzeitig klingen mir Kills Worte in
den Ohren. Ich dürfe mir vor niemandem anmerken lassen, wie wir zueinander
stehen. Also gehe ich so gelassen wie irgend möglich auf Connor zu und nehme
ihm mein Kleidungsstück ab.
    Ich klopfe es aus, als wäre Sand daran, was nicht
der Fall ist. Dann schlüpfe ich hastig hinein und schließe den Hosenbund.
    »Na«, sagt Kill, zieht sein nasses Shirt über den
Kopf und wringt es aus.
    Connor sagt nichts. Er hebt stattdessen die Hand
zum Gruß. Mir wird es zu blöd zwischen den beiden Platzhirschen.
    »Langweilst du dich?«, kiekse ich.
    »Ich wollte sehen, wie es dir geht. Hab gehört, du
hattest Scharlach.«
    Wütend drehe ich den Kopf weg. Sicherlich hat er
nicht zufällig gehört, dass ich krank war. Er wird es

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