Raylan (German Edition)
Ärztin?«
»Eine OP-Schwester.«
Liz beugte sich über den Tisch, um ihre Gläser aufzufüllen, warf Oliven hinein und sagte: »Das wird ja immer besser. Und Sie suchen jetzt nach dieser Schwester und glauben, dass er sie mir gegenüber vielleicht erwähnt hat. Hat er aber nicht.« Liz reichte Raylan seinen Drink und lehnte sich mit ihrem in derHand zurück, nickte dazu mit dem Kopf. »Ich wette, sie ist fett.« Sie nahm einen Schluck und fügte hinzu: »Warum haben eigentlich so viele Frauen, die im Krankenhaus arbeiten, Übergewicht?«
»Ist mir auch schon aufgefallen«, sagte Raylan. »Warum bloß?«
»Kann durchaus sein, dass sie sich dort über den Weg gelaufen sind«, sagte Liz. »Cuba hat Harry mindestens zwei Mal ins Chandler gefahren, weil Harry seine Nieren untersuchen lassen wollte. Aber die funktionieren noch, trotz seines Alkoholkonsums. Harry war wie üblich unleidlich und hat die Schwestern herumkommandiert. Eine hat sich mal geweigert, ihm sein Lieblingsmedikament zu geben, und er hat versucht, sie rauswerfen zu lassen. Aber ich erinnere mich nicht an ihren Namen.«
Raylan sagte: »Hoffentlich arbeitet sie noch da.«
»Layla hieß sie. Wie der Song von Eric Clapton.«
Elftes Kapitel
R aylan kam aus dem Aufzug, überquerte den Flur und betrat ein Wartezimmer voller Kunstledermobiliar und Zeitschriften, in dem Nichols saß und in People las. In diesem Moment schlug er das Magazin zu und nahm einen Aktenordner zur Hand, der neben ihm auf der Couch lag.
»Schon zu Mittag gegessen?«
»Schinken mit Limabohnen«, sagte Raylan und setzte sich zu ihm auf die Couch.
»An den betreffenden Tagen«, sagte Nichols, »hatten sich zwei Schwestern von dieser Station freigenommen, jeweils wegen eines Todesfalls in der Familie. Gladys, die seit fünfunddreißig Jahren als Transplantationsschwester arbeitet und mittlerweile zur Oberschwester aufgestiegen ist, hat hinterher die Todesanzeige ihres Vaters im Schwesternzimmer aufgehängt. Die andere heißt Layla«, Nichols zog ein schwarz-weißes Porträtfoto aus seinem Ordner und reichte es Raylan.
»Schlankes Gesicht«, meinte Raylan und wollte damit sagen, dass sie keinen fetten Eindruck machte.
»Eins siebenundsechzig, vierundfünfzig Kilo«, sagte Nichols. »Siebenunddreißig Jahre alt.«
»Sie hat tolle Augen«, sagte Raylan, »mit denen sie einen durchbohrt. Wer aus ihrer Familie ist gestorben?«
»Niemand. Layla hat zwei Wochen Urlaub genommen, um ihre alte Mutter zu pflegen, die angeblich auf der Schwelle zum Tod stand, soll sich die Lungen aus dem Leib gehustet haben, ist aber nicht gestorben und jetzt auf dem Weg der Besserung, weil sie mit dem Rauchen aufgehört hat.«
»Wo wohnt diese Mutter?«
»In New Orleans.«
»Schon überprüft?«
»Mach ich, sobald ich den Artikel über Harrison und Calista fertiggelesen habe, die heiraten nämlich, nachdem sie acht Jahre zusammengewohnt haben. Und dann muss ich mich noch schlau machen, warum Jake Pavelka sagt, dass Vienna ihn betrogen hat – wer auch immer die beiden sind.«
»Laylas Augen«, sagte Raylan, »sind wirklich auffällig. Man kann nicht anders, als hineinzusehen.« Konzentriert blickte Raylan die Frau auf dem Foto an, die sich nicht die Mühe eines Lächelns machte. Er sagte: »Ich würde gern wissen, was sie hier gerade denkt.«
Nichols drehte den Kopf und betrachtete das Foto. »Sie starrt den Fotografen an und denkt: Wenn du noch ein Bild machst, stehe ich auf und trete dir in die Eier.«
»Mir erscheint sie nicht ungeduldig«, sagte Raylan.
»Nein, sie denkt das auf eine nette Art.« Nichols sah auf die Uhr. »Die Operation sollte mittlerweile vorbei sein. Sie hat Dr. Howard Goldman bei einer Nierentransplantation assistiert. Als ob Layla das nicht selbst könnte.«
Raylan sagte: »Sie ist unsere Frau, oder?«
»Ich wüsste nicht, wer sonst«, sagte Nichols.
Beide erhoben sich von der Couch: Raylan stellte sich in den Durchgang zum Korridor und schaute in Richtung des OP-Saals, aus dem sie kommen mussten, und Nichols ging los, um Laylas Mutter anzurufen.
Raylan sah sie herauskommen, beide in weißen Kitteln, Layla hielt Dr. Goldman die Tür auf, der junge Doktor sprach auf Layla ein, sie gestikulierte, schüttelte den Kopf und wehrte sich gegen das, was er von ihr wollte. Vögeln vermutlich. Raylan hatte ihn früher am Tag schon mal zur Seite genommen und über die Schwestern befragt. Sich seinen Namen eingeprägt. Howard Goldman. Der Doktor hatte keine Zeit für ihn gehabt,
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