Raylan (German Edition)
sagte Raylan. »Der liefert uns die Ärztin, wenn wir ihn zu fassen kriegen.«
Sie fuhren auf der Umgehungsstraße ostwärts, zur Richmond Road, von der sie nach Süden abbiegen wollten.
»Hast du dir die Liste mit den Ärzten angesehen? Dreizehn, die Transplantationen machen.«
Raylan schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Nur dreizehn?«
Nichols fuhr ab, auf die Richmond Road, und sah wieder zu Raylan.
»Und nur Männer. Es gibt hier keine weiblichen Ärzte, die Transplantationen vornehmen.«
Raylan wollte sich noch nicht von der Idee verabschieden und fragte nach: »Sicher?«
»Ich habe die Liste in der Tasche«, sagte Nichols. »Sämtliche Chefchirurgen und Assistenzärzte.«
Raylan sagte: »Dann ist sie eben keine Ärztin.«
»Zumindest nicht am Chandler Medical Center. Das zum UK Medical gehört.«
»Aber sie weiß, wie man’s macht«, sagte Raylan.
»Sie weiß, wie man Nieren herausoperiert«, sagte Nichols. »Weiß sie auch, wie man sie wieder einsetzt?«
Darüber musste Raylan erst nachdenken, während er auf das von Gattern zerteilte Pferdeland schaute, wo Vollblüter grasten und hochsahen, als sie mit ihrem Crown Vic auf der Old Richmond Road in Richtung der Burgoyne-Farm vorbeifuhren.
»Das mit dem Einsetzen muss sie ja nicht machen«, sagte Raylan, »oder?«
»Stimmt«, sagte Nichols, »zumindest nicht, wenn sie die Nieren nur rausnimmt und dann verkauft. Aber ich kann mir so oder so nicht vorstellen, dass eine Ärztin so was machen würde.«
»Ich auch nicht«, sagte Raylan. »Aber sie hat in ihrem Job garantiert etwas mit Transplantationen zu tun.«
Nichols sagte: »Sie sieht zu, wie die Ärzte drei Mal pro Woche Organe tauschen, also bis zu hundertfünfzig Mal pro Jahr. Sie tupft dem Doktor unter diesen Lampen da die Stirn ab, und ihm gefällt es, von ihr berührt zu werden. Sie machen die Wunde zu, und er vögelt sie stehend in der Wäschekammer.«
Raylan sagte: »Und ...?«
»So ist das Leben im OP-Saal«, sagte Nichols. »Arztspiele mit der gut aussehenden Krankenschwester.«
»Willst du mir erzählen«, sagte Raylan, »dass das der Grund ist, warum die gut aussehende Schwester in Motelzimmern Nieren rausschneidet?«
»Ich entwerfe ein mögliches Szenario«, sagte Nichols. »Hat die Tatsache, dass sie in Wäschekammern gevögelt wird, eventuell etwas damit zu tun, dass sie Nieren stiehlt? Sie weiß, wie man sie rausnimmt, und findet einen Weg, sie zu verkaufen. Geld ist ihr Motiv. Sie begreift, dass sie reich werden könnte, wenn sie einmal die Woche Mrs. Obama spielt. Trotzdem, die Vorstellung, dass auch der menschliche Sexualtrieb eine Rolle spielt, gefällt mir. Es im Stehen zu machen, finde ich übrigens total okay.«
Sie waren jetzt auf der Athens Walnut Hill Road, nicht mehr weit von der Burgoyne-Farm entfernt. Sie hatten angerufen und sich angemeldet, gesagt, dass sie kurz wegen eines ehemaligen Angestellten vorbeikommen würden, falls der Überfall nicht zu plötzlich käme.
Raylan sagte: »Du nimmst Harry, ich spreche mit Elizabeth. Sie gibt ihr Alter mit fünfundfünfzig an, ist seit sechzehn Jahren mit Harry verheiratet, für beide die zweite Ehe.«
»Nimm du doch Harry«, sagte Nichols, »verwickele ihn in ein Gespräch über Afroamerikaner und amüsier dich.«
»Es ist mein Fall«, sagte Raylan, »ich bleibe bei Elizabeth.«
Die Hausangestellte führte Raylan von der Eingangstür über einen Korridor und sagte, Ms. Burgoyne würde ihn im Wintergarten erwarten. Sie betraten einen Raum, der genauso teuer und förmlich eingerichtet war wie der Rest des Hauses, und Raylan sagte: »Warum heißt das hier Wintergarten? Sieht nicht danach aus.« Er beobachtete, wie das Mädchen in seiner gelben Uniform zu Elizabeth Burgoyne blickte, die in einem weißen Baumwollhemd, das aus ihrer tief sitzenden Jeans heraushing, von draußen hereinkam.
»Dieses Zimmer ist seit fünfundachtzig Jahren der Wintergarten«, sagte Elizabeth und klang wie eine Filmfigur. »Warum sollten wir es umbenennen?«
»Müssen Sie von mir aus nicht machen«, sagte Raylan und stellte sich vor.
Sie sagte: »Sie sind wegen Cuba Franks hier. Warum, was hat er angestellt?«
»Wir glauben, dass er Nieren stiehlt«, sagte Raylan und wartete auf ihre Reaktion.
Sie sagte nur, »wirklich?«, schwieg einen Augenblick und fragte: »Was wollen Sie trinken, einen Eistee oder einen Martini?«
»Dasselbe wie Sie«, sagte Raylan und beobachtete, wie sie dem Hausmädchen in der gelben Uniform zwei Finger zeigte. Er
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