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Raylan (German Edition)

Raylan (German Edition)

Titel: Raylan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmore Leonard
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verleiten.«
    »Schon, aber auf dem River kam ein zweites Ass, ich hätte ein Pair gehabt, und dann holt ein König-Bube den Pot.«
    »Kann passieren«, sagte Harry.
    »Wenn ich drin geblieben wäre, hätte ich zwölftausend gewonnen. Und ich wäre mir jetzt sicherer, dass ich gegen diese No-Limit-Typen spielen kann, dass ich das auf die Reihe bekomme und auf Sieg spielen kann. Es war eines der wenigen Male, dass ich nicht auf mein Ass vertraut habe.«
    »Wie oft gewinnst du, wenn du ein Ass in deinen verdeckten Karten hast?«
    »So oft, wie man eins kriegt.«
    »Du willst also sagen, dass du oft Glück hast«, sagte Harry. »Aber man gewinnt beim Poker nicht, wenn man aufs Glück zählt.«
    »Ich gewinne, weil ich pokern kann«, sagte Jackie. »Wenn ich bei meinen Hole Cards nicht dieses bestimmte Gefühl habe, werfe ich sofort hin.«
    »Bei Elaine hattest du aber am Ende trotzdem nur dreihundert übrig.«
    »Die in meinen Turnschuhen steckten. Das habe ich Ihnen ja noch gar nicht erzählt: Die Polizei ist gekommen.«
    »Eine Razzia? Bei Elaine?«
    »Sie meinte, das passiert ab und zu. Gehört zum Geschäft.«
    »Haben sie dich eingesperrt?«
    »Meine Daten aufgenommen, aber ich bin verschwunden, als niemand hingesehen hat. Ich habe noch genug, um an einem 5/10-Tisch anzufangen. Und mich dann an einen 5/20 hochzuarbeiten.«
    Harry sagte: »Meine Liebe, du bist geflohen. Sie werden dich suchen.«
    »Ich werde mir eine Sonnenbrille aufsetzen«, sagte Jackie.
    Beide schwiegen einen Moment, während der Rolls vor sich hinrollte.
    Nach vielleicht zehn Sekunden sagte Harry: »Wenn ich nichts von deiner misslichen Situation wüsste ...«, brach ab, und Jackie sagte: »Ich stand mal abends an der Bushaltestelle, sechs fertige, übereinandergestapelte Anzeigenentwürfe in den Händen, sind ins Rutschen gekommen, ich hab noch versucht, sie festzuhalten, aber dann sind mir alle auf die Straße gefallen. Während ich sie aufsammelte, ist ein Mann stehen geblieben und hat gesagt: ›Ich bin unwillentlich Zeuge Ihrer misslichen Situation geworden.‹«
    Harry sagte: »Tatsächlich?«
    »Gerade habe ich jemanden zum zweiten Mal in meinem Leben diesen Ausdruck benutzen hören.«
    Jetzt machte er ein böses Gesicht.
    »Sie haben gesagt: ›Wenn ich nichts von deiner misslichen Situation wüsste ...‹ Und, wie weiter? Sie glauben, dass es mit der Sonnenbrille nicht klappt?«
    Sie merkte, dass sie sein Interesse geweckt hatte.
    Harry sagte: »Ich habe gerade darüber nachgedacht, ob ich dir nicht deinen Einsatz geben soll.«
    Jackie wartete einen Augenblick. »Wie hoch?«
    »So viel, wie du brauchst, um einen Lauf zu haben. Zehntausend?«
    »Das ist nicht Ihr Ernst.«
    »Ich züchte Vollblüter, meine Liebe, und schicke sie zu Rennen im ganzen Land. Wenn es um Geld geht, meine ich es immer ernst. Ich zahle schon mal eine Million für ein Stutfohlen, das ich dann liebe wie meine eigene Tochter.«
    »Bis es zum Rennen muss«, sagte Jackie.
    »Tja, wenn es später nicht häufig genug gewinnt ...«
    »Verlieben Sie sich in das nächste Fohlen.«
    Er grinste. »Richtig, aber ich habe so viel Zuneigung übrig für mein Mädchen, dass es allein dadurch zur Gewinnerin wird.«
    »Und wie würden Ihre Zuneigungsbekundungen in meinem Fall aussehen?«, fragte Jackie.
    »Schätzchen, ich bin fünfundsiebzig Jahre alt. Wir erlauben uns ein paar Drinks, ich bringe dich zum Lachen und gebe dir einen Kuss auf die Wange. Du behältst, was du gewinnst. Und ich bin ein glücklicher Hund, wenn du ab und zu vorbeikommst und mich tätschelst.«
    »Was, wenn ich mitten im Spiel stecke, aber kaum noch Chips habe?«
    »Wenn ich sehe, dass du gewinnen kannst, helfe ich dir.«
    »Und wenn ich den gesamten Einsatz verspiele ...?«
    »Wenn es dazu kommen sollte«, sagte Harry, »lasse ich dich raus, wo du rausgelassen werden willst.«
    Jackie beugte sich zu ihm hinüber, küsste ihn auf die Altmännerwange und sagte: »Sie haben mich gerade zum glücklichsten Mädchen der Welt gemacht, Harry.«
    ***
    Sie brauchte vier Stunden und zehn Minuten, um am Nachmittag in Shelbyville an zwei verschiedenen No-Limit-Tischen achtzehntausend Dollar zu gewinnen; sie spielte gegen Leute, die Lastwagenfahrer beschäftigten oder mit den Ernteerträgen von Bauern spekulierten, die sie weder kannten noch kennenlernen wollten. Jetzt trank Jackie ein Bier, Harry Burgoyne einen doppelten Scotch.
    Sie sagte: »Die haben die ganze Zeit geblufft.«
    »Was du sofort gemerkt hast.«
    »Sie

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