Raylan (German Edition)
waren einfach nicht gut darin.«
»Bei meinen Freunden, mit denen ich in Keeneland spiele, denke ich auch immer, dass sie nur bluffen. Und weil ich das weiß, bleibe ich immer zu lange drin und bezahle jedes Raise. Und werde jedes Mal geschlagen.«
»Ich müsste mir mal ansehen, wie Sie spielen«, sagte Jackie, »da ließe sich sicher was machen.«
»Das denke ich auch«, sagte Harry. »Oder ich kriege die Jungs dazu, dass sie mit dir Hold’em spielen. Das sind alles Pferdezüchter, die haben fast so viel Geld wie ich. Ich erzähle ihnen, dass du meine Nichte bist, die während der Semesterferien zu Besuch ist. Die gern pokert und sich einbildet, ziemlich gut darin zu sein. Ich könnte sagen: Wollt ihr nicht mal gegen sie spielen, wenn ich ihr den Einsatz gebe? Ich wette, das machen sie sofort. Zu gewinnen wäre für sie dann so, als würden sie mir mein Geld wegnehmen.«
Harry nahm einen Schluck von seinem Drink und sagte: »In Keeneland habe ich mit einem ehemaligen Fahrer von mir, diesem farbigen Afrikaner, für die Leute in der Bar immer so eine Nummer zum Besten gegeben. Ich habe ihn ausgeschimpft, dass er meine Rennfarben trägt. Worauf er antwortete: ›Aber,Chef, es ist doch Ihre Missus, die mich anzieht.‹ Als ich dich jetzt beim Spielen beobachtet habe, habe ich mir überlegt, ob ich dich nicht auch für eine kleine Sketch-Einlage gebrauchen könnte, einen kleinen, lustigen Wortwechsel, den wir uns ausdenken könnten.«
Jackie sagte: »Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«
Vierundzwanzigstes Kapitel
E in ehemaliger Gefängnisinsasse namens Delroy Lewis steckte hinter der ganzen Aktion: Er heuerte Floy an, einen achtzehnjährigen Straßenjungen, der Autos klaute und dann zum Ausschlachten verhökerte, bevorzugt teure, gut erhaltene, am liebsten waren Floy Mercedes und BMW. Meist holte er sich die Autos von den Parkplätzen großer Shoppingmalls, wo er mit seinem Werkzeug in zwanzig Sekunden die Tür auf und in weiteren dreißig Sekunden den Motor laufen hatte. Manchmal begnügte er sich auch mit einem Chrysler oder einem Buick, in letzter Zeit sogar mit dem großen Honda, einem geräumigen Wagen, der den Mädels genug Platz zum Relaxen und für einen Joint auf dem Weg zur Arbeit ließ.
Floy parkte auf der Straße, betrat den Wohnblock, an dem links und rechts Feuertreppen hinunterführten, und klingelte.
Cassie kam an die Gegensprechanlage und fragte: »Was für ’ne Karre?«
»Grauer BMW. Hab ihn schon für euch waschen lassen.«
Cassie sagte: »Bin in fünf Minuten unten.«
Delroy hatte zu Floy gesagt: ›Wenn die in einer halben Stunde nicht unten sind, haust du ab. Dann muss ich mal ein Wörtchen mit ihnen reden.‹
Aber irgendwann waren sie fertig und kamen raus zum Wagen. In ihren Secondhandoutfits – Hüftjeans unter Regenjacken,sportliche Strandhüte, Janie mit einer Baseballkappe der Detroit Tigers auf dem Kopf – und mit ihren bunten Plastiktüten wirkten sie wie modebewusste Pennerinnen.
Beim Einsteigen sagte Kim zu Cassie: »Weißt du eigentlich, dass du deine Fick-Mich-Stilettos trägst?«
Cassie sagte: »Auf Marmorböden klingen sie einfach cool.«
Kim fragte: »Was, wenn wir nachher zum Auto rennen müssen?«
»Dann sind wir so oder so gefickt«, sagte Cassie, »auch wenn ich Turnschuhe anhätte. Glaubt ihr etwa, Floy wartet auf uns?«
»Mir hat man gesagt«, sagte Floy mit Blick in den Rückspiegel, »dass ich fahren soll, wenn ihr nach sechs Minuten nicht wieder draußen seid. Dann soll ich mich lieber um meinen eigenen Knackarsch kümmern, meinte Delroy.« Floy drehte sich auf dem Sitz um und sah die Mädchen direkt an. »Keiner hat behauptet, dass das, was ihr macht, ein Kinderspiel ist. Aber trotzdem. Ihr geht da ganz cool rein und wieder raus, die Einkaufstüten voller Scheinchen. Delroy hat selbst gesagt, dass ihr die besten Bankräuber-Mäuse seid, die er je hatte. Der Mann liebt euch.«
Janie sagte: »Schlägt er uns deshalb, ja?«
»Was erwartet ihr, wenn ihr nicht auf ihn hört? Aber hey, wenn ihr nach Hause kommt, kriegt ihr von ihm so viel Oxy, wie ihr wollt, oder nicht? Zwischen den Jobs lebt ihr doch wie Luxusweibchen.«
Cassie sagte: »Pass bloß auf, sonst fliegt noch wer auf, wenn wir geschnappt werden.«
Floy sagte: »Hey, ich bin nur euer Fahrer.«
»Ich meine nicht dich«, sagte Cassie, »sondern Delroy. Der geht nie auch nur in die Nähe einer Bank.«
»Er sagt uns nur, wie’s drinnen aussieht«, sagte Kim, »und wann nicht so viele Leute da
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