Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
Vom Netzwerk:
mir.
    «Schon gut, Clarice, Sie können ja nichts dafür», sagte ich, und sie schüttelte den Kopf, während ihr die Tränen über die Wangen liefen.
    «Ihr schönes Kleid, Madam», schluchzte sie, «Ihr schönes weißes Kleid!»
    «Das macht nichts», sagte ich. «Können Sie den Haken nicht finden? Hier am Rücken ist er, und gleich darunter muß noch einer sein.»
    Mit zitternden Händen versuchte sie den Haken zu finden und stellte sich noch ungeschickter dabei an als ich selbst und hörte nicht auf zu schlucken und zu schluchzen.
    «Was wollen Sie denn statt dessen anziehen, Madam?» fragte sie.
    «Ich weiß nicht», antwortete ich. «Ich weiß nicht.» Endlich war es ihr gelungen, das Kleid aufzumachen, und ich schlüpfte heraus. «Ich würde gern allein sein, Clarice», sagte ich.
    «Seien Sie so lieb und gehen Sie jetzt hinunter.
    Nein, nein, machen Sie sich keine Sorgen, ich werde schon allein fertig werden. Und vergessen Sie, was geschehen ist; ich möchte, daß Sie sich auf dem Ball amüsieren.»
    «Soll ich Ihnen nicht schnell etwas aufbügeln, Madam?»
    fragte sie und sah mich mit ihren immer noch überquellenden, verweinten Augen an, «das würde nicht lange dauern.»
    «Nein, danke», sagte ich, «lassen Sie nur; Sie würden mir einen größeren Gefallen tun, wenn Sie jetzt gingen, und, Clarice …»
    «Ja, Madam?»
    «Sagen Sie unten nichts von dem Vorgefallenen.»
    «Nein, Madam.» Sie brach in einen neuen Tränenstrom aus.
    «Lassen Sie sich vor den anderen nicht so sehen!» sagte ich. «Gehen Sie erst in Ihr Zimmer und waschen Sie sich das Gesicht. Sie brauchen wirklich nicht zu weinen, es liegt gar kein Grund dafür vor.» Es klopfte an der Tür; Clarice warf mir einen ängstlichen Blick zu.
    «Wer ist da?» fragte ich. Die Tür öffnete sich, und Beatrice trat ein. Sie kam sofort auf mich zu; sogar jetzt fand ich sie komisch in dieser angeblich orientalischen Aufmachung und den klirrenden, billigen Messingarmbändern.
    «Meine Liebste», sagte sie, «meine Liebste!» und streckte mir beide Hände entgegen.
    Clarice schlich sich aus dem Zimmer. Ich fühlte mich plötzlich müde und unfähig, mich weiter aufrecht zu halten. Ich ging durchs Zimmer, setzte mich aufs Bett und nahm die Perücke ab. Beatrice sah mir dabei zu.
    «Fühlst du dich ganz wohl?» fragte sie. «Du siehst so elend aus.»
    «Das macht das Licht – in dem Licht hat man niemals viel Farbe.»
    «Bleib nur ein Weilchen sitzen, dann wirst du dich gleich besser fühlen», sagte sie. «Warte, ich werde dir ein Glas Wasser holen.»
    Sie ging ins Badezimmer – bei jeder Bewegung klapperten und klirrten ihre Armbänder –, und dann kam sie mit dem vollen Glas in der Hand zurück. Ich trank ein wenig, um ihr einen Gefallen zu tun, obwohl ich gar nichts haben wollte. Es schmeckte schal und warm; sie hatte vergessen, das Wasser ablaufen zu lassen.
    «Natürlich wußte ich sofort, daß es sich nur um einen unglücklichen Zufall handeln konnte», sagte sie. «Du konntest ja unmöglich eine Ahnung davon haben – woher solltest du auch.»
    «Ahnung wovon?» fragte ich sie.
    «Von dem Kostüm, du Ärmste, nach dem Porträt von Caroline de Winter; Rebecca trug nämlich auf dem letzten Ball genau dasselbe, haargenau. Dasselbe Bild, dasselbe Kleid. Und wie du da auf der Treppe standest, dachte ich einen schrecklichen Augenblick lang …» Sie beendete den Satz nicht, sondern klopfte mir auf die Schulter.
    «Du armer Pechvogel, woher hättest du das wissen sollen?»
    «Ich hätte es wissen müssen», sagte ich blöde, indem ich sie verständnislos anstarrte, «ich hätte es wissen sollen.»
    «Unsinn, woher denn? Und wir hätten ja auch nicht im Traum darauf kommen können, daß du denselben Einfall haben würdest. Deshalb war es ja ein solcher Schock für uns alle, und Maxim …»
    «Ja, und Maxim?»
    «Er glaubt, daß du es absichtlich getan hast. Ihr hattet doch gewettet, daß du ihn überraschen würdest. Natürlich war das von dir nur Spaß, und er hat es mißverstanden. Es traf ihn völlig unvorbereitet. Ich sagte ihm gleich, daß es nie in deiner Absicht gelegen haben konnte und daß nur ein geradezu unwahrscheinlich unglücklicher Zufall es so gefügt hat, daß du auch auf dieses Bild verfallen bist.»
    «Es ist meine Schuld, ich hätte es mir denken können.»
    «Nein, nein, mach dir keine Sorge, du wirst ihm die Sache schon in aller Ruhe erklären können, und dann ist alles wieder in Ordnung. Die ersten Gäste trafen gerade ein, als

Weitere Kostenlose Bücher