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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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ich nach oben ging. Jetzt werden sie beim Cocktail sein.
    Es wird schon alles gutgehen; ich sagte Frank und Giles, sie sollten irgendeine Geschichte erzählen, daß dein Kostüm nicht gepaßt hätte und wie enttäuscht du wärst.»
    Ich schwieg und blieb, die Hände im Schoß, sitzen.
    «Was kannst du statt dessen anziehen?» fragte Beatrice und ging an meinen Kleiderschrank.
    «Hier, wie ist es mit diesem blauen? Das sieht doch ganz reizend aus. Zieh das an. Kein Mensch wird sich daran stoßen. Komm, schnell, ich werde dir helfen.»
    «Nein», sagte ich, «nein, ich bleibe hier oben.»
    Beatrice sah bestürzt mich und dann das blaue Kleid auf ihrem Arm an. «Aber du mußt doch, meine Liebe», sagte sie ganz ratlos, «du kannst doch nicht einfach wegbleiben.»
    «Nein, Beatrice, ich gehe nicht hinunter. Ich könnte es nicht ertragen nach dem, was vorgefallen ist.»
    «Aber niemand wird etwas von dem Kleid erfahren», sagte sie. «Frank und Giles halten bestimmt dicht. Wir haben die Geschichte genau zurechtgelegt; der Schneider hat ein falsches Kostüm geschickt, das du nicht verwenden konntest, und deshalb wirst du ein gewöhnliches Abendkleid tragen. Niemand wird etwas dabei finden, und es wird der Stimmung gar keinen Abbruch tun.»
    «Du verstehst mich nicht», erwiderte ich. «Das Kleid ist mir ganz egal, darum geht’s nicht.
    Sondern um das, was geschehen ist, was ich angerichtet habe. Jetzt kann ich einfach nicht wieder hinunterkommen, Beatrice!»
    «Aber hör doch, Giles und Frank sind voller Verständnis und Mitgefühl und Maxim auch. Es war ja nur der erste Schock. Ich will versuchen, ihn eine Minute allein zu sprechen, dann kann ich ihm alles erklären.»
    «Nein», sagte ich, «nein!»
    Sie legte das blaue Kleid neben mich auf das Bett. «Inzwischen werden fast alle da sein», sagte sie besorgt und aufgeregt. «Es wird einen komischen Eindruck machen, wenn du dich nicht zeigst. Ich kann doch unmöglich sagen, daß du plötzlich Kopfschmerzen bekommen hast.»
    «Warum nicht?» sagte ich erschöpft. «Was macht das schon? Erzähl irgend etwas. Es ist ihnen bestimmt gleichgültig; die meisten kennen mich ja noch gar nicht.»
    «Ach, komm schon», drängte sie und streichelte meine Hand. «Auch wenn’s dir schwerfällt.
    Zieh dieses entzückende blaue Kleid an. Denk an Maxim. Schon um seinetwillen mußt du einfach mit mir kommen.»
    «Eben, an Maxim denke ich ja die ganze Zeit», sagte ich.
    «Aber dann mußt du doch einsehen …»
    «Nein», sagte ich und biß auf meine Nägel und wiegte mich vor und zurück auf dem Bett,
    «ich kann nicht, ich kann nicht.»
    Es klopfte wieder. «Ach, mein Gott, wer ist denn das?» sagte Beatrice und ging zur Tür.
    «Was ist denn los?»
    Sie öffnete die Tür. Draußen stand Giles. «Die Gäste sind schon alle da, und Maxim hat mich geschickt, um nachzusehen, wo ihr bleibt», sagte er.
    «Sie weigert sich, mit hinunterzukommen», erklärte Beatrice.
    Ich bemerkte, wie Giles einen hastigen Blick auf mich warf. «Mein Gott, was für ein Durcheinander!» flüsterte er und wandte sich verlegen ab, als er meinem Blick begegnete.
    «Was soll ich Maxim denn ausrichten?» fragte er Beatrice. «Es ist schon fünf nach acht.»
    «Bestell ihm, sie fühlt sich nicht sehr gut, aber sie will versuchen, später herunterzukommen.
    Und sie sollen nicht mit dem Essen warten. Ich komme gleich nach und werde die Sache schon in Ordnung bringen.»
    «Ja, schön, das werde ich tun.» Er warf wieder einen teils neugierigen, teils mitleidigen Blick auf mich. Er schien sich zu wundern, daß ich auf dem Bett saß, und seine Stimme klang so gedämpft, wie Leute sprechen, die nach einem Unfall auf den Arzt warten.
    «Kann ich sonst noch irgend etwas tun?» fragte er.
    «Nein, geh nur wieder», sagte Beatrice. «Ich komme in einer Minute nach.»
    Er verschwand und stapfte in seinem Burnus davon. Dies ist so ein Augenblick, dachte ich, über den ich noch Jahre später lachen und sagen werde: «Erinnerst du dich an Giles als Scheich, und Beatrice trug einen Schleier und klirrende Armbänder?» Die Zeit wird dem Augenblick seine Härte nehmen und ihn zu einer lustigen Erinnerung machen; aber jetzt war mir nicht komisch zumute, jetzt konnte ich nicht lachen. Jetzt war Gegenwart und nicht Zukunft. Das Erlebnis war noch zu frisch, zu wirklich. Ich saß auf dem Bett und zupfte am Kopfkissen und zog eine kleine Feder aus einer Ecke heraus.
    «Möchtest du vielleicht etwas Cognac?» versuchte Beatrice es noch

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