Rebecca
hatte.»
«Ich habe ihm nichts davon gesagt.»
«Sie lügen», sagte sie. «Wer soll es ihm denn sonst gesagt haben? Es war ja niemand hier.
Frith und Robert waren aus, und von den anderen Dienstboten wußte es keiner. Damals nahm ich mir fest vor, es Ihnen beiden heimzuzahlen. Soll er leiden, dachte ich, was geht das mich an. Warum soll mich Mr. Jack nicht hier auf Manderley besuchen dürfen? Er ist der einzige Mensch, mit dem ich noch über Mrs. de Winter sprechen kann. ‹Ich will ihn nicht im Haus haben›, sagte er zu mir, ‹ich warne Sie zum letztenmal!› Er hat also seine Eifersucht noch immer nicht vergessen, wie mir scheint.»
Ich erinnerte mich, wie ich mich hinter dem Geländer auf der Galerie versteckt hatte, als die Tür der Bibliothek sich öffnete: wie Maxims zornige Stimme zu mir heraufklang und wie ich die Worte hörte, die Mrs. Danvers gerade wiederholt hatte. Eifersüchtig – Maxim eifersüchtig.
«Er war eifersüchtig auf sie, als sie lebte, und jetzt ist er immer noch eifersüchtig auf sie, obwohl sie tot ist», sagte Mrs. Danvers. «Er verbietet Mr. Jack das Haus jetzt wie damals.
Das zeigt Ihnen doch, daß er sie nicht vergessen hat. Natürlich war er eifersüchtig. Ich war es ja auch. Jeder, der sie kannte, war es. Sie ließ das ganz kalt, sie lachte nur. ‹Ich werde mein Leben leben, wie es mir Spaß macht, Danny›, sagte sie zu mir. ‹Und nichts in der Welt wird mich davon abhalten.› Ein Mann brauchte sie bloß einmal zu sehen, und schon hatte sie ihm den Kopf verdreht. Ich habe es selbst erlebt, wie sie Männer, die sie gerade in London kennengelernt hatte, übers Wochenende herbrachte. Sie fuhren mit dem Boot hinaus zum Baden, und sie veranstalteten Picknicks beim Bootshaus. Natürlich wollten alle ihre Liebhaber werden, das war ja nur verständlich. Und sie lachte und erzählte mir später, was sie gesagt und was sie getan hatten. Es berührte sie alles nicht; sie betrachtete es nur als einen Sport. Und wer sollte da nicht eifersüchtig werden? Alle waren sie eifersüchtig und wie verrückt hinter ihr her. Mr. de Winter, Mr. Jack, Mr. Crawley, jeder, der sie kannte, jeder, der nach Manderley kam.»
«Ich will es nicht wissen», sagte ich. «Ich will es nicht wissen.»
Mrs. Danvers kam auf mich zu, bis sie ganz dicht vor mir stand. «Es hat keinen Sinn, nicht wahr?» flüsterte sie.
«Sie werden sie niemals besiegen können; sie ist immer noch Herrin hier, obwohl sie tot ist.
Rebecca ist die richtige Mrs. de Winter. Sie sind der Geist und der Schatten. Sie sind hier unerwünscht und vernachlässigt. Na gut, warum räumen Sie nicht das Feld? Warum gehen Sie nicht?»
Ich wich vor ihr zurück, meine alte Furcht und das alte Grauen stiegen wieder in mir hoch.
Sie ergriff meinen Arm und umklammerte ihn wie einen Schraubstock.
«Warum gehen Sie nicht?» sagte sie. «Niemand will Sie hier haben, er am allerwenigsten. Er kann sie nicht vergessen. Er möchte wieder allein mit ihr im Haus sein. Sie gehören in die Gruft auf den Friedhof, nicht meine Herrin.»
Sie stieß mich fast zum Fenster und riß die Läden wieder auf; unter mir konnte ich grau und undeutlich in dem dicken Nebel die Terrasse erkennen. «Sehen Sie dort hinunter», zischte sie.
«Es ist ganz einfach. Warum springen Sie nicht? Es tut gar nicht weh, wenn man sich das Genick bricht. Es ist ein ganz schneller, freundlicher Tod. Nicht wie Ertrinken. Warum tun Sie es nicht? Springen Sie doch!»
Der Nebel quoll feucht und stickig ins Zimmer, beizte mir die Augen und stach mir in die Nase. Ich klammerte mich mit beiden Händen an das Fensterbrett.
«Haben Sie keine Angst», sagte Mrs. Danvers. «Ich werde Ihnen keinen Stoß geben. Ich werde Ihnen doch nicht noch helfen. Sie können von selbst springen. Was hat es denn noch für einen Zweck für Sie, hier auf Manderley zu bleiben? Sie sind nicht glücklich, und Mr. de Winter liebt Sie nicht. Dafür lohnt es sich doch nicht, weiterzuleben. Warum springen Sie nicht und machen allem ein Ende? Dann werden Sie nicht mehr unglücklich sein.»
Ich sah die Blumenkübel unter mir und die blauen Hortensien mit ihren runden, schweren Blütenköpfen. Die Steinplatten waren glatt und eben, nicht rauh und zackig.
Es war nur der Nebel, der sie so weit weg erscheinen ließ, in Wirklichkeit lag das Fenster gar nicht so hoch.
«Springen Sie doch», flüsterte Mrs. Danvers an meinem Ohr, «es tut nicht weh.»
Der Nebel wallte noch dichter empor und entzog die Terrasse meinen
Weitere Kostenlose Bücher