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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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sich untätig auf dem Sofa räkelte. Ich sah sie vor mir; mit müden Augen fädelte sie die Nadel ein, und der ganze Fußboden war mit Stoffschnipseln bedeckt.
    «Und?» fragte er lächelnd, «Ihr Bild stimmte nicht?»
    «Ich weiß es nicht», sagte ich, «ich habe es nie feststellen können.» Und ich erzählte ihm, wie ich nach dem Fahrstuhl klingelte und sie plötzlich anfing, in ihrer Handtasche zu wühlen, und mir einen Hundertfrancschein reichte. «Hier», flüsterte sie in einem unangenehm-vertraulichen Ton, «ich möchte mich hiermit gern ein wenig dafür erkenntlich zeigen, daß Sie mich Ihrer Dame empfohlen haben.» Als ich mich, feuerrot vor Verlegenheit, weigerte, das Geld anzunehmen, zuckte sie unfreundlich die Schultern. «Wie Sie wünschen», sagte sie,
    «aber ich versichere Ihnen, daß das durchaus üblich ist. Vielleicht würden Sie auch lieber ein Kleid haben; kommen Sie doch gelegentlich ohne Madame in meinen Laden, und ich werde sehen, was ich für Sie tun kann, ohne daß es Sie einen Sou kosten soll.» Irgendwie – ich weiß nicht, warum – empfand ich bei ihren Worten dasselbe Übelkeitsgefühl, das ich als Kind beim Blättern in einem verbotenen Buch hatte.
    Ich erwartete halb und halb, daß er mich auslachen würde; die Geschichte war so albern, ich wußte gar nicht, warum ich sie ihm eigentlich erzählt hatte; aber er blickte mich nachdenklich an, während er in seinem Kaffee rührte.
    «Ich glaube, Sie haben einen großen Fehler begangen», sagte er nach einer Weile.
    «Weil ich die hundert Francs ausschlug?» fragte ich entsetzt.
    «Nein – um Himmels willen, wofür halten Sie mich denn? Ich finde, daß es ein Fehler war, mit Mrs. Van Hopper herzukommen. Sie sind nicht für eine solche Stellung geschaffen.
    Zunächst sind Sie viel zu jung dafür und auch nicht hart genug. Die Blaize mit ihren hundert Francs ist noch gar nichts, das war nur die erste von noch vielen ähnlichen Erfahrungen mit anderen Blaizes. Sie werden entweder nachgeben müssen und selbst eine Art Blaize werden oder so bleiben, wie Sie sind, und zugrunde gehen. Wer hat Sie auf den Gedanken gebracht, sich auf einen solchen Beruf einzulassen?» Es schien ganz natürlich, daß er mich ausfragte, und ich fand nichts dabei. Mir war, als kannten wir uns schon lange Zeit und seien uns jetzt nach vielen Jahren wieder begegnet.
    «Haben Sie jemals über Ihre Zukunft nachgedacht?» fragte er, «und wohin das mit diesem Beruf führen wird? Angenommen, Mrs. Van Hopper wird der ‹Vertrauten ihres Herzens›
    überdrüssig – was dann?»
    Ich lächelte und sagte, daß ich mir nicht viel daraus machen würde. Es gab ja genug andere Mrs. Van Hoppers, und ich war jung und selbstsicher und kräftig. Aber während ich noch sprach, fielen mir jene Anzeigen in den besseren Zeitschriften ein, durch die irgendein menschen-freundlicher Verein um Unterstützung für junge Damen in verarmten
    Verhältnissen bat; und ich dachte an diesen bestimmten Typ von Familienpensionen, der auf derartige Anzeigen antwortet und vorübergehende Unterkunft gewährt, und dann sah ich mich selbst mit meinem unbrauchbaren Skizzenblock in der Hand stotternd auf die Fragen von unliebenswürdigen Stellenvermittlern antworten. Vielleicht hätte ich Blaizes zehn Prozent doch annehmen sollen.
    «Wie alt sind Sie?» erkundigte er sich, und als ich es ihm sagte, lachte er und erhob sich.
    «Das Alter kenne ich; es pflegt besonders halsstarrig zu sein, und Sie werden sich die Zukunft durch noch so viele Schreckgespenster nicht verleiden lassen. Schade, daß wir nicht miteinander tauschen können. Laufen Sie nach oben und setzen Sie Ihren Hut auf, ich werde inzwischen meinen Wagen holen.»
    Als er mir mit den Augen bis zum Lift folgte, dachte ich an gestern, an Mrs. Van Hoppers eilfertiges Geschwätz und seine eisige Höflichkeit. Ich hatte ihn falsch beurteilt: er war weder hart noch ironisch, er war bereits mein jahrelanger Freund, der Bruder, den ich nie besessen hatte. An jenem Nachmittag war ich in einer glücklichen Stimmung.
    Sie ist mir noch deutlich gegenwärtig. Ich sehe noch die flockigen Wölkchen am Himmel und die Schaumkronen auf dem Meer; Monte Carlo wurde von einem Glanz erhellt, den ich vorher nicht wahrgenommen hatte; meine Augen mußten bis jetzt verschleiert gewesen sein.
    Der Hafen war ein tanzendes Etwas mit schaukelnden Papier-schiffchen, und die Matrosen am Kai waren gutmütige, lächelnde Burschen, so ausgelassen wie der Wind. Wir fuhren an der

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