Rebecca
Mrs. de Winter gefunden worden ist. Sie hat so sehr an ihr gehangen.»
«Ja», sagte ich, «ich weiß.»
Als Frith gegangen war, überflog ich schnell die Zeitung, bevor Maxim herunterkam. Eine ganze Spalte auf der Titelseite war dem Ereignis gewidmet; und darüber hatten sie eine fast unkenntliche Photographie von Maxim gebracht, die mindestens fünfzehn Jahre alt sein mußte. Es war gräßlich, ihn aus einer Zeitung herausstarren zu sehen.
Und am Schluß des Artikels standen ein paar Zeilen über mich, die zweite Frau von Maxim, und daß wir gerade einen Kostümball auf Manderley gegeben hätten. Es nahm sich in dem schwarzen Zeitungsdruck so roh und gefühllos aus. Dort stand, wie Rebecca, die als geistreiche Schönheit geschildert und deren allgemeine Beliebtheit besonders hervorgehoben wurde, vor einem Jahr ertrunken sei, und wie Maxim schon im Frühjahr darauf zum zweitenmal geheiratet und seine junge Frau unmittelbar nach der Hochzeit (behauptete der Schreiber) nach Manderley gebracht habe, wo ihr zu Ehren ein großes Kostümfest gegeben worden sei. Und wie dann am Morgen darauf die Leiche seiner ersten Frau in der Kajüte ihres Segelbootes auf dem Meeresgrund von dem Taucher entdeckt worden sei. Im großen und ganzen stimmte das alles ja, aber die kleinen Ungenauigkeiten, die die Geschichte aufpulverten, verliehen dem Artikel erst den Kitzel, den der große Leserkreis für seine Pennies verlangen durfte. Die Darstellung machte aus Maxim nahezu einen Lüstling, der seine ‹junge Frau› nach Manderley brachte und ihr zu Ehren ein rauschendes Fest veranstaltete, nur um sein Glück vor der Welt zur Schau zu stellen.
Ich versteckte die Zeitung unter einem Kissen, damit Maxim sie nicht zu Gesicht bekam.
Aber die Morgenaus-gaben konnte ich nicht vor ihm verbergen. Die Londoner Blätter hatten die Geschichte ebenfalls aufgegriffen. Beide brachten ein Bild von Manderley über dem Text.
Manderley und Maxim waren allerletzte Neuigkeit. Er wurde Max de Winter genannt. Es klang schrecklich salopp und mondän. Alle Zeitungen hoben besonders hervor, daß die Entdeckung am Tag nach dem Kostümfest gemacht worden sei. Als erblicke man darin etwas Schicksalhaftes. Und in beiden Artikeln kam der Ausdruck ‹Ironie des Schicksals› vor. So sah es wohl für den Außenstehenden auch aus. Auf jeden Fall war es eine gute
Sensationsnachricht. Ich sah, wie Maxim beim Frühstück immer blasser wurde, als er die Berichte las. Er sagte nichts. Er blickte nur zu mir herüber, und ich streckte ihm meine Hand hin. «Pack», flüsterte er, «verdammtes Pack!»
Ich dachte an das, was die Zeitungen schreiben würden, wenn sie die Wahrheit wüßten. Nicht eine Spalte, sondern fünf oder sechs. Plakate in den Londoner Straßen; Zeitungsjungen, die das furchtbare Wort mit vier Buchstaben ausrufen würden, das in dicker schwarzer Schrift von den Zeitungsplakaten schrie.
Nach dem Frühstück kam Frank herüber. Er sah bleich und müde aus, als ob er gar nicht geschlafen hätte. «Ich habe in der Telephonzentrale Bescheid gesagt, daß alle Anrufe für Manderley über das Büro geleitet werden sollen», sagte er zu Maxim. «Ganz gleich, wer es ist. Wenn sich noch mehr Reporter melden sollten, dann werde ich sie schon abfertigen. Und alle anderen auch. Ich möchte nicht, daß ihr beide mehr belästigt werdet als unbedingt notwendig. Ein paar von den lieben Nachbarn haben bereits angerufen, und ich habe allen die gleiche Auskunft gegeben: Mr. und Mrs. de Winter ließen herzlich für die freundliche Nachfrage danken und hofften, ihre Freunde würden es verstehen, daß sie in den nächsten Tagen keine Anrufe annehmen möchten. Deine Schwester hat um halb neun angerufen und wollte gleich herkommen.»
«O mein Gott …» rief Maxim aus.
«Keine Sorge, ich habe es ihr gleich ausgeredet. Ich sagte ihr wahrheitsgemäß, ich glaubte nicht, daß sie im Augenblick von Nutzen sein könne und daß du niemanden sehen wolltest außer deiner Frau. Sie wollte auch wissen, wann die Verhandlung stattfindet, aber ich sagte ihr, der Termin stehe noch nicht fest. Ich fürchte, wir werden sie nicht daran hindern können, hinzugehen, da ja die Zeitungen darüber schreiben werden.»
«Diese verfluchten Reporter», sagte Maxim.
«Ich weiß», sagte Frank. «Man möchte ihnen manchmal den Hals umdrehen, aber
andererseits können sie ja auch nichts dafür. Es ist schließlich ihr Beruf, und die Zeitung bezahlt sie für ihre Neugier. Wahrscheinlich fliegen sie
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